Fernsprecheinrichtungen

[59] Fernsprecheinrichtungen, Telephone (telephones; téléphones; telefoni), Vorrichtungen, die mit Hilfe elektrischer Ströme den Austausch von Gesprächen auf größere Entfernungen ermöglichen. Die einfachste F. sind zwei Bellsche Telephone, wie sie in Abb. 64 dargestellt sind; F1 zeigt die Ansicht, F2 den Querschnitt; sie werden durch die beiden Drahtleitungen L1 und L2 miteinander verbunden; jedes kann sowohl zum Hören (als Empfänger), wie zum Sprechen (als Sender) benutzt werden. Der einzelne Apparat besteht aus dem in einem entsprechend ausgebohrten Griff C aus Holz oder Hartgummi steckenden Magnetstab a (Nordpol N, Südpol S), an den ein Polstück a1 aus weichem Eisen angesetzt ist, auf dem eine Spule feinen, isolierten Drahts steckt. Die beiden Enden der Drahtwindungen sind an die Verbindungsklemmen K1, K2 angelötet. Vor dem Polstück a1 wird eine Scheibe p aus Eisenblech durch einen trichterförmigen, am Gehäuse U mittels der Schrauben f befestigten Holzring V festgehalten. Durch die Schraube d läßt sich die Entfernung zwischen Magnetpol und Eisenplatte regeln. Wird bei dem einen Telephon gegen die Blechplatte gesprochen, so gerät diese durch die Luftwellen in Schwingungen, nähert sich also dem Magnetpol oder entfernt sich von ihm, ändert dadurch dessen magnetischen Zustand und induziert demzufolge in der Drahtspule elektrische Wechselströme, die durch die in sich geschlossene[59] Drahtleitung in die Spule des zweiten Telephons gelangen. Hier verstärken oder schwächen sie die vom Magnet a auf die Platte p ausgeübte Anziehung in übereinstimmender Folge; diese Platte gerät daher in eben solche Schwingungen wie die im Sender und dadurch wird es möglich, daß das an das zweite Telephon gelegte Ohr dieselben Töne oder Worte vernimmt, die die Senderplatte zum Schwingen gebracht haben.

Siemens & Halske verbesserten bereits im Jahre 1878 das Telephon dadurch wesentlich, daß sie den Stabmagneten durch einen Hufeisenmagneten ersetzten, der zwei mit Drahtspulen besetzte Polstücke (Polschuhe) aus weichem Eisen hatte. Diese waren so angeordnet, daß sie der Mitte der Eisenblechplatte, der Schallplatte, möglichst nahekamen. Die beiden Drahtspulen waren untereinander verbunden. Durch diese Verbesserung wurde die Lautstärke erheblich gesteigert. Immerhin war eine Verständigung mittels der Telephone allein nur auf geringe Entfernung möglich. Eine Vergrößerung der Entfernung und zugleich eine weitere Verstärkung der Lautübertragung wurde dann durch die Einführung des von dem Amerikaner Hughes erfundenen Mikrophons herbeigeführt, das heute allgemein als Sender oder Geber benutzt wird, während das Telephon als Empfänger oder Hörer dient. Das Mikrophon beruht auf dem Prinzip, daß beim Übergang eines elektrischen Stromes durch den Berührungspunkt zweier Körper die elektrische Leitungsfähigkeit sich an dieser Stelle mit der Zu- oder Abnahme des Berührungsdrucks übereinstimmend ändert. Wird in dem Stromkreise einer galvanischen Batterie eine solche Kontaktstelle, zu der sich insbesondere Stäbe, Platten, Kugeln u.s.w. aus Retorten- oder Leuchtkohle eignen, mit einer Membran derart in Verbindung gebracht, daß sich die Schwingungen der letzteren auf einen oder auf mehrere Teile des Kontakts übertragen, demzufolge dieser mehr oder minder gepreßt wird, so werden die hierdurch entstehenden Stromschwankungen die Platte eines an beliebiger Stelle des Schließungskreises eingeschalteten Telephons gleichfalls in Schwingungen versetzen. Das Mikrophon kommt jedoch gewöhnlich nicht direkt in die Telephonleitung, sondern in einen Lokalschluß mit einer schwachen Batterie und der primären Spirale eines Transformators, dessen Sekundärspirale in die eigentliche Telephonleitung eingeschaltet ist. Auf diese Weise gelangen die durch das Ansprechen des Mikrophons hervorgerufenen Stromphasen mit erhöhter Wirksamkeit und Deutlichkeit, nämlich verstärkt und in Wechselströme umgewandelt, in das Hörtelephon.

