[124] Verschiebebahnhöfe, Rangierbahnhöfe, Umstellbahnhöfe (shunting stations, classification yards; gares de triage; stazioni di smistamento) (mit Taf. II u. III).
Inhalt: I. Begriffsbestimmung. II. Arten des Verschiebens. III. Hauptformen der V. IV. Lage zu den Bahnlinien. V. Beispiele ausgeführter V. VI. Durchbildung und Leistungsfähigkeit der Bestandteile eines V. VII. Hilfsmittel beim Verschieben. VIII. Verschiebekosten und Zeitaufwand für das Verschieben. IX. Verteilung und Zweckbestimmung der V. eines Bahnnetzes.
I. Begriffsbestimmung. V. sind besondere Bahnhöfe oder Bahnhofsteile, in denen Güterzüge nach Beendigung ihrer Fahrt aufgelöst und vor Beginn ihrer Fahrt gebildet werden. Zu den auf einem V. aufzulösenden Zügen gehören außer den von außerhalb einlaufenden Zügen die Überführungszüge von den etwa an den V. angeschlossenen Ladeanlagen, als Ortsgüterbahnhof, Hafenbahnhof, Viehbahnhof, Industriebahnhof, Anschlußgleise u.s.w., ferner von der etwa auf dem V. vorhandenen Umladebühne, sowie die Züge, die untersuchte oder ausgebesserte Wagen von einer Werkstätte zuführen. Ebenso sind aus den dem V. hiernach im ganzen zulaufenden Wagen außer den Streckenzügen Überführungszüge (Verschiebeabteilungen) nach den betreffenden angeschlossenen Anlagen zu bilden. Das Bilden der neuen Züge geschieht in der Regel in zwei aufeinander folgenden Vorgängen, dem zugleich mit dem Zerlegen der alten Züge erfolgenden Ordnen der Wagen nach Richtungen, d.h. dem Zusammenstellen der für jeden neuen Zug bestimmten Wagen auf einem Gleis, und zweitens in dem Ordnen der wie vor für jeden Zug zusammengestellten Wagen nach den Stationen des Zuglaufs bzw. nach den einzelnen Ladestellen des Ortsgüterbahnhofs, Hafenbahnhofs u.s.w. Das Ordnen der Überführungszüge[124] nach den einzelnen Ladestellen geschieht indessen häufig erst auf dem angeschlossenen Ortsgüterbahnhof u.s.w. Ebenso werden auch manche Streckenzüge nur nach Richtungen, nicht nach Stationen geordnet, verlassen den V. also, wie man sagt, in bunter Folge der Wagen. Hierfür ist die Gattung des Güterzuges maßgebend.
Nach der Zweckbestimmung kann man gemäß den Vorschriften folgende Güterzuggattungen auf den deutschen Bahnen unterscheiden (vgl. Güterzüge).
a) Ferngüterzüge, die dazu bestimmt sind, beladene oder leere Wagen geschlossen auf größere Entfernungen durchzuführen. Diese Züge, die vorwiegend für Massengüter und für leer zurücklaufende Wagen, die zur Massengutbeförderung gedient haben, benutzt werden, bedürfen im allgemeinen keiner Ordnung nach Stationen, sondern enthalten die bis zur Endstation des Zuglaufs zusammenbleibenden Wagen in bunter Folge.
b) Nahgüterzüge, die dem Nahverkehr einer Bahnstrecke von einem Knotenpunkt bis zu einem andern Knotenpunkt dienen und deshalb möglichst auf allen Stationen halten. Diese Züge bedürfen einer vollständigen Ordnung der Wagen nach Stationen.
Zwischen den Fern- und Nahgüterzügen stehen:
c) Die Durchgangsgüterzüge. Sie haben mit den Ferngüterzügen das gemein, daß sie auch auf große Entfernungen laufen. Sie bleiben aber nicht, wie im allgemeinen diese, in ihrem Bestand unverändert, sondern halten unterwegs auf bestimmten wichtigeren Stationen, namentlich Bahnknotenpunkten, um Wagen auszusetzen und aufzunehmen. Sie bedürfen daher, wie die Nahgüterzüge, der Ordnung nach Stationen, aber nicht nach allen durchfahrenen Stationen, sondern nur nach denjenigen wichtigen Stationen, auf denen ihr Bestand sich durch Aussetzen und Aufnehmen von Wagen ändert.
Der allgemeine Fall ist hiernach, soweit nicht Fernzugbeförderung in Frage kommt, daß ein Wagen zunächst in einen Nahgüterzug eingereiht wird, dann in einen Durchgangszug übergeht und schließlich seine Reise in einem Nahgüterzug vollendet. Beginnt oder endet die Reise in einer Verkehrsstation eines Durchgangsgüterzugs, so fällt die anfängliche oder schließliche Beförderung im Nahgüterzug fort.
Die unterwegs stattfindenden Veränderungen der Nahgüterzüge geschehen regelmäßig, diejenigen der Durchgangsgüterzüge häufig nicht auf eigentlichen V., sondern auf den Ortsgüterbahnhöfen. Der Güterzuge hält dann in der Regel auf einem Hauptgütergleis (Überholungsgleis) und das Aus- und Einsetzen der Wagen wird mit Hilfe eines Ausziehgleises bewirkt (s. Bahnhöfe). Zum Austausch von Güterwagengruppen zwischen weiterlaufenden Durchgangsgüterzügen dienen Güteraustauschbahnhöfe oder Übergabebahnhöfe. Die Anlage eines V. hat sich darnach zu richten, ob alle 3 genannten Zuggattungen in ihm zu bilden sind oder nur einzelne und welche.
II. Arten des Verschiebens. Damit Wagen, die in geschlossener Folge auf einem Gleis (Zerlegungsgleis) sich befinden, in eine neue Ordnung gebracht werden können, bedarf man einer Gleisgruppe, in deren Gleise die Wagen wie in die Fächer eines Schrankes verteilt werden, um sodann zum geordneten Zug wieder zusammengestellt zu werden. Die Gleise solcher Gleisgruppen können zugänglich gemacht werden durch Weichen, Drehscheiben oder Schiebebühnen. Auf den eigentlichen V. werden bei uns ausschließlich Weichen verwendet, die deshalb im folgenden allein berücksichtigt werden sollen.
Um die Wagen behufs Ordnens in Bewegung zu setzen, benutzt man die Kraft von Menschen oder Tieren, elektrische oder Wasserdruckspills, Verschiebeseilanlagen, Verschiebewinden, Lokomotivkraft oder die Schwerkraft, letztere entweder allein oder in Verbindung mit Lokomotivkraft. Für den eigentlichen Betrieb auf V. kommt im allgemeinen nur die Verwendung von Schwerkraft, von Lokomotivkraft oder einer Verbindung von beiden in Frage.
