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[1210] Wahrscheinlich und unwahrscheinlich. – Eine Frau liebte heimlich einen Mann, hob ihn hoch über sich und sagte sich im Geheimsten hundert Male: »wenn mich ein solcher Mann liebte, so wäre dies wie eine Gnade, vor der ich im Staube liegen müßte!« – Und dem Manne ging es ganz ebenso, und gerade in bezug auf diese Frau, und er sagte sich im Geheimsten auch gerade diesen Gedanken. Als endlich einmal beiden die Zunge sich gelöst hatte und sie alles das Verschwiegene und Verschwiegenste des Herzens einander sagten, entstand schließlich ein Stillschweigen und einige Besinnung. Darauf hob die Frau an, mit erkälteter Stimme: »aber es ist ja ganz klar! wir sind beide nicht das, was wir geliebt haben! Wenn du das bist, was du sagst und nicht mehr, so habe ich mich umsonst erniedrigt und dich geliebt; der Dämon verführte mich, so wie dich.« – Diese sehr wahrscheinliche Geschichte kommt nie vor – weshalb?

Quelle:
Friedrich Nietzsche: Werke in drei Bänden. München 1954, Band 1, S. 1210.
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Morgenröte / Idyllen aus Messina / Die fröhliche Wissenschaft. Herausgegeben von G. Colli und M. Montinari.
Morgenröte. Gedanken über die moralischen Vorurteile.
TITLE: Werke in drei Bänden (mit Index), Bd.1: Menschliches, Allzumenschliches / Morgenröte
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