[1576] Seitz, Eugen, geb. 19. Nov. 1817 zu Vilbel bei Frankfurt a. M., studierte in Göttingen unter Fuchs, promovierte in Giessen 1842, war Assistent und Dozent in Giessen und Tübingen 1848 bis 54, Prof. der spez. Pathol. und Therap. und Direktor der med. Klinik in Giessen 1856 bis 79, trat dann in den Ruhestand und siedelte nach Wiesbaden über, wo er 11. April 1899 starb. Abgesehen von einigen Schriften wie: »Handbuch der ges. Augenheilkunde« (Erlangen 1855; fortgesetzt von W. Zehender, 2. Aufl. 1869)[1576] – »Die Auscultation und Percussion der Respirationsorgane« (Ib. 1860) – »Die Erkältungskrankheiten« (v. Ziemssen's Handbuch der spez. Path., XIII 1875) ist S. besonders dadurch bekannt, dass er die weitere Fortführung des beliebten Niemeyer'schen Werkes über Pathologie übernahm nach dem 1871 erfolgten Ableben des Verf. unter d. T. »Lehrbuch der spec. Pathol. und Therap.« (9. bis 11. Aufl. Berlin 1874 bis 84). Doch erfuhr das Werk in den folgenden Auflagen eine totale Neugestaltung; die zahlreichen theoret. Deduktionen, zu welchen Niemeyer so sehr neigte und die durch seine lebendige und interessante Darstellung die Lektüre des Werkes so anziehend machten, waren grösstenteils unhaltbar und mussten entfernt werden. Die andere Schwäche des Werkes war seine Unvollständigkeit, insofern dasselbe kaum ein Kapitel aufwies, in welchem nicht eine Reihe der wichtigsten Punkte unberührt gelassen war. Das Werk verdiente mehr den Namen von »Beiträgen«, als den einer »Pathologie«. Übrigens war das Buch 20 Jahre hindurch (1864 bis 84) nicht allein in Deutschland, sondern in den meisten Kulturländern und Sprachen die am meisten verbreitete Pathologie. – Die Eigentümlichkeit von S.'s Wirksamkeit als Kliniker bestand in erster Linie darin, dass er gegenüber der speziellen Pathologie eine symptomatische Pathologie und Therapie als besondere Branche kultivierte und selbst als Lehrgegenstand vortrug.[1577] Er ging davon aus, dass dem Arzte am Krankenbette im allgemeinen nicht die Krankheit, sondern nur das Symptom entgegentritt und dass es ihm in sehr vielen Fällen nicht sofort, sondern erst spät oder selbst gar nicht gelingt, von dem Symptome zur Krankheit zu gelangen.