II, 35. [226.] An den Sohn der Wasser.

[45] Der Sohn der Wasser (apām napāt) ist das von den Gewitterwolken umgebene Blitzfeuer, und die Regengewässer der Wetterwolke erscheinen als seine Mütter. Von dieser seiner Heimat geht Agni nun verborgen in die Körper der Holzstücke ein, aus denen ihn die zehn Finger als verschwisterte Jungfrauen durch Reiben hervorlocken, damit er auf der Andachtsstätte brenne (Vers 10-13.) Vers 15 ist später angefügt.


1. Voll Schatzbegier ergoss ich meine Dichtkunst;

der Ströme Spross nehm gnädig an die Lieder;[45]

Wird er sie schmücken schön, der rasche Treiber,

der Wasser Sohn? denn er soll sie geniessen.

2. Wir wollen ihm das Lied, das schön im Herzen

gefügt ist, sagen, ob er wohl drauf achtet?

Der Wasser Sohn nach seiner Gottheit Stärke

erzeugte huldvoll sämmtliche Geschöpfe.

3. Vereint gehn diese, jene beieinander,

dasselbe Becken füllen an die Ströme;

Und ihn, den einen, leuchtenden umstanden

die reinen Wasser, ihn, den Sohn der Wasser.

4. Vertraulich kosend wandern um den Jüngling

die jungen Frau'n, die Wasser, schön sich schmückend,

Er strahlte reich uns, hell mit starken Flammen

von Fett umhüllt im Wasser ohne Brennholz.

5. Die drei Göttinnen reichen gern dem Gotte

der nimmer wankt, die Frauen ihre Nahrung;

Denn wie in Schluchten drang er zu der Flut hin;

er saugt die Biestmilch ein der ersten Mütter.

6. Im Himmel ist sein Ursprung und des Rosses,

vor bösen Feindes Anlauf schütz die Edlen;

Ihn, der untilgbar fern die dunkeln Burgen

bewohnt, erreichen Böse nicht noch Frevel.

7. Er, dessen Kuh im eignen Hause Milch gibt,

macht fett den Trunk, geniesst die kräft'ge Speise;

Der Wasser Sohn, in den Gewässern schwellend,

erstrahlt dem Frommen, Güter ihm zu spenden.

8. Der heilige, der in den Wassern weithin

erstrahlt mit Glanz der Götter unauslöschlich;

Nur seine Zweige sind die andern Wesen,

durch Samen pflanzen fort sich die Gewächse.

9. Der Wasser Sohn bestieg den Schooss der schrägen

Gewölke aufrecht, mit dem Blitz umkleidet,

Und fahrend seine hocherhabne Grösse

gehn um ihn her die goldgefärbten Ströme.

10. Denn golden ist von Farbe er und Ansehn,

der Wasser Sohn, und er von goldnem Glanze;

Von goldnem Schoosse her sich niedersetzend,

gibt Gold er spendend Nahrung diesem Manne.

11. Dies sein Erscheinen und sein liebes Wesen,

des Wassersohnes, im Verborgnen wächst es,

Den andachtsvoll entzünden hell die Jungfrau'n,

den goldgefärbten, Schmalz ist seine Speise.

12. Wir wollen ihm dem liebsten unter vielen

mit Opfern huld'gen, demuthsvoll mit Tränken;[46]

Den Gipfel schmück' ich, rüst ihn aus mit Spänen,

beschenk mit Speisen, ehre ihn mit Liedern.

13. Sich zeugte selbst der Stier als Frucht in jenen,

er saugt als Spross, es küssen ihn die Mütter;

Der Sohn der Wasser, dessen Glanz nicht matt wird,

vereinte sich mit eines andern Körper.

14. Ihn, welcher steht dort an dem höchsten Orte,

mit nie vergeh'ndem Glanze immer leuchtet;

Die Wasser, bringend fette Speis' dem Sohne,

umflattere ihn mit ihren Flutgewändern.

(15. siehe Anhang.)

Quelle:
Rig-Veda. 2 Teile, Leipzig 1876, [Nachdruck 1990], Teil 1, S. 45-47.
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