Die althergebrachte Art des Verschiebens bildet das sog. Abstoßen mit der Lokomotive. Die zu ordnenden Wagen stehen in dichter Folge als Verschiebezug gekuppelt auf dem Zerlegungsgleis (Taf. II, Abb. 1), an das eine Ordnungsgleisgruppe angeschlossen ist. An dem der Ordnungsgleisgruppe abgewendeten Ende des Verschiebezugs befindet sich, mit ihm gekuppelt, eine Verschiebelokomotive. Nachdem der erste Wagen oder die erste Wagengruppe gemeinsamer Bestimmung, der erste »Rangiergang« (in Taf. II, Abb. 1 die Wagengruppe a) abgekuppelt ist, setzt sich die Lokomotive in Bewegung und schiebt den ganzen Verschiebezug mit wachsender Geschwindigkeit in der Richtung nach der Gleisgruppe zu. Dann bremst sie plötzlich; die vorher losgekuppelte Wagengruppe a läuft weiter und gelangt in dasjenige Gleis der Gleisgruppe, für das vorher die Weichen eingestellt waren. Inzwischen ist der Verschiebezug zum Stillstand gelangt. Nachdem die zweite Wagengruppe b gemeinsamer Bestimmung (der zweite Rangiergang)[125] losgekuppelt und durch Weichenumstellen dasjenige Gleis der Ordnungsgleisgruppe geöffnet ist, in dem sich die Wagen der betreffenden Bestimmung sammeln sollen, setzt sich die Lokomotive abermals in Bewegung und stößt in derselben Weise wie früher die Wagengruppe b ab. Dieses Verfahren läßt sich indessen nur so lange ohne weiteres fortsetzen, bis die Spitze des nach dem letzten Abstoßen zum Halten gekommenen Restzugs bei der ersten Verteilungsweiche der Ordnungsgleisgruppe angelangt ist. Nunmehr muß zunächst der Rest des Verschiebezugs wieder zurückgezogen werden, um für erneutes wiederholtes Abstoßen Längenspielraum zu gewinnen. Der Wechsel von Abstoßen und Zurückziehen dauert so lange, bis der ganze Verschiebezug zerlegt ist.
Dieses Verfahren wird trotz seiner Umständlichkeit beim Verschieben außerhalb der eigentlichen V., insbesondere auf den Ortsgüterbahnhöfen, niemals ganz entbehrt werden können und findet sich selbst auf V. hier und da als ergänzendes Verfahren. Die für die Anordnung deutscher V. grundlegenden Verfahren beruhen jedoch jetzt durchweg auf der Anwendung der Schwerkraft, u. zw. entweder in der Form des Ablaufberges oder in der Form des durchgehenden Gefälles.
Das durchgehende Gefälle erstreckt sich vom hinteren Ende des Zerlegungsgleises durch dieses und durch die Gleise der angeschlossenen Gleisgruppe hindurch. Der zu zerlegende Verschiebezug rollt, ohne Lokomotive, durch die Schwerkraft beschleunigt und durch Bremsbedienung gezügelt, langsam der ersten Verteilungsweiche zu, bei der das Zerlegungsgleis beginnt, sich in die Gleisgruppe zu verzweigen. Dicht oberhalb dieser Stelle wird der erste Wagen oder die erste Wagengruppe gemeinsamer Bestimmung (der erste Rangiergang), indem man durch künstliche Hemmung der Spitze des Verschiebezugs die Kupplung oberhalb des ersten Rangiergangs schlaff macht, von dem langsam herabrollenden Verschiebezug losgekuppelt, gerät infolge Aufhebens oder Verminderung der Bremsung in schnelleren Lauf, eilt also dem übrigen Verschiebezug voraus, so daß zwischen dem Ablauf dieses und des folgenden Rangiergangs Zeit genug bleibt, um die Weichen gemäß der Bestimmung des nächstfolgenden Rangiergangs umzustellen. Die Spitze des sich immer mehr verkürzenden Verschiebezugs fällt je nach der Länge der ablaufenden Rangiergänge jedesmal mehr oder weniger zurück, gelangt aber bis zum Ablauf des nächsten Rangiergangs ungefähr wieder an dieselbe Ablaufstelle oberhalb der ersten Verteilungsweiche. Man läßt die abrollenden Wagen in der Regel nicht bis an das untere Ende der Ordnungsgleisgruppe hinablaufen, da sie sonst in zu schnellen Lauf kommen würden, sondern fängt sie in den oberen Enden der Ordnungsgleise auf, um sie dann, zu längeren Wagengruppen vereinigt, mit Bremsbesetzung an das untere Ende der Gleisgruppe bzw. bis an die dort schon aufgesammelten Wagen hinabzuführen. Charakteristisch für das durchgehende Gefälle ist hiernach außer dem Abrollen des Verschiebezugs ohne Mitwirkung einer Lokomotive, daß überall, wo auch die abgelaufenen Wagen zum Stillstand gelangt sind, sie bei Lösung der Bremsen bzw. Beseitigung der Vorlagen sich durch die Einwirkung der Schwerkraft von selbst wieder in Bewegung setzen.
Wesentlich verschieden hiervon ist die Wirkungsweise eines Ablaufberges (s.d.). Bei diesem ist das zur Beschleunigung der zu ordnenden Wagen dienende Gefälle auf einer kurzen Strecke konzentriert, beginnt nahe dem Auslaufende des Zerlegungsgleises und reicht über die erste Verteilungsweiche hinaus mehr oder weniger weit in die Ordnungsgleisgruppe hinein. Weiterhin liegen die Gleise der Ordnungsgleisgruppe zweckmäßig nicht, wie man dies früher wohl gemacht hat, ganz wagrecht, sondern mindestens zum großen Teil ihrer Länge in ganz schwachem Gefälle, damit die den Wagen oder Wagengruppen vom Ablaufberg für ihren ganzen Weg mitgeteilte lebendige Kraft nicht zu frühzeitig aufgezehrt wird oder, umgekehrt, damit man den Ablaufberg weniger hoch zu machen braucht und so zu große Laufgeschwindigkeiten leichtlaufender Wagen vermeidet. Die Gefällhöhe des eigentlichen Ablaufberges wird in der Regel ganz oder z.T. dadurch gewonnen, daß man dem Zerlegungsgleis in der nächstvorhergehenden Strecke Gegenneigung gibt, weshalb der Ablaufberg im allgemeinen mit dem Namen »Eselsrücken« bezeichnet wird. Dem Ablaufberg muß zum Unterschied von dem durchgehenden Gefälle der Verschiebezug durch eine schiebende Lokomotive zugeführt werden. Kurz vor Beginn des Ablaufgefälles wird jedesmal die Kupplung zwischen dem oder den vordersten, zum nächsten Ablauf bestimmten Wagen und dem übrigen Verschiebezug getrennt, was in der Regel dadurch erleichtert ist, daß in der Gegensteigung die Buffer gedrückt, also die Kupplungen schlaff sind, so daß nach Überschreitung des Gefällbrechpunktes der betreffende Wagen oder die Wagengruppe sich in schnelleren Lauf setzt und dem in langsamer Gangart geschobenen Verschiebezug vorauseilt. Die Abdrückgeschwindigkeit soll so bemessen werden, daß der Zeitraum zwischen zwei im Ablauf einander folgenden Rangiergängen ausreicht,[126] um die Weichen gemäß der Bestimmung des folgenden Rangiergangs umzustellen (vgl. im übrigen den Art. Ablaufberg).