Abb. 65 zeigt schematisch den Zusammenhang zwischen Mikrophon, Batterie, Transformator und Telephon. A stellt das Mikrophon dar, a die Membrane (Sprechplatte), bc die Kontaktstelle des Mikrophons, B die Batterie, fg den Transformator mit der Primärspule f und der Sekundärspule g, C–C die Leitung, SN den Magnet des Hörtelephons. Die Primärspule f des Transformators, die unmittelbar an das Mikrophon angeschlossen ist, hat etwa 400 Windungen dicken Drahtes mit 0∙8 Ohm Widerstand, die Sekundärspule g, die an die Fernleitung C–C angeschlossen ist, 5000 Umwindungen mit 200 Ohm Widerstand. Der Stromkreis, der durch Mikrophon, Batterie und Primärspule f gebildet wird, ist durch den Widerstand der Leitung nicht belastet; der Gesamtwiderstand ist also nur klein; so daß die beim Sprechen im Mikrophon erzeugten Widerstandsschwankungen auch große Schwankungen in der Stromstärke hervorzubringen vermögen. Durch Induktion werden in der Sekundärspule g Wechselströme im gleichen Rhytmus erzeugt, und da die Windungszahl der Sekundärspule eine etwa zwölfmal größere ist, als die der Primärspule, so werden auch die an der Sekundärspule auftretenden Spannungen ungefähr[60] auf den zwölffachen Betrag hinauftransformiert und vermögen so den Widerstand einer längeren Leitung zu überwinden.

Zur vollständigen Fernsprecheinrichtung gehören noch die zum Anruf erforderlichen Teile, u.zw. ein Stromgeber – Magnetinduktor für Wechselstrom oder bei kleinen Anlagen auch wohl eine Batterie – und für die Wahrnehmung des Anrufs ein Wecker, Summer oder Schauzeichen.

Die Teile einer Fernsprecheinrichtung, ausgenommen die Hörer, sind in einem Gehäuse so untergebracht, daß das Mundstück des Mikrophons und die Kurbel des Stromgebers, gegebenenfalls auch die Ruftaste von außen zugänglich bleiben; auch ragt aus dem Gehäuse der Hebel eines Umschalters hervor, der die Bestimmung hat, die Mikrophonbatterie zu ihrer Schonung im Ruhezustande zu unterbrechen und während des Gesprächs den Wecker auszuschalten. Das Ende des Umschalterhebels ist als Haken oder Gabel ausgebildet, woran im Ruhezustande der Hörer hängt. Durch das Anhängen oder Abhängen des Hörers wird der Umschalter betätigt. Die Schaltung einer Fernsprechstelle für Induktoranruf ist in Abb. 66 dargestellt; M ist das Mikrophon, Tel das als Hörer dienende Telephon, pr die primären, sek die sekundären Windungen des Transformators, U der Umschalter mit Haken, B die Batterie, Ind der Anrufinduktor und W die Anrufklingel.

