[464] Fahrkartenautomaten (distributeurs automatiques), Einrichtungen zur Ausgabe von Fahrkarten (Bahnsteigkarten) ohne Vermittlung eines Ausgabebeamten in der Art, daß dem Apparat nach Einwurf eines oder mehrerer Geldstücke (Münzeinheiten 10 Pfennig, 10 Heller, 10 Centimes) von bestimmtem Betrag, die auf der Außenseite des Apparats bezeichneten Fahrkartensorten entnommen werden können.
Derartige Apparate eignen sich besonders für stark benützte Verbindungen im Vororte-[464] und Nahverkehr (Massenverkehr) und für Bahnsteigkarten.
Bei möglichst einfacher (Säulen- oder Kasten-) Form, geringer Breite und Tiefe, glatten, abgeschrägten Ecken und festem metallenem Gehäuse können sie ohne Beeinträchtigung des laufenden Verkehrs dem Publikum an den Wänden und in den Ecken der Stations-Vor- und Warteräume leicht zugänglich gemacht werden.
Zweckmäßig ist es, die Angaben für das Publikum auf der Außenseite der Apparate so klar und einfach als möglich zu gestalten und den Apparaten einen der Fahrkartenfarbe entsprechenden Anstrich zu geben.
Da sie gerade für naheliegende, häufig benützte Verbindungen geeignet sind und auch der Ausgabe von Sammelkarten (Fahrkarten nach mehreren verschiedenen Stationen mit gleichem Fahrpreis) dienen können, so entlasten sie die Schalter und bieten für das Publikum eine nicht geringe Annehmlichkeit.
Bei den sinnreichen Verbesserungen neuerer Zeit in bezug auf die Kontrolle, die Herausgabe von Wechselgeld u.s.w., haben die F. bei den Bahnverwaltungen rasch Eingang und eine immer weitere Verbreitung gefunden (s. auch »Verkehrstechnische W.«, Jg. 1908/9, S. 509. 1910, II., S. 858).
Der Hauptsache nach sind 2 Bauarten im Gebrauch:
F. zur Ausgabe von gewöhnlichen Edmonsonkarten vom Stapel und
F. zum Verkauf von Fahrkarten von der Rolle, wobei die Karten entweder gleichzeitig im Apparat gedruckt oder von zum voraus bedruckten Rollen nur abgetrennt werden.
Beiderlei F. werden mit Gewichts- oder mit elektrischem Antrieb zur selbsttätigen Ausgabe der Fahrkarten an das Publikum oder so eingerichtet, daß die Ausgabe erst nach Drehung einer Kurbel oder nach Herausziehen einer kleinen Zugstange erfolgt.
Im allgemeinen ist die innere technische Einrichtung der F. so, daß die durch einen Schlitz oben eingelegten Münzstücke nach Passieren eines Münzprüfers die Auslöseeinrichtung auf mechanischem oder elektrischem Wege in Bewegung setzen.
Fremdkörper und sonstige nicht geeignete Einwurfstücke werden ohne Abgabe von Karten abgestoßen.
Die Deutsche Post- und Eisenbahnverkehrswesen-A. G. in Staaken-Berlin verwendet auch elektrische Münzprüfer, die das Geldstück durch Wirbelströme auf seine Legierung prüfen sollen.
Bei F. zur Abgabe von Fahrkarten vom Stapel werden diese in einer Anzahl von mehreren hundert in einem oder mehreren länglichen Kanälen wagrecht gelagert, wobei immer die unterste Fahrkarte weggenommen wird und allenfalls die Bestände der Fahrkarten durch mit Glas gesicherte Schlitze von der Außenseite der Apparate kontrolliert werden können.
Eine besondere Einrichtung, die unter anderem von der A. E. G. in Berlin erstellt wird, ermöglicht es, die Erschöpfung des Fahrkartenbestands im Apparat den Dienststellen elektrisch zu melden.
Bei F. mit Druckvorrichtung für Fahrkarten von den Rollen wird der Fahrkartenpapierstreifen unter einer Klischeewalze geführt, die die Farbe von einer darüber laufenden Farbwalze abnimmt. Soll das gleichzeitige Aufdrucken des Tagesstempels erfolgen, so kann dies durch ein Typenrad mit verstellbarem Schieber geschehen. Die Abtrennung der Karten von dem Rollenband erfolgt unmittelbar vor dem Austritt durch eine besondere Schneidevorrichtung.
Einzelne Erzeuger versehen die F. mit verschließbaren zwangläufigen Kontrollvorrichtungen, auf denen die Zahl der ausgegebenen Karten abgelesen werden kann.
Zweckmäßigerweise werden die Geldbehälter in den Apparaten so eingerichtet, daß sie Angriffen von außen gegenüber gesichert und auch dem Zuggriff der mit der Instandhaltung Beauftragten entzogen sind. Eine Selbstkontrolle durch das Publikum soll unter anderem dadurch erreicht werden, daß die eingeworfenen Münzen von außen sichtbar sind.