Es sei noch bemerkt, daß das durchgehende Gefälle nicht gleichmäßig zu sein braucht, daß es sich vielmehr empfiehlt, wie es gerade bei älteren Anlagen schon üblich war, an der Ablaufstelle ein stärkeres Gefälle anzuwenden als oberhalb und unterhalb, damit die Wagen schnell in raschere Gangart übergehen, wodurch die Leistung erhöht wird. So nähern sich die beiden Hauptanordnungen einander. Immer aber bleibt der Hauptunterschied bestehen, daß beim Ablaufberg der Verschiebezug durch eine Lokomotive geschoben werden muß, bei dem durchgehenden Gefälle aber von selbst abrollt. Ammann hat deshalb vorgeschlagen, die V. je nach der getroffenen Anordnung als Abschubbahnhöfe oder Abrollbahnhöfe zu bezeichnen.
Nur kurz erwähnt sei hier das in Nordamerika viel angewendete Verschieben mit dem Stoßbaum, bezüglich dessen auf den besonderen Artikel »Stoßbaum« verwiesen wird.
III. Hauptformen der V. Taf. II, Abb. 2 zeigt die Bahnhofsform der Anordnung I für einen V. an einer zweigleisigen Bahn, der nur für das Ordnen der in einer der beiden Verkehrsrichtungen laufenden Züge, in Taf. II, Abb. 2 von links nach rechts, von M nach N, bestimmt ist. Zur Vermeidung der Spaltungskreuzung beim Einlauf und Auslauf der Züge ist der Bahnhof neben dasjenige Hauptgleis der zweigleisigen Bahn gelegt, für dessen Verkehrsrichtung er bestimmt ist. Der Bahnhof besteht in der Hauptsache aus 4 aneinandergereihten Gleisgruppen, den Einfahrgleisen, Richtungsgleisen, Stationsgleisen, Ausfahrgleisen. Es wird angenommen, daß die Bahnstrecke längs des Bahnhofs in der Verschieberichtung ein so starkes Gefälle hat, daß man allen Gleisgruppen überall das für einen Abrollbahnhof geeignete Gefälle geben kann. Ein von der Strecke her, von M, in eines der Einfahrgleise eingelaufener Zug wird, nachdem die Lokomotive ihn verlassen hat, aus diesem Gleis als Zerlegungsgleis in den Gleisen der anschließenden Richtungsgleisgruppe nach Richtungen geordnet. Das gleiche geschieht mit ferneren Zügen, die gleichfalls in Gleise der Einfahrgruppe eingefahren sind, bis in einem der Richtungsgleise eine zur Bildung eines neuen Zuges hinreichende Anzahl Wagen angesammelt ist. Alsdann werden diese Wagen, die man zu einem Verschiebezug zusammengekuppelt hat, aus diesem nun als Zerlegungsgleis dienenden Gleis in der anschließenden Stationsgleisgruppe nach Stationen geordnet. Aus den Gleisen der Stationsgleisgruppe läßt man schließlich die in jedem Gleis für sich gekuppelten Wagen in richtiger Folge der Stationsgruppen in eines der Gleise der Ausfahrgleisgruppe zusammenlaufen, kuppelt sie und hat nun einen Zug für die Ausfahrt nach N zu bereitstehen.
Diese Bahnhofsanordnung gewährt den Vorteil, daß die Wagen, weil sie ausschließlich in ihrer Verkehrsrichtung verschoben werden, keinen nennenswert weiteren Weg machen, als wenn sie, ohne geordnet zu werden, in geschlossenem Zug auf dem Streckengleis durchgeführt würden, daß also für das Ordnen gegenüber dem durch die Beförderung bedingten Weg keine Verlängerung eintritt. Man kann solchen Bahnhof statt mit durchgehendem Gefälle auch mit Ablaufbergbetrieb einrichten, indem an den in Taf. II, Abb. 2 mit a und b bezeichneten Stellen, wie durch Strichelung angedeutet, Ablaufberge (Eselsrücken) eingeschaltet werden. Doch ist der Betrieb hierbei insofern ungünstig, als zum Abdrücken aus einem Richtungsgleis eine Lokomotive jedesmal bei a in das betreffende Richtungsgleis einfahren muß und hierdurch das Verschieben nach Richtungen unterbricht und als ferner die Wagengruppen aus den Stationsgleisen in ein Ausfahrgleis in zeitraubender Weise mittels Lokomotive zusammengeholt werden müssen. Jaeger empfiehlt daher, bei Ablaufbergbetrieb wenigstens der Stationsgruppe so viel Gefälle zu geben, daß die Wagengruppen aus ihr durch Schwerkraft in eines der Ausfahrgleise abgelassen werden können.
Daß bei der anscheinend nur einen Verkehrsrichtung (nach N) doch eine Gruppe von Richtungsgleisen vorgesehen ist, erklärt sich dadurch, daß die Bahn in der Richtung nach N zu Verzweigungen besitzen kann, nach deren jeder besondere Züge abgelassen werden, ferner aus der etwaigen Bildung verschiedener Zuggattungen (s.o.), die je für sich als Richtungen zu behandeln sind, aus etwa vorhandenem Ortsverkehr und Umladeverkehr, die gleichfalls als Richtungen zu behandeln sind. Für besonders starke Verkehre können 2 oder mehrere Richtungsgleise erforderlich sein. Schließlich kommt es auch vor, daß ein besonders starker Verkehr nach einer Station gleich beim Richtungsordnen ausgesondert wird. Von der einen Hauptrichtung des Bahnhofs MN sind daher begrifflich wohl zu unterscheiden die mehreren Verkehrsrichtungen.