Hat eine Stelle mehrere Fernsprechverbindungen, so genügt an dieser Stelle in der Regel für alle Verbindungen ein Fernsprecher, der nach Bedarf in die verschiedenen Verbindungen eingeschaltet werden kann. Es kommt dann ein sog. Hauptumschalter (Schaltschrank, Linienwähler) zur Verwendung. Alle Anschlußleitungen führen an diesen Hauptumschalter; sie endigen jede in einer Schaltklinke und einem Elektromagnet zur Auslösung des Anrufs. Mittels eines solchen Hauptumschalters können auch die Anschlußleitungen zu zweien untereinander verbunden werden, so daß jede Anschlußstelle über den Hauptumschalter mit jeder anderen Anschlußstelle unmittelbar sprechen kann. In Abb. 4 ist das Schema eines solchen Hauptumschalters für vier Anschlüsse dargestellt. In der dargestellten Anordnung macht sich der Anruf durch Fallen einer Klappe, die zugleich den Stromkreis eines für alle Anschlüsse gemeinsamen Weckers schließt, bemerkbar, während sowohl die Einschaltung des eigenen Fernsprechers in eine der Anschlußleitungen sowie auch die Verbindung von zwei Anschlußleitungen untereinander durch Einstecken von Stöpseln in die Schaltklinken bewirkt wird. Die Verbindungen zwischen Stöpsel und Fernsprecher und zwischen je zwei Stöpseln untereinander sind durch bewegliche Leitungsschnüre hergestellt. In der Abb. 67 ist z.B. der eigene Fernsprecher an die Leitung 1 angeschlossen, die Leitungen 2 und 4 sind für ein unmittelbares Gespräch miteinander verbunden.

Im Eisenbahndienste findet der Fernsprecher neben dem Telegraphen im weitesten Umfange Verwendung. Auf Hauptbahnen verbindet er die verschiedenen Dienststellen und Posten eines Bahnhofs untereinander und mit dem Stationsdienstzimmer, die verschiedenen Stationen untereinander und mit den vorgesetzten Bezirksaufsichtsstellen, diese wiederum mit den vorgesetzten Verwaltungsbehörden und bei den letzteren den Chef, die Dezernenten und die Bureaus untereinander. Auf Nebenbahnen werden Fernsprecher vielfach an Stelle von Telegraphen als ausschließliches Verständigungsmittel der Stationen untereinander verwendet.

Die Benutzung des Fernsprechers bedeutet im Eisenbahndienste gegenüber der Benutzung des Telegraphen einen sehr erheblichen Gewinn an Zeit und Arbeit. Die an den Mitteilungen interessierten Personen treten beim Fernsprecher in unmittelbaren Verkehr; es bedarf, abgesehen von besonderen Fällen, nicht, wie bei der Benutzung des Telegraphen, der Niederschriften bei der Aufgabe und bei der Aufnahme, es bedarf nicht der Inanspruchnahme dritter Personen bei der Aufgabe, bei der Beförderung und bei der Zustellung. Die zweimalige Umsetzung der Mitteilungen durch[61] die telegraphierenden Beamten von der Buchstabenschrift in Morseschrift und von der Morseschrift wieder in Buchstabenschrift fällt fort. Das Sprechen einer Mitteilung erfordert nur etwa den zehnten Teil der Zeit, die das Abtelegraphieren erfordert.

Dennoch wird das Fernsprechen niemals das Telegraphieren vollständig ersetzen können. Alle Mitteilungen, die nicht, wie beim persönlichen Verkehr, von den Beteiligten unmittelbar gewechselt werden können, die also bei der Aufgabe einer Niederschrift bedürfen und bei deren Beförderung dritte, mit bezug auf den Inhalt nicht sachverständige Personen in Anspruch genommen werden müssen, denen auch noch bei der Aufnahme die Anfertigung einer Niederschrift und deren Bestellung obliegt, längere Mitteilungen mit wichtigen Daten und Zahlen, alle Mitteilungen, für deren Beförderung ein Ausweis vorhanden sein muß und solche, für deren Beförderung eine unmittelbare Fernsprechverbindung nicht besteht, die also auf Zwischenstellen umgesprochen werden müßten, sollten zur Sicherstellung der richtigen und pünktlichen Übermittelung im Interesse der Sicherheit des Eisenbahnbetriebes nach wie vor mit dem Telegraphen befördert werden.

