[1018] Wo Glaube not tut. – Nichts ist seltner unter Moralisten und Heiligen als Rechtschaffenheit; vielleicht sagen sie das Gegenteil, vielleicht glauben sie es selbst. Wenn nämlich ein Glaube nützlicher, wirkungsvoller, überzeugender ist, als die bewußte Heuchelei, so wird, aus Instinkt, die Heuchelei alsbald zur Unschuld: erster Satz zum Verständnis großer Heiliger. Auch bei den Philosophen, einer andern Art von Heiligen, bringt es das ganze Handwerk mit sich, daß sie nur gewisse Wahrheiten zulassen: nämlich solche, auf die hin ihr Handwerk die öffentliche Sanktion hat – Kantisch geredet, Wahrheiten der praktischen Vernunft. Sie wissen, was sie beweisen müssen, darin sind sie praktisch – sie erkennen sich untereinander daran, daß sie über die »Wahrheiten« übereinstimmen. – »Du sollst nicht lügen« – auf deutsch: hüten Sie sich, mein Herr Philosoph, die Wahrheit zu sagen...
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Götzen-Dämmerung
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