Sind auf einem an zweigleisiger Bahn anzulegenden V. die in beiden Hauptrichtungen der Bahn laufenden Züge zu ordnen, so ergibt sich als Bahnhofsform der Anordnung II der zweiseitige V., d.h. eine Verdopplung der in Taf. II, Abb. 2 vorgesehenen Anlagen. Solche Verdoppelung[127] wird in der Regel zweckmäßig nicht derart ausgeführt, daß die für jede der beiden Hauptrichtungen vorzusehenden Gleisanlagen außen neben das Hauptgleis der betreffenden Fahrrichtung gelegt werden, weil dann der V. durch die beiden Hauptgleise mitten durchschnitten wird, die zahlreichen, zwischen beiden Bahnhofsseiten erforderlichen Verschiebebewegungen also Überkreuzungen der beiden Hauptgleise bedingen. Eine ausnahmsweise durch besondere Verhältnisse bedingte Anordnung dieser Art wird unter den Beispielen behandelt. Im allgemeinen ist es am günstigsten, wenn (Anordnung II a, Taf. II, Abb. 3) der ganze V. zwischen die Hauptgleise gelegt wird. Aber auch die Anordnung des ganzen zweiseitigen V. auf einer Seite der Hauptgleise (Anordnung II b, Taf. II, Abb. 4) ist der symmetrischen Form mit durch die Hauptgleise getrennten Gleisanlagen in der Regel vorzuziehen, obwohl für die eine Hauptrichtung hier bei der Ein- und Ausfahrt der Züge je eine Spaltungskreuzung bedingt wird. Diese Spaltungskreuzungen lassen sich übrigens durch Gleisüberwerfungen vermeiden, wenn man die Abzweigungen der Güterein- und -ausfahrgleise aus den Hauptgleisen entsprechend weit vom Beginn und Ende des V. abrückt.
Auf einem zweiseitigen V. wird der Betrieb verumständlicht durch die erforderliche Behandlung der Umkehrwagen, d.h. derjenigen Wagen, die den Bahnhof in der umgekehrten Hauptrichtung verlassen, als in der sie in ihn eingelaufen sind. Solche Rückläufigkeit der Wagen, oder Eckverkehr, wird auch bei einem nur an einer Bahnlinie gelegenen V., auch abgesehen von dem Verkehr der in einer Richtung angeschlossenen Ladeanlagen, dann erforderlich, wenn über eine weiterhin vorhandene Verzweigung der Bahnlinie hinaus Güterzüge nach und von beiden Zweiglinien verkehren. Liegt aber ein V. unmittelbar an einer Kreuzung zweier oder mehrerer Bahnlinien oder an einem sonst durch Hinzutritt fernerer, durchlaufender oder endender Bahnlinien gebildeten Knotenpunkt, so wird der Verkehr zwischen den verschiedenen, von dem Knotenpunkt ausgehenden Bahnzweigen stets nur z.T. die vorherige Hauptrichtung beibehalten, z.T. aber Umkehr der Wagen bedingen. In einem Bahnhof der Anordnung II nach Taf. II, Abb. 3 oder 4 werden Umkehrwagen in der Regel in der Weise behandelt, daß man sie beim Zerlegen des eingelaufenen Zuges nach Richtungen bunt in ein besonderes, hierfür nahe den Gleisanlagen der entgegengesetzten Hauptrichtung vorgesehenes Richtungsgleis (Übergabegleis) laufen läßt, sie dann geschlossen über eines der in der Mitte auf die ganze Bahnhofslänge vorhandenen Durchlaufgleise in eines der Einfahrgleise der entgegengesetzten Bahnhofseite überführt und nun dort so behandelt, als bildeten sie einen in dieser entgegengesetzten Hauptrichtung eingelaufenen Zug. Die Behandlung der Umkehrwagen bedingt hiernach, abgesehen von der Überführungsfahrt, ein zweimaliges Ordnen nach Richtungen und damit eine Mehrbelastung des V. an den, wie weiterhin gezeigt wird, für seine Leistungsfähigkeit empfindlichsten Stellen. Wo ein zweiseitiger V. an einem Bahnknotenpunkt angelegt wird, also seine beiden Hauptrichtungen nicht ohne weiteres durch den Verlauf nur einer Bahnlinie gegeben sind, wird man daher bestrebt sein, durch Wahl der Einführungsrichtungen der Anschlüsse von den verschiedenen Bahnzweigen, soweit die geographischen Richtungen der Bahnlinien, die Geländegestaltung und die Bebauung dies gestatten, dafür zu sorgen, daß je nach den gegenseitigen Verkehrsbeziehungen der Bahnlinien die Zahl der Umkehrwagen möglichst klein wird.
Ein zweiseitiger Bahnhof der Anordnung II Taf. (II, Abb. 3 oder 4) läßt sicht nicht unter Ausnutzung etwa vorhandener Bahnneigung in durchgehendem Gefälle anlegen, weil dieses nur für die eine Hauptrichtung passen, für die andere entgegengesetzt dem Verschiebebetrieb verlaufen würde. Ein solcher Bahnhof wird daher regelmäßig mit Ablaufbergen (Eselsrücken) ausgestattet, wie auch in Taf. II, Abb. 3 u. 4 angedeutet. Will man gleichwohl die vorhandene Neigung einer Bahnlinie zur Anlage eines zweiseitigen Bahnhofs ausnutzen, so kommt man dahin, nach Taf. II, Abb. 5 oder 6 die Gleisgruppen beider Seiten in der Richtung des vorhandenen Gefälles, also in derselben Richtung einander folgen zu lassen und zu betreiben (Anordnung III). Die Züge derjenigen Hauptrichtung, für die die Bahnlinie steigt (in Taf. II, Abb. 5 u. 6 von N nach M), werden hiernach entgegengesetzt der Fahrrichtung verschoben. Dadurch wird der Weg der Wagen dieser Züge, sofern sie nicht Umkehrwagen sind, durch die Behandlung im V. durchschnittlich um den doppelten Abstand der Schwerpunkte der betreffenden Einfahrgruppe und Ausfahrgruppe verlängert. Das Umsetzen der Umkehrwagen aus dem Übergabegleis in ein Einfahrgleis der andern Bahnhofseite bedingt hier nur ein Zurückziehen um nicht viel mehr als Zuglänge. Ein zweiseitiger, in einer Richtung entwickelter Bahnhof gestattet aber unter Umständen, eine doppelte Behandlung der Wagen überhaupt zu vermeiden. Wenn man, wie in Taf. II, Abb. 5 u. 6 angedeutet, an der Ablaufstelle des Richtungsordnens[128] kreuzweise Verbindungen zwischen beiden Bahnhofseiten anordnet, kann man aus jeder der beiden Einfahrgleisgruppen die Umkehrwagen unmittelbar in die Richtungsgruppe der andern Bahnhofseite ablaufen lassen. Dies erfordert allerdings, daß dann auf der andern Bahnhofseite das Verschiebegeschäft zeitweilig unterbrochen wird. Der Ersparnis an Verschiebebewegungen steht daher eine Verminderung der Leistung der Ablaufstellen für das Richtungsordnen durch die Betriebsunterbrechungen gegenüber, so daß eine derartige gemischte Benutzung eines solchen Bahnhofs im allgemeinen sich nur empfiehlt, wenn die Zahl der Umkehrwagen verhältnismäßig gering ist. Es sei schließlich noch bemerkt, daß man bisweilen aus besonderen Gründen einen zweiseitigen, in einer Richtung entwickelten Bahnhof auch da angewendet hat, wo die Anordnung durchgehenden Gefälles nicht in Frage kam und man den Bahnhof mit Ablaufbergen ausgerüstet hat (wie in Taf. II, Abb. 5 u. 6 gestrichelt angedeutet ist).