Seitdem die F. so vervollkommnet sind, daß die Verständigung auch dem weniger Begabten und Ungeübten keine Schwierigkeiten mehr macht, sind auch die früheren telegraphischen Hilfsstellen auf der freien Strecke allgemein durch Fernsprechstellen ersetzt und man geht darin in einzelnen Ländern soweit, daß auf Hauptbahnen alle Schrankenposten mit Fernsprechern ausgerüstet werden; auf besonders verkehrreichen Strecken, wenn die Schrankenposten weit auseinanderliegen, werden sogar noch zwischen den Schrankenposten und bei den weit vor den Bahnhöfen stehenden Signalen, wenn ein Schrankenposten sich in der Nähe nicht befindet, Fernsprechstellen errichtet, deren Buden für gewöhnlich verschlossen sind, aber von den Streckenläufern, den Rottenführern oder den Bediensteten eines haltenden oder liegengebliebenen Zuges mit dem Normalwagenschlüssel geöffnet werden können. Diese im wesentlichen zur Benutzung bei Unfällen eingerichteten Wärter- oder Streckenfernsprecheinrichtungen können zugleich dazu benutzt werden, den Wärtern Mitteilungen über Sonderzüge, größere Verspätungen und Änderungen in der Reihenfolge der Züge, Halten von Zügen auf freier Strecke aus besonderem Anlaß, Fahrten von Kleinwagen oder bei Störung der Läutesignalleitung auch die Abmeldung der regelmäßigen Züge zu machen. Ebenso können die Wärter Meldungen über besondere Vorkommnisse – Unregelmäßigkeiten am vorüberfahrenden Zuge, Fehlen des Zugschlusses, Schäden am Bahnkörper, Schienenbrüche u. dgl. – an die benachbarten Stationen[62] machen. Die Streckenfernsprecher werden von den unteren Bediensteten gern benutzt, während sie die früheren telegraphischen Einrichtungen nur ungern und stets mit großer Scheu und Zurückhaltung benutzten.

Die Fernsprechverbindungen werden am besten doppeldrähtig, d.h. mit Hin- und Rückleitung ohne Erdleitungen hergestellt, weil bei Benutzung der Erde als Rückleitung Stromübergänge von einer Leitung zur anderen und die dadurch entstehenden sehr störenden Nebengeräusche unvermeidlich sind, Störungen, die sich ganz besonders bei kürzeren Leitungen bemerkbar machen. Auch erhöht die Erde bei kürzeren Leitungen den Widerstand des Leitungskreises so beträchtlich, daß die Lautübertragung erheblich geschwächt wird. Bei längeren Fernsprechleitungen treten die Stromübergänge von einer Leitung zur andern und die Erdleitungswiderstände weniger störend auf; es läßt sich daher auf Leitungen von mäßiger Länge, z.B. zur Verbindung einiger unmittelbar aufeinanderfolgenden Stationen, wenn andere störende Einflüsse nicht vorhanden sind, auch bei eindrähtiger Ausführung u. U. gute Verständigung erzielen. Ausgeschlossen ist dies aber, wenn die Leitung auf einem größeren Teil ihrer Länge in der Nähe einer großen Anzahl von Telegraphen- oder Starkstrom-, namentlich Hochspannungssleitungen geführt werden muß. Solche Leitungen wirken störend nicht nur durch Induktion, sondern ganz besonders auch durch Stromübergänge an den Anschlußstellen der Fernsprechleitungen an die Erde; denn die Telegraphenleitungen liegen mit ihren Enden in der Erde und bei Starkstromleitungen vermag selbst gute Isolation ein Abirren kleiner Stromteilchen nach der Erde nicht zu verhindern. Die dadurch hervorgerufenen Nebengeräusche sind in vielen Fällen so stark, daß sie im Hörer die Sprache übertönen und jede Verständigung unmöglich machen. Fernsprechleitungen von größerer Länge, etwa solche zur Verbindung der Bezirksaufsichtsstellen mit den vorgesetzten Verwaltungsbehörden und die zur Verbindung verschiedener Verwaltungsbehörden, müssen zur Erzielung guter Verständigung unter allen Umständen doppeldrähtig hergestellt werden. Ganz lassen sich allerdings die störenden Induktionswirkungen aus benachbarten Leitungen bei längeren Fernsprechleitungen auch bei doppeldrähtiger Ausführung nicht vermeiden. Als weiterer Schutz sind dann noch Kreuzungen der beiden Drähte einer Fernsprechleitung in Abständen von 2–4 km und wenn mehrere Fernsprechdoppelleitungen sich an demselben Gestänge befinden, außerdem noch Kreuzungen der verschiedenen Leitungspaare in Abständen von etwa 16 km erforderlich. Die Induktionswirkung wird auch noch dadurch gemildert, daß die beiden Drähte einer Fernsprechdoppelleitung unmittelbar nebeneinander und mit möglichst geringem Zwischenraum geführt werden.

