Speiseanstalten

[97] Speiseanstalten (Personalküchen) sind Einrichtungen, die dem Personal Gelegenheit zur Einnahme eines (insbesondere warmen) Essens zu mäßigem Preis während des Dienstes oder in dessen Pausen geben. Sie finden sich am Sitz größerer Werkstätten, deren Personal vielfach von der Arbeitstätte weit entfernt wohnt, oder an den Knotenpunkten mit zahlreichem auswärtigen Personal oder auf größeren Stationen (Verschiebebahnhöfen) für das Stationspersonal.

Der Betrieb liegt – ähnlich wie bei Kantinen – in den Händen teils von Pächtern, teils der Verwaltung oder des Personals, in der Regel unter kräftiger Förderung und Unterstützung durch die Verwaltung. Mitunter werden sie auch von gemeinnützigen Wohlfahrtsvereinen geleitet. Mit den Anstalten sind meistens auch Vorkehrungen zum Wärmen und Verzehren mitgebrachter Speisen verbunden. Mit solchen Wärmevorrichtungen sind auch die Aufenthaltsräume, Gepäckwagen und Lokomotiven ausgestattet. Wo keine Speiseanstalten bestehen oder zu deren Ergänzung sind in der Regel die Bahnhofwirte gehalten, Speisen billig (etwa zu 3/4 der ordentlichen Sätze) an das Personal abzugeben.


Besondere Bedeutung gewannen die Speiseeinrichtungen während des Weltkriegs mit seinen besonders für die Mittelmächte schweren Folgen auf dem Gebiet der Volksernährung. Die Verwaltungen haben Nahrungsmittel im großen beschafft und an das Personal abgegeben, sie haben Dörrvorrichtungen eingerichtet und dem Personal kostenfrei oder gegen mäßige Vergütung zur Verfügung gestellt. Zur Verpflegung des Personals, z.T. auch der Familien wurden Personalküchen errichtet, wo Speisen teils als Eintopfgerichte, teils nach Suppe, Fleisch und Gemüse getrennt, billig abgegeben werden. Wie in der Heimat, so hat die Not auch in den besetzten Gebieten zu mannigfachen Einrichtungen hinsichtlich der Personalverpflegung geführt, die meist von gutem Erfolg begleitet waren und ihren Zweck in harter Zeit erfüllt haben.

Welche Einrichtungen von diesen Kriegsmaßnahmen sich besonders bewähren und welche sich zur dauernden Übernahme in die Friedensverhältnisse empfehlen, läßt sich nicht voraussagen.


In letzter Zeit ist in Österreich auch an die Versorgung des auf der Strecke arbeitenden Personals mit warmem Essen von den Personalküchen mittels Kochkisten geschritten worden. Die S. haben einen ganz bedeutenden Umfang angenommen, da vielfach Metzgereien, Wursterzeugung, Kleintierzucht u.s.w. mit den Küchen in Verbindung gebracht worden sind.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 9. Berlin, Wien 1921, S. 97.
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