Betreibt man einen Bahnhof der Anordnung III grundsätzlich so, daß gleichzeitig immer nur ein Zug zerlegt wird, die sämtlichen Einfahrgleise also als eine gemeinsame Gruppe für den ganzen Bahnhof behandelt werden, an die sich 2 oder mehr Richtungsgruppen mit folgenden Stations- u.s.w. Gruppen anschließen, so entsteht aus der Anordnung III die Anordnung IV (Taf. II, Abb. 7), der einseitig angelegte Bahnhof für 2 oder mehrere Richtungen. Rückläufig werdende Wagen gibt es in solchem Bahnhof nicht. Dagegen werden hier in der Regel mindestens für einen Teil der angeschlossenen Bahnlinien durch die Bahnanschlüsse Umwege aller Wagen bedingt. Die Form IV kann mit der Form III in der Gleisanordnung vollständig übereinstimmen. Der ausschlaggebende Unterschied liegt lediglich in der Benutzungsweise.
Die Grundformen IIV sind unter der Voraussetzung aufgestellt, daß die Züge außer nach Richtungen noch nach Stationen oder Ladestellen zu ordnen sind, wodurch sich jedesmal die 4 hintereinandergeschalteten Gleisgruppen ergeben. Sind auf einem Bahnhof oder auf einer Seite eines zweiseitigen Bahnhofs nur Fernzüge zu bilden, so fällt nicht nur die Stationsgruppe, sondern auch die besondere Ausfahrgruppe fort, da man dann die Züge sogleich aus den Richtungsgleisen ausfahren lassen kann, die Richtungsgleise also zugleich Ausfahrgleise sind. Beispielsweise nimmt ein zweiseitiger Bahnhof, auf dem dies für beide Hauptrichtungen gilt, die Form nach Taf. II Abb. 8 an. Wo, wie dies sehr häufig der Fall ist, ein Teil der Züge nicht nach Stationen geordnet zu werden braucht, sieht man zweckmäßig wenigstens für einen Teil der Richtungsgleise eine unmittelbare Ausfahrgelegenheit vor, wie dies in Taf. II, Abb. 9 für eine Seite eines zweiseitigen Bahnhofs angedeutet ist.
Die Grundformen IIV sind ferner unter den beiden Voraussetzungen aufgestellt, daß die ankommenden Züge unmittelbar in die Zerlegungsgleise einfahren (bzw. daß die Einfahrgleise zugleich als Zerlegungsgleise dienen) und daß die 4 Gleisgruppen der Einfahrgleise, Richtungsgleise, Stationsgleise, Ausfahrgleise in einer Richtung hintereinandergeschaltet sind. Beides ist häufig wegen beschränkter Länge oder auch wegen der örtlichen Lage oder der Höhenlage der Gleisanschlüsse für Zugeinlauf oder Zugauslauf oder aus mehreren dieser Gründe zugleich nicht ausführbar. Aber auch Zweckmäßigkeitsgründe können gegen die Hintereinanderschaltung der Gleisgruppen sprechen. Insbesondere hat bei einem durchweg mit Ablaufbergen betriebenen Bahnhof die Hintereinanderschaltung aller 4 Gleisgruppen den bereits oben erwähnten Nachteil: Das Abdrücken der in einem Richtungsgleis stehenden Wagen über den Ablaufberg in die Stationsgruppe hinein bedingt für das Einfahren der Abdrücklokomotive und für die erste Zeit des Abdrückens eine Unterbrechung des Richtungsordnens, setzt daher die Leistung des ganzen Bahnhofs empfindlich herab.
Deshalb sind zwar die bisher mit durchgehendem Gefälle erbauten Bahnhöfe in der Regel mit Hintereinanderschaltung aller Gleisgruppen angelegt, aber nur wenige von den viel zahlreicheren, durchweg mit Ablaufbergen ausgestatteten Bahnhöfen. Wo von einem Bahnhof eine besonders große Leistung zu verlangen war, hat man häufig die Stationsgruppe (oder auch 2 solche) seitwärts gelegt, derart, daß zum Stationsordnen der Wageninhalt eines Richtungsgleises mittels Ausziehgleises nach unten hin ausgezogen und dann in entgegengesetzter Richtung über einen Ablaufberg in die Stationsgruppe abgedrückt wird. Von den verschiedenen möglichen Anordnungen verdienen besonders die, jedesmal für eine Bahnhofseite, in Taf. II, Abb. 10 (Brockau) und 11 (Mannheim) schematisch dargestellten Beachtung. Letztere hat namentlich dann, wenn die Stationsgleise im Gefälle angelegt werden, den Vorteil, daß die nach Stationen geordneten Wagen selbsttätig mit geringem Zeitaufwand in das Zusammenstellungsgleis Z2 zum fertigen Zug zusammenlaufen, der dann von hier neben der Stationsgruppe vorbei in eines der Ausfahrgleise vorgezogen werden kann, während inzwischen[129] das Ordnen eines neuen Zuges nach Stationen beginnt.
Eine seitliche Anordnung der Einfahrgleise (Tafel II, Abb. 12) spart nicht an Länge des eigentlichen Bahnhofs, bedingt Überführungsfahrten aus den Einfahrgleisen in die dann als besondere Gruppe vorzusehenden Zerlegungsgleise und hierbei ferner Störungen in den Zugeinfahrten und in dem Ordnen nach Richtungen. Man wird nur da, wo die Lage- und Neigungsverhältnisse der Bahnstrecken dazu zwingen, solche Anordnung wählen.
Die verschiedensten, sonst zur Längenersparnis möglichen Anordnungen, die bei knappster Länge zum Nebeneinanderlegen aller 4 Gruppen führen können, sind ausführlich von Oder im Hb. d. Ing. W. (s. Literatur) behandelt. Hier seien nur noch zwei besonders bemerkenswerte Anordnungen besprochen.
Man hat auch vorgeschlagen, V. ohne Stationsgleise derart anzuordnen, daß nach Taf. II, Abb. 13 das Ordnen nach Stationen mittels Ausziehgleises und besonderen Ablaufberges in die hinteren Enden der zu diesem Behuf länger gemachten Richtungsgleise erfolgt. Die geordneten Wagen werden dann ausgezogen und in eines der neben den Richtungsgleisen angeordneten Ausfahrgleise umgesetzt. Diese Anordnung würde bedeutend an Länge der Anlage, auch an Gleislänge und Weichen sowie an Bedienungs- und Beleuchtungskosten sparen, aber jedenfalls nur eine erheblich verringerte Leistung gestatten.
