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[1233] Die Großmütigkeit des Denkers. – Rousseau und Schopenhauer – beide waren stolz genug, ihrem Dasein den Wahlspruch aufzuschreiben: vitam impendere vero. Und beide wiederum – was mögen sie in ihrem Stolze gelitten haben, daß es ihnen nicht gelingen wollte verum impendere vitae! – verum, wie es jeder von ihnen verstand –, daß ihr Leben neben ihrer Erkenntnis nebenherlief wie ein launischer Baß, der zur Melodie nicht stimmen will! – Aber es stünde schlimm um die Erkenntnis, wenn sie jedem Denker nur in dem Maße zugemessen würde, als sie ihm gerade auf den Leib paßt! Und es stünde schlimm um die Denker, wenn ihre Eitelkeit so groß wäre, daß sie dies allein ertrügen! Gerade darin glänzt die schönste Tugend des großen Denkers: die Großmütigkeit, daß er als Erkennender sich selber und sein Leben unverzagt, oftmals beschämt, oftmals mit erhabenem Spotte und lächelnd – zum Opfer bringt.

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Friedrich Nietzsche: Werke in drei Bänden. München 1954, Band 1, S. 1233.
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