Gemeine Goldwespe (Chrysis ignita)

[291] Die gemeine Goldwespe (Chrysis ignita, Fig. 3), die verbreitetste und häufigste von allen, gehört gleichfalls hierher. Wir sahen sie an der Mauer auf unserer Abbildung (S. 239) [291] an dem Eingange zu einem Neste lungern; sie ist wenig wählerisch und beglückt eine Menge von Immen mit ihrem Kukukseie, Immen, welche an solchen Stellen, im Sande oder in alten Pfosten wohnen, weshalb wir sie auch da am meisten sich herumtreiben und bei Sonnenschein sehr beweglich sehen. Philanthus triangulum, Cerceris ornata, Odynerus parietum, Antilope spinipes, Eumenes pomiformis sind ihr von den früher erwähnten alle genehm, außerdem noch manche Lehmwespe, die wir nicht kennen gelernt haben. Wer ihr einige Zeit widmen will, kann sie bald als ein schlaues und gegen ihresgleichen eifersüchtiges Wesen kennen lernen, dessen ganze Lebensdauer vom Frühjahre bis in den Herbst eben nur mit Uebungen in diesen nichts weniger als liebenswürdigen Eigenschaften hingebracht wird. Diese Goldwespe ändert in ihrer Größe (5,15 bis 11 Millimeter) wie in ihrer Färbung mannigfach ab, sieht am Kopfe und Mittelleibe blau oder grün aus, rein, oder in den gewöhnlichen Uebergängen gemischt, und am Hinterleibe goldglänzend, bisweilen grün schillernd oder gesättigt roth, oft mit schwarzen Rändern in den Gelenkeinschnitten, am Bauche schwarzfleckig. Der ziemlich grob punktirte Hinterleib zeichnet sich auf dem Rücken durch einen, auf dem Mittelringe besonders stark vortretenden Längskiel aus.

Die Goldwespen mit sechs Zähnen am Hinterende des Leibes scheinen den heißen Ländern, besonders Afrika und Südamerika, einige den europäischen Mittelmeerländern anzugehören, und Chrysis Zetterstedti die einzige Art zu sein, welche am nördlichsten bis Schweden angetroffen wird.

Bisher war von den langgestreckten Formen die Rede. Die kurzen Goldwespen, deren Hinterleib kaum länger als breit und deren Fußklauen in verschiedener Weise gezähnt sind, werden ihrer geringeren Körpergröße wegen theilweise übersehen, kommen auch in weit beschränkterer Artenzahl vor als die Gattung Chrysis. Es schwinden bei ihnen die Unterrand- und Mittelzelle im Vorderflügel noch mehr; so sehr sie sich aber durch diese Merkmale und in der äußeren Tracht von den übrigen absondern, so wenig lassen sich bequeme Merkmale für die beiden, nach dem Baue des Mundes sehr scharf unterschiedenen, hauptsächlichsten Gattungen Elampus und Hedychrum, aufstellen. Erstere stimmt mit Chrysis in der kurzen, kegelförmigen, letztere mit Stilbum in der verlängerten, an der Spitze ausgerandeten Zunge überein; die von den Fußklauen und der Beschaffenheit des Endgliedes hergenommenen Unterschiede, welche zu weiteren Spaltungen geführt haben, sind durchaus nicht stichhaltig und geben wohl auf dem Papiere eine ganz hübsche Uebersicht, aber keine Sicherheit, wenn es sich darum handelt, eine schwierigere Art zu bestimmen.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 291-292.
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