Die Anordnung in Kopfform (Taf. II, Abb. 14, Magdeburg-Rothensee) kann da angezeigt sein, wo sich aus der Örtlichkeit eine Längsrichtung des V. quer zu der Hauptbahnlinie ergibt, zumal wenn für den Bahnhof in dieser Lage geringe Länge und große Breite zur Verfügung steht. Solcher Bahnhof kann einseitig oder zweiseitig betrieben werden. Doch ergeben sich bei zweiseitigem Betrieb, abgesehen von der besonderen Behandlung der Umkehrwagen, Überkreuzungen beim Ausziehen aus den Richtungsgleisen in die zum Stationsordnen dienenden Ausziehgleise (Zerlegungsgleise).
Welche der Anordnungen zu wählen ist, hängt von der Zahl der Bahnlinien, dem Verkehrsumfang, der Verkehrsgestaltung, den Geländeverhältnissen u.s.w. ab. In der Mehrzahl der Fälle werden die Bahnhöfe mit Ablaufbergen angelegt, weil das durchgehende Gefälle bei ungeeigneter Geländegestaltung große Anlagekosten erfordert.
IV. Lage zu den Bahnlinien. Ein V. an einer durchgehenden Bahn wird in der Regel die Lage nach Taf. II, Abb. 3 oder 4 erhalten, in Ausnahmefällen nach Taf. II, Abb. 14 (Kopfform). Ähnlich (Taf. II, Abb. 3 oder 4) ist die Anordnung in der Regel bei einer mit Kopfbahnhof endigenden Bahn; nur fällt hier der Anschluß an die Hauptgleise an dem nach dem Kopfbahnhof gerichteten Ende fort, an das meist der Ortsgüterbahnhof angeschlossen ist. Für 2 Bahnen sind verschiedene Fälle für Kreuzungs- und Trennungsbahnhöfe in Durchgangs- und Kopfform im Artikel Bahnhöfe behandelt (s.d. und auch Cauer, Personenbahnhöfe, S. 101 ff.). Bisweilen gibt man einem V., um für seine Anlage ein möglichst geeignetes und nicht zu teures Gelände zu gewinnen, eine von der Führung der Bahnlinien unabhängige und entfernte Lage. Soweit man in der Führung der in solchem Fall erforderlichen besonderen, von den Bahnlinien abzweigenden Güterzuführungsbahnen Freiheit hat, empfiehlt es sich, dafür zu sorgen, daß Kreuzungen der Ein- und Ausfahrten miteinander und mit wichtigen Verschiebevorgängen tunlichst vermieden werden und daß bei zweiseitigen Bahnhöfen die Linienanschlüsse so eingeführt werden, daß die Ein- und Ausfahrt der Züge in der Verschieberichtung erfolgt und daß Umkehrwagen in möglichst geringer Zahl vorkommen. Wo dies bei größerer Zahl der Bahnlinien und verschiedensten lebhaften Verkehrsbeziehungen nicht ausführbar sein würde, kann die Rücksicht auf die Vermeidung zahlreicher Umkehrwagen für die Wahl eines einseitigen Bahnhofsystems den Ausschlag geben.
Bei einem einseitigen Bahnhof ist es gleichfalls erwünscht, daß die Ausfahrt der Züge in der Verschieberichtung erfolgt. Wenn die Einfahrt der Züge entgegen der Verschieberichtung stattfindet, ist dies hier für ununterbrochenen Verschiebebetrieb nahezu unschädlich, wenn die Züge abwechselnd von beiden Seiten einlaufen (Nürnberg, s.u.). Der großartig angelegte einseitige Bahnhof Basel der badischen Staatsbahnen (mit Ablaufbergbetrieb) zeigt für alle Zugein- und -ausfahrten Anschlüsse in der Verschieberichtung.
V. Beispiele ausgeführter V.
1. Bahnhof Kalk-Nord. Der V. Kalk-Nord (s. Abb. 1 auf Taf. III nach Eis. T.d.G. II, 3) ist ein Bahnhof der Anordnung II, d.h. zweiseitig mit Ablaufbergbetrieb in seinen beiden Hauptrichtungen Nord-Süd und Süd-Nord. Beiderseits sind nur die Einfahr- und Richtungsgleise, diese zugleich als Ausfahrgleise dienend, hintereinander geschaltet, während die Stationsgruppe jedesmal (wie nach Taf. II, Abb. 10) als büschelförmige Gruppe neben die Richtungsgleisgruppe gelegt ist und mit besonderem, an diese anschließendem Ausziehgleis über einen [130] Ablaufberg in entgegengesetzter Richtung betrieben wird. Zwischen die beiden, den Bahnhof zwischen den Hauptrichtungen durchschneidenden, Durchlaufgleise (Verkehrsgleise) ist zweckmäßig eine große Umladeanlage gelegt, für deren Speisung mit Umladewagen beide Richtungsgruppen besondere Gleise enthalten, aus denen die Umladewagen mittels einfacher Sägebewegung an die Umladebühne gesetzt werden können. Die an der Umladebühne nach den erforderlichen Zwischenbewegungen erledigten Wagen können nach den vorhandenen Gleisverbindungen entweder unmittelbar als Züge ausfahren oder mit einfacher Ausziehbewegung in die Einfahrgleise der Hauptrichtung gelangen, in der sie abzugehen haben. In ungünstiger Weise dagegen ist die Lokomotiv- und Bekohlungsanlage nebst Betriebswerkstätte wegen Platzmangels nicht, wie die Umladeanlage, in die Mitte gelegt, sondern außerhalb nach Südwesten, so daß die Lokomotivfahrten die Ausfahrten nach Süden in Schienenhöhe überkreuzen. Zu beachten sind die Gleise für Umkehrwagen (Rückläufer), der Anschluß des Ortsgüterverkehrs, ein an der Ostseite durchgeführtes Gleispaar für durchgehende Güterzüge sowie die Ausrüstung des Bahnhofs mit Dienstgebäude, Stellwerken, Aufenthaltsgebäuden, Übernachtungsgebäude u.s.w. (Näheres s. Organ 1911).