Um die oberirdischen Fernsprechleitungen dem störenden Einfluß anderer Leitungen nach Möglichkeit zu entziehen, wird man sie stets in tunlichst großem Abstände von letzteren und an besonderen Gestängen führen.

Die Vorteile der doppeldrähtigen Anordnung der Fernsprechleitungen gehen aber verloren durch Isolationsfehler in der Leitung, weil dann wieder durch Übergang von Fremdströmen aus der Erde in die Leitung störende Nebengeräusche beim Sprechen auftreten können. Die geringsten Fehler in der Isolation, Fehler, wie sie z.B. im Telegraphenbetriebe noch gar nicht wahrzunehmen sind, genügen, um diese Wirkung hervorzubringen. Überziehen der inneren Wandungen der Isolatoren mit Feuchtigkeit bei Nebel oder feuchter Luft, Verunreinigung der Isolatoren durch Kohlenruß, Niederschlagsfeuchtigkeit an den Klemmenleisten und Blitzableitern in den Kabelsäulen und Kabelhäuschen, Unreinigkeit in den Blitzableitern u. dgl. vermindern die Isolation und stellen leitende Verbindungen her zwischen Leitung und Erde. Schärfste Überwachung der Isolation ist also für die Erhaltung guter Verständigung erste Bedingung.

Als Leitungsmaterial genügt für kürzere Leitungen, selbst solche zur Verbindung mehrerer aufeinanderfolgender Stationen, der gewöhnliche eiserne Telegraphendraht; für längere Leitungen ist Hartkupfer- oder Bronzedraht zu verwenden, weil bei längeren Eisenleitungen sich eine die Sprechströme schwächende Selbstinduktion bemerkbar macht.

Wenn eine größere Anzahl von Sprechstellen durch eine Leitung verbunden werden müssen, so werden sie am besten nicht hintereinander in die Leitung eingeschaltet, sondern parallel an diese angeschlossen. Bei Hintereinanderschaltung wächst der Leitungswiderstand mit der Zahl der Sprechstellen; dadurch sinkt die Lautstärke im umgekehrten Verhältnis; bei Parallelschaltung verringert sich der Leitungswiderstand mit der Zahl der Sprechstellen und die Lautstärke nimmt deshalb zu. Bei Hintereinanderschaltung stört eine Unterbrechung im Fernsprecher die ganze Leitung, während sie bei Parallelschaltung ohne jeden Einfluß auf die Gebrauchsfähigkeit der übrigen Stellen ist. Bei[63] Parallelschaltung kann ohneweiters an jeder Stelle der Strecke ein Hilfsfernsprecher angeschlossen werden, während das bei Hintereinanderschaltung mit Schwierigkeiten verknüpft ist.

