4.
An Franziska Nietzsche und Elisabeth Nietzsche

[934] [Pforta, 5. Dezember 1861]


Liebe Mamma! oder Liebe Lisbeth! wer gerade den Brief zuerst liest. Du konntest Dir denken, daß ich mich nach so vielen Veränderungen meiner Wünsche, noch einmal anders entschließen könnte, und so ist es denn auch wirklich gekommen. Ich bin auch wieder zur Musik zurückgekehrt, denn ich kann mir eine Bescherung gar nicht recht ohne etwas Musikalisches denken. Ich hoffe, die Wahl ist gut, auch für Dich. Ebenso ist das Buch höchst interessant, vielleicht auch für Dich. Auf der andern Seite werde ich beides so aufschreiben, daß der abgerissne Zettel dem Buchhändler gezeigt werden kann. Eine Änderung ist jetzt gar nicht mehr möglich, schon der Zeit wegen nicht. Der Gedanke kam mir über Nacht, denn ich schwankte sehr heftig. Ein Werk über die Französische Revolution mir zu wünschen, war eigentlich überflüssig, da die besten und teuersten Werke in der Bibliothek[934] sind. Auch glaube ich immer bescheidner in meinen Wünschen geworden zu sein, natürlich ohne der Mildtätigkeit irgendwie Schranken setzen zu wollen. Ich danke Dir übrigens schön, liebe Lisbeth, daß Du mir alles richtig besorgt hast, auch für die Äpfel danke ich recht sehr. Wie wird es denn mit Sonntag in Almrich? Bitte bringt mir doch den Wallenstein von der Tante Lina mit, wir haben eine Charakteristik des Antonio Piccolomini aus demselben zu machen. –

Sonnabend über zwei Wochen! Es ist ein entzückender Gedanke! Ihr glaubt nicht, wie ich mich auf Weihnachten freue, das wunderschöne Weihnachten! Jetzt sind noch ziemlich arbeitsvolle Wochen. Aber dann! Sonnabend früh als nur irgend möglich, komme ich, es wird herrlich! Nicht wahr, der Onkel Burkhardt ist mit den kleinen Kusinen doch auch mit da? Ist die Mamma wieder zurückgekommen? Schreibt mir nur recht bald!

Euer Fritz


Eine große Neuigkeit! Heute ist Donnerstag und morgen wird deshalb – Freitag sein –

Wir verreisen doch nicht etwa Weihnachten? Vorigen Sonntag bin ich noch etwa sieben Minuten bei Gustav gewesen, der mich dann nach Pforta begleitete. –

Erkältungen sind jetzt überaus häufig. Die Krankenstube ist übervoll, es sollen neue Räume eingerichtet werden, Breithaupt ist auch drüben. Ich leide an Heiserkeit und Schnupfen. Weihnachten macht alles gut!

Übrigens habe ich noch einen Wunsch, nämlich irgendeine Photographie eines lebenden berühmten Mannes, z. B. Liszt oder Wagner oder eine Photographie aus dem Shakespearealbum des berühmten Kaulbach (z. B. zu Macbeth) eine einzelne kostet allerdings 271/2 Srg. Es soll eine Zierde für mein Album sein. Sie sind großes Format.

Ihr seht jedenfalls, daß ich die mannigfachsten Wünsche habe. Ihr müßt mir nun aber auch so schreiben, was Ihr Euch wünscht.

Quelle:
Friedrich Nietzsche: Werke in drei Bänden. München 1954, Band 3, S. 934-935.
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Ausgewählte Ausgaben von
Briefe
Briefwechsel, Kritische Gesamtausgabe, Abt.1, Bd.1, Briefe von Nietzsche, Juni 1850 - September 1864. Briefe an Nietzsche Oktober 1849 - September 1864.
Briefwechsel, Kritische Gesamtausgabe, Abt.2, Bd.2, Briefe an Nietzsche, April 1869 - Mai 1872
Sämtliche Briefe. Kritische Studienausgabe in 8 Bänden.
Sämtliche Briefe, 8 Bde.
Sämtliche Briefe: Kritische Studienausgabe in 8 Bänden