2. Bahnhof Straßhof. Der V. Straßhof, an der österreichischen Nordbahn etwa 24 km von Wien zwischen den Stationen Wagram und Gänserndorf gelegen, ist, wie der vorbeschriebene ein Bahnhof der Anordnung II. Die den beiden Hauptrichtungen dienenden Gleisanlagen liegen aber hier (siehe Taf. II, Abb. 17) beiderseits der Hauptgleise, durch diese getrennt, entsprechen also derjenigen Sonderlösung der Anordnung II, die oben als in der Regel nicht zweckmäßig bezeichnet wurde. Diese Lösung war gleichwohl im vorliegenden Falle durch die eigenartigen Betriebsaufgaben dieses Bahnhofs bedingt. Der zur Entlastung der durch gewachsenen Verkehr unzureichend gewordenen Anlagen in Wien angelegte Bahnhof dient in seinem westlichen Teile dazu, die in der Richtung von Wien mit den Wagen von dort bzw. von der Wiener Verbindungs- und Donauuferbahn sowie von den Zwischenstationen Floridsdorf, Süßenbrunn und Wagram bunt eintreffenden Züge zu geordneten Zügen nach Norden umzubilden. Die in Taf. II, Abb. 17 ohne die während des Krieges vorgenommenen Erweiterungen dargestellte zweiseitige Anlage des V. Straßhof weist hier nur die beiden Hauptgruppen der Einfahrgleise und der zugleich als Ausfahrgleise dienenden Richtungsgleise mit zwischenliegendem Ablaufberge auf. Zum Feinordnen, soweit erforderlich, wird das am Nordende des westlichen Bahnhofsteils angeordnete Ausziehgleis benutzt. Das am Südende dieses Bahnhofsteils befindliche Ausziehgleis dient zum Herausholen solcher Wagen aus den eingetroffenen Zügen, die aus irgend einem Grund nicht zum Ablauf gebracht werden dürfen.
Im wesentlichen ebenso ist für das Ordnen der von Norden bunt eintreffenden Züge nach den Entladeplätzen in Wien, nach Übergang Wien u.s.w. der östliche Teil der Bahnhofsanlage eingerichtet. Um bei Überlastung der Wiener Ladeanlagen Wagen aufspeichern zu können, ist hier neben den Einfahrgleisen noch eine besondere Gleisgruppe vorgesehen.
Der Verkehr spielt sich hiernach auf jeder der beiden Bahnhofseiten im wesentlichen unabhängig von der anderen ab. Umkehrwagen kommen in der Regel nicht vor. Ortsgüterverkehr fehlt. Die Lokomotive jedes angekommenen Zuges fährt über das betreffende Lokomotivgleis (s. Taf. II, Abb. 17) nach vorn, um sogleich einen geordneten Zug derselben Richtung zu übernehmen. Nur die Verschiebelokomotiven haben bei ihrem Wege zu und von dem Schuppen die Hauptgleise zu überkreuzen. So erscheint die oben als Regelform verworfene Anordnung in anbetracht ihrer Einfachheit und Billigkeit für die besonderen hier vorliegenden Verhältnisse wohl geeignet.
3. Bahnhof Hausbergen (Straßburg). Der V. Hausbergen (s. die Skizze Taf. II, Abb. 18 nach Ztschr. f. Bw. 1908) ist ein Bahnhof der Form III, d.h. ein zweiseitiger Bahnhof, auf dem die Wagen beider Hauptrichtungen in derselben Richtung, also die der einen (Süd-Nord) entgegen ihrer Verkehrsrichtung rangiert werden. Diese Anordnung hat man deshalb getroffen, weil die Zahl der von Süden in den Bahnhof eingeführten Linien diejenige der von Norden eingeführten beträchtlich überwiegt, insbesondere auch der Güteranschluß der geographisch von Norden kommenden Lauterburger Linie von Süden her in den Bahnhof eingeführt ist, so daß der Bahnhof seinen Hauptrichtungen nach einen starken Eckverkehr von Süden nach Süden aufweist. Beiderseits sind in dem über 4 km langen, mit Ablaufbergen betriebenen Bahnhof die 4 Hauptgruppen der Einfahrgleise, Richtungsgleise, Stationsgleise, Ausfahrgleise hintereinander geschaltet. Eine Besonderheit weist die Fürsorge für den Eckverkehr (Umkehrwagen) Süd-Süd auf (s. Taf. II, Abb. 18): an die Einfahrgruppe von Süden schließt sich außer der Richtungsgruppe nach Norden noch eine zweite Richtungsgruppe nach Süden an, die sich neben[131] die Richtungsgruppe Nord-Süd legt und mit ihr gemeinsam in die Stationsgruppe nach Süden mündet. So können die Umkehrwagen Süd-Süd gleich beim ersten Ablaufen endgültig und ohne Unterbrechung des Richtungsordnens Nord-Süd nach Richtungen geordnet werden und es werden besondere Überführungsfahrten für sie entbehrlich. Allerdings bedingt diese Anordnung eine beträchtliche Vermehrung der Richtungsgleise. Bemerkenswert sind die den Bahnhof umschließenden durchlaufenden Hauptgütergleise für solche Züge, die den Bahnhof nicht zu berühren brauchen, und die fast völlige Vermeidung von schienengleichen Kreuzungen für die Ein- und Ausfahrten, auch die gute Vorsorge für Lokomotivfahrten von und zu den Zügen. Insbesondere können trotz einseitiger Lage des Lokomotivschuppens nebst Zubehör und Packwagengleise die Lokomotiven nebst Packwagen auch zu den Zügen nach Norden mittels Unterführung zwischen Stations- und Ausfahrgruppe vor ihre Züge gelangen, ohne den Verschiebebetrieb zu stören. Beim Richtungsordnen wird gleich eine Trennung nach Unterstrecken und größeren Stationen vorgenommen, so daß das eigentliche Stationsordnen vermindert und ein Zug in der Regel aus mehreren Richtungsgleisen gebildet wird.
4. V. Nürnberg. Der Bahnhof Nürnberg (Taf. II, Abb. 19, nach Lueger, Lexikon der gesamten Technik, Bd. VIII, S. 773) ist (Form IV) ein einseitiger Bahnhof für mehrere Richtungen, in durchgehendem Gefälle angelegt, mit Hintereinanderschaltung der 4 Hauptgleisgruppen. Von der einen Gleisgruppe der Einfahrgleise findet beim ersten Ablauf sogleich eine Trennung in 2 den Hauptrichtungen Osten und Westen entsprechende Richtungsgleisgruppen statt, außerdem eine Trennung nach Umladebühne, Hinterstellgleisen (Vorratsgleisen) für leere Wagen, Industrieanschlüssen u.s.w. Die Zweiteilung nach den beiden Hauptrichtungen setzt sich dann in den Stationsgruppen und Ausfahrgruppen fort. Da der fast 5 km lange Bahnhof in seiner Gefälle- bzw. Verschieberichtung von Osten nach Westen verläuft, so müssen die von Westen einfahrenden Züge an seiner Südseite vorbei bis zu den am Ostende befindlichen Einfahrgleisen gelangen und die nach Osten ausfahrenden Züge ebenso, von seinem Westende ausgehend, den Bahnhof an seiner Südseite umfahren. Daß die Einfahrten von Westen und Osten in die Einfahrgleise (Zerlegungsgleise) von der Südseite und Nordseite einmünden, hat den Vorteil, daß man gleichzeitig mit Einfahrten auf der Südseite aus den nördlichen Zerlegungsgleisen Züge ablaufen lassen kann, ebenso mit Einfahrten auf der Nordseite Züge aus den südlichen Zerlegungsgleisen. Man kann also bei geschicktem Abwechseln ohne wesentliche Unterbrechung den Verschiebebetrieb aufrecht erhalten, was bei Einmündung der Einlaufe nur von einer Seite nicht möglich wäre. Ein die Einfahrgleise fortsetzendes Ausziehgleis von mehr als Zuglänge gibt ferner die Möglichkeit, eingelaufene Züge, um Unterbrechungen des Ablaufbetriebs zu verhüten, von der einen zur andern Seite umzusetzen. Ferner kann dies Gleis, um die Leistungsfähigkeit des Bahnhofs zu erhöhen, zu einer Vorzerlegung der Züge nach den beiden Hauptrichtungen benutzt werden, so daß dann an der Hauptablaufstelle gleichzeitig für beide Hauptrichtungen nach Richtungen geordnet werden könnte. Die an der Hauptablaufstelle angedeuteten Ablaufrücken sind nachträglich eingeschaltet, weil die ursprüngliche Neigung sich als zu schwach für rasches Vorauslaufen der entkuppelten Wagen oder Rangiergänge gezeigt hatte. Nach der südlich angelegten Lokomotivanlage gelangen die Lokomotiven der eingelaufenen Züge auf besonderem Gleis kreuzungsfrei, von ihr mit bequemer Verbindung zu den zur Ausfahrt bereiten Zügen. Die Packwagen werden nicht von den Lokomotiven mitgenommen, sondern laufen mit ab und gelangen aus den in der Mitte zwischen den beiden Stationsgruppen liegenden Packwagengleisen mit Gefälle zu den in den Ausfahrgleisen zusammenlaufenden Zügen. Erwähnt sei noch ein neben den beiden Ausfahrverbindungen nach Osten angeordnetes durchgehendes Gleis von Osten, auf dem zusammen mit dem zunächst benachbarten Gleis nach Osten Personalzüge nach und von Dutzendteich, Nürnberg Hauptbahnhof verkehren.