Längere Fernsprechleitungen, d.h. solche, die sich über den Bereich eines Bahnhofs erstrecken, werden am besten oberirdisch als Freileitungen geführt, weil bei Führung in Kabeln die Kapazität der Kabel dämpfend auf die Lautübertragung wirkt, u.zw. um so stärker, je länger die Kabelstrecke ist, auch wenn sie sich bei einer sonst oberirdischen Leitung aus mehreren getrennt liegenden kleinen Kabelstrecken in verschiedenen Bahnhöfen zusammensetzt.

Bei Fernsprechdoppelleitungen tritt eine eigentümliche Erscheinung auf: das Aufladen der Leitungen durch atmosphärische Elektrizität oder durch benachbarte Hochspannungsleitungen. Die in die Fernsprechleitung eindringende atmosphärische Elektrizität kann nicht zur Erde abfließen und lädt dadurch die Leitung nach und nach bis zu einer verhältnismäßig hohen Spannung; ebenso rufen die in der Nähe befindlichen Hochspannungsleitungen durch Induktion nach und nach hohe Spannungen in der Fernsprechleitung hervor. Personen, die dann die unter Spannung stehenden Teile der F. berühren, erleiden durch die durch ihren Körper erfolgende Entladung heftige elektrische Erschütterungen, die unter Umständen schädigend auf die Gesundheit wirken können. Es muß deshalb dafür gesorgt werden, daß gefährliche Spannungen überhaupt nicht zu stände kommen und Entladung bereits bei 200 bis 300 Volt von selbst erfolgt.

Die gewöhnlichen Blitzableiter genügen demnach nicht, weil sie erst bei beträchtlich höheren Spannungen wirken. Es müssen daher ganz besonders empfindliche Spannungsableiter eingebaut werden. Am besten eignen sich dazu die sog. Luftleerblitzableiter von Siemens & Halske, verbunden mit geeigneten Schmelzsicherungen.

In F. mit vielen Anschlußleitungen werden mit Vorteil auch sog. Erdungsschalter eingebaut, die gestatten, beim Herannahen von Gewittern von Zeit zu Zeit durch einen Handgriff sämtliche Leitungen für einige Sekunden an Erde zu legen und dadurch unmittelbar zu entladen.

Die vielfachen Bestrebungen, den Fernsprecher zur Herstellung unmittelbarer Verbindung zwischen fahrenden Eisenbahnzügen untereinander und mit den an der Strecke liegenden Stationen zu benutzen, sind noch nicht über das Stadium des Versuchs gediehen.

Literatur: Du Moncel, Le Telephone, le Microphone et le Phonographe. Paris 1879. – Grawinkel, Lehrbuch der Telephonie und Mikrophonie. Berlin 1884. – Maier & Preece, Das Telephon und dessen praktische Verwendung. Stuttgart 1889. – Kohlfürst, Die Fortentwicklung der elektrischen Eisenbahneinrichtungen. Wien 1891. – Sammlung Göschen, Das Fernsprechwesen, von Rellstab. Leipzig 1902. – Schmidt, Elektrische Telegraphie. Leipzig 1906. – Mix & Genest, Anleitung zum Bau elektrischer Haustelegraphen-, Telephon-, Kontroll- und Blitzableiteranlagen. Berlin 1910. – Strecker, Hilfsbuch für die Elektrotechnik. Berlin 1912.

Fink.

Abb. 64. Bell'sches Telephon.
Abb. 64. Bell'sches Telephon.
Abb. 65.
Abb. 65.
Abb. 66.
Abb. 66.
Abb. 67.
Abb. 67.
Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 5. Berlin, Wien 1914, S. 59-64.
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