Gemeine Käfermilbe (Gamasus coleoptratorum, coleopterorum)

[680] Die Schmarotzer- oder Thiermilben (Gamasidae) haben scherenförmige Kieferfühler, aus ziemlich gleichlangen Gliedern zusammengesetzte und vorgestreckte Kiefertaster, haarige Beine, die vorherrschend von gleicher Länge und Bildung, außer den Krallen noch mit einer Haftscheibe am Ende versehen sind; die Augen fehlen ihnen. Diese kleinen Milben bewohnen als Schmarotzer andere Thiere und fallen auf mehreren unter der Erdoberfläche lebenden Insekten, auf Vögeln und Fledermäusen vorzugsweise in die Augen. Sie sitzen nicht, wie die bald näher zu betrachtenden Zecken an einer Stelle während ihres Schmarotzerlebens fest, sondern laufen an den Wohn thieren [680] mit großer Gewandtheit umher, dabei die Taster fortwährend bewegend und wohl auch mit den Vorderbeinen tastend. Eine der häufigsten Arten ist die gemeine Käfermilbe (Gamasus coleoptratorum), ein ziemlich hartes, rothgelbes Thierchen von durchschnittlich 1,12 Millimeter Länge, welches man oft in großen Mengen an Todtengräbern, Mistkäfern, Hummeln und anderen den ganzen Bauch der gequälten Insekten einnehmen sieht, besonders wenn diese längere Zeit in der Erde verweilt haben. Kirby erzählt, daß nach Beobachtungen anderer die von den Milben geplagten Hummeln in einen Ameisenhaufen gingen, daselbst kratzten und stampften, damit die Ameisen hervorkämen, über die Milben herfielen, dieselben fortschleppten und auf diese Weise die Hummel von ihren Quälgeistern befreiten. Möglicherweise ist dieser Hergang einmal beobachtet worden, eine ermattete Hummel hat in der Nähe eines Ameisennestes oder auf demselben gesessen und die Bewohner desselben haben sich über die Milben erbarmt, aber eine Gewohnheit der Hummeln, sich der Ameisen in dieser Hinsicht zu bedienen, darf schwerlich davon abgeleitet werden. Die Milbe verläßt ihren Wirt, wenn er todt ist, lebte in ihrem Jugendalter zweifelsohne in feuchter Erde und kroch erst später an einen Käfer, eine Hummel oder Biene, die in ihre unmittelbare Nähe kamen.


Gemeine Käfermilbe (Gamasus coleoptratorum), stark vergrößert.
Gemeine Käfermilbe (Gamasus coleoptratorum), stark vergrößert.

Die Gestalt der Käfermilbe läßt sich aus unserer Abbildung ersehen, es sei nur noch darauf aufmerksam gemacht, daß die Vorderbeine am längsten, die nächsten am dicksten sind, daß durch einen Quereindruck der Hinterleib vom Kopfbruststücke abgeschieden und daß die große Borste auf der Schulter beweglich ist. Es kommen noch andere Arten mit diesem letzteren Merkmale vor, während den meisten übrigen die bewegliche Schulterborste fehlt. Ganz ähnliche Milben habe ich todt und meist mit der Hinterleibsspitze durch einen kurzen Faden anhängend bei außereuropäischen Käfern unserer Sammlungen gefunden, und besitze eine Fliege (der Gattung Cystoneura), welche mit Ausnahme des Kopfes, der Beine und der Flügel, jedoch auch diese an ihrer Wurzel, so dicht über und über mit einer graugelben Milbe besetzt ist, daß man auch nicht ein Pünktchen von ihrer wahren Oberfläche zu erkennen vermag. Die Milbe gehört einer anderen Gattung von mehr länglicher Form an.

In nächster Verwandtschaft zu den Käfermilben stehen die weichhäutigen, in beiden Geschlechtern mit verschiedengestaltigen Kieferfühlern versehenen Vogelmilben, welche der neuerdings weiter zerlegten Gattung Dermanyssus angehören. Sie haben einen langen, beweglichen, abwärts gebogenen Rüssel, deutlich gegliederte Kiefertaster mit dickerem Grundgliede als die Gamasen, gleichlange Beine, deren vier vordere sich durch bedeutendere Stärke und größere Haftscheiben vor den hinteren auszeichnen; sie alle gelenken nahe bei einander am Brustrande ein.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 680-681.
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