F. in den vorstehend geschilderten Ausführungen werden mit mehr oder weniger erheblichen Abweichungen geliefert von:
den Eisenwerken Gaggenau,
Hänel und Schwarz in Berlin,
Deutsche Post- und Eisenbahnverkehrswesen A. G. in Staaken-Berlin (EFUBAG),
Rheinische Automatengesellschaft Stollwerk und Cie. in Cöln.
Sächsische Automaten-A.-G. in Dresden,
Österr.-Ungar. Automaten-Gesellschaft, Brüder Stollwerk und Cie. in Wien.
Die durch Zuggriff betätigten F. verabfolgen nach Einwurf eines oder mehrerer Geldstücke in den Wertgrenzen von 10 bis 50 Pfennig (Heller, Centimes), Fahr- und Bahnsteigkarten, die in einer Anzahl bis zu 500 Stück in dem Apparat gelagert sind und nach erfolgtem Geldeinwurf durch Ziehen an einem Griff zur Ausgabe gelangen. Als Einheit der Einwurfmünze gilt das Zehnpfennigstück. Dementsprechend muß bei einem Verkaufswert von 15, 25, 35 oder 45 Pfennigen[465] das Vielfache der Einheit zum Einwurf gelangen, also 2 × 10, 3 × 10, 4 × 10 oder 5 × 10 Pfennig. Der Käufer erhält mit der Karte 5 Pfennig zurück. Wird versehentlich eine größere Anzahl Geldstücke eingeworfen, als der angezeigte Kaufpreis beträgt, so wird der Mehrbetrag mit der Karte zurückgegeben.
Der Münzprüfer befindet sich hinter dem Einwurfschlitz, und nur solche Münzen oder Metallstücke ermöglichen eine Auslösung des Werkes, die gleiche Stärke und Durchmesser, wie die für den Kauf bestimmten Geldstücke haben.
Mit dem Verkauf der letzten Karte wird der Einwurfsschlitz innen verdeckt.
Der selbsttätigwirkende Automat (s. Abb. 364) verabfolgt nach Einwurf eines Zehnpfennigstückes Bahnsteig- oder Fahrkarten, die in einer Anzahl bis zu 1000 Stück in dem Apparat gelagert sind und nach erfolgtem Geldeinwurf selbsttätig zur Ausgabe gelangen.
Die selbsttätige Ausgabe erfolgt durch ein Gewicht, das vermittels einer Handkurbel aufgezogen wird.
Münzprüfer und Vorrichtung zur Anzeige des Kartenausverkaufs sind dieselben wie bei dem vorbeschriebenen F.
Der F. mit elektrischem Antrieb zum selbsttätigen Aufdruck und Verkauf von Bahnsteig- und Fahrkarten verabfolgt nach Einwurf eines oder mehrerer Geldstücke in den Wertgrenzen von 5 bis 100 Pfennig selbsttätig hergestellte Fahrkarten u. dgl. (vgl. Abb. 365 u. 366).
Zur schnellen Abwicklung des Verkaufes ist der Apparat mit 2 Einwurfschlitzen versehen, so daß, wenn z.B. der Verkaufspreis der Karte 35 Pfennig beträgt, entweder 4 Zehnpfennigstücke oder 1 Fünfzigpfennigstück eingeworfen werden können. Nach Einwurf von 4 Zehnpfennigstücken erhält der Käufer 5 Pfennig, nach einem eingeworfenen 50 Pfennigstück 15 Pfennig zurück. Hierbei sind auch noch weitere Kombinationen möglich, und da sowohl das Zehnpfennigstück oder ein Vielfaches desselben als auch das 50 Pfennigstück und das Markstück benutzt werden können, wird die Notwendigkeit des Geldstückwechselns wesentlich eingeschränkt.
An der vorderen Wand des Apparats befinden sich außer den 2 Geldeinwurfschlitzen die Ausgabemulde für das[466] Geld sowie eine solche für die Karte. Je ein Münzprüfer befindet sich unmittelbar hinter jedem Einwurfschlitz.
Das Triebwerk des Automaten wird durch einen kleinen Elektromotor, der an die Lichtleitung angeschlossen werden kann, in Tätigkeit gesetzt. Nach erfolgtem Geldeinwurf wird der Stromkreis geschlossen und ein über eine Trommel aufgerollter Papierstreifen mit dem Aufdruck, dem Datum und einer fortlaufenden Nummer versehen, die Fahrkarte auf Länge abgetrennt und in die Ausgabemulde befördert, aus der sie der Käufer entnehmen kann. Nach Aufdruck und Ausgabe der Karte wird der Stromkreis wieder geöffnet.
Der Automat verrichtet somit die Arbeiten von der Herstellung in der Druckerei bis zur erfolgten Ausgabe am Fahrkartenschalter.
v. Zluhan.
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