VI. Durchbildung und Leistungsfähigkeit der Bestandteile eines V.
1. Die 4 hauptsächlichen Gleisgruppen. Die Gesamtleistung eines V. hängt davon ab, wie viele Wagen an der Hauptablaufstelle (des Richtungsordnens) beim einseitigen Bahnhof bzw. an den beiden Hauptablaufstellen beim zweiseitigen Bahnhof (hier unter Berücksichtigung des Abzugs für Umkehrwagen) in der Zeiteinheit durchschnittlich zum Ablauf gelangen, weil die zweite Behandlung durch das Stationsordnen sich in der Regel nur auf einen Teil der Wagen zu erstrecken pflegt und es ferner möglich ist, durch Vermehrung der Stationsgleisgruppen jeden Verkehr zu bewältigen, der durch den engen eingleisigen1[132] Hals der Hauptablaufstelle hindurchgekommen ist. Die Leistung der Hauptablaufstelle hängt hiernach ab einmal von der möglichen Ablaufgeschwindigkeit bei einem einzelnen Zug und ferner von den im Verschiebebetrieb unvermeidlichen Pausen. Bei einem Ablaufberg richtet sich die anwendbare Abdrückgeschwindigkeit außer nach dem (möglichst starken) Anfangsgefälle (unbedenklich 1 : 25) und einem möglichst kleinen Ausrundungshalbmesser des Gefällbrechpunktes an der Ablaufstelle (unbedenklich R = 100 m) nach der Weichenentwicklung, die, wenn ausführbar, schon im ersten Steilgefälle beginnen und durch büschelförmige Gestaltung der Verzweigungen die Wege zu den einzelnen Richtungsgleisen möglichst schnell auseinanderführen soll. Denn je kürzer die Strecken sind, auf denen Wagen, zwischen denen Weichen umgestellt werden müssen, denselben Weg verfolgen, also bei verschiedenem Laufwiderstand sich fangen können, desto schneller kann man den Verschiebezug abdrücken. Auf Bahnhöfen durchgehenden Gefälles dürfte man an der Hauptablaufstelle, wo man bisher, wenn überhaupt, nur eine mäßige Verstärkung des sonstigen Gefälles angewendet hat, zweckmäßig, wenn auch auf eine ganz kurze Strecke, ein ebenso starkes Gefälle anwenden wie bei Ablaufbergen, um die ablaufenden Wagen oder Rangiergänge schnell auseinander zu bekommen. Beim Ablauf einzelner Wagen dürfte sowohl bei Ablaufbergen wie bei durchgehendem Gefälle und zweckmäßiger Anlage ein Zug von 50 Wagen in etwa 7∙5 Min. zerlegbar sein, was einer Abdrück- bzw. Abrollgeschwindigkeit von etwa 3∙6 km/Std. oder 1 m/Sek. entspricht. Bei aus mehreren Wagen bestehenden Rangiergängen wird die Abdrückgeschwindigkeit bzw. Abrollgeschwindigkeit erhöht, wobei das durchgehende Gefälle, da hier nur die Bremsen gelockert zu werden brauchen, im Vorteil sein dürfte.
Zwischenpausen entstehen bei Ablaufbergen für das Beiseitefahren der Abdrücklokomotive (falls nicht 2 vorhanden, auch durch ihre Rückkehr an das hintere Ende des nächsten abzudrückenden Zuges), für die Beseitigung von Zuglokomotive und Packwagen, für die Beseitigung von Fehlläufern, für das gelegentliche Zusammendrücken von Wagen in den Richtungsgleisen. Schließt die Stationsgruppe als Fortsetzung an die Richtungsgruppe an, so bedingt dies, wie oben erwähnt, weitere erhebliche Unterbrechungen des Richtungsordnens. Bei durchgehendem Gefälle können alle diese Pausen fortfallen; die Leistung ist also nicht unwesentlich größer. Ein gut angelegter zweiseitiger Bahnhof mit Ablaufbergen wird allerdings, wenn die Zahl der Umkehrwagen nicht sehr groß ist, mehr leisten als ein einseitiger Bahnhof mit durchgehendem Gefälle. Über die mögliche Gesamtleistung eines Bahnhofs gehen die Ansichten auseinander. Sie hängt auch wesentlich von dem mehr oder weniger gleichmäßigen Zulauf der Züge ab, der selten gestatten wird, eine Betriebszeit von vielleicht 20 Stunden (4 Stunden für Gleisunterhaltung) gleichmäßig durchzuarbeiten. Wenn die größte Stundenleistung bei einem Ablaufberg vielleicht 300 Wagen, bei einer Anlage im durchgehenden Gefälle etwa 400 Wagen betragen mag, so wird man in 20 Stunden bei einem Ablaufberg kaum über 5000, bei einer Gefälleanlage kaum über 7000 Wagen hinauskommen. Auf den bestehenden Bahnhöfen sind solche Leistungen allerdings noch nicht erreicht (vgl. wegen der Neigungs- und Geschwindigkeitsverhältnisse die Veröffentlichungen von O. Blum, Ammann, Cauer; s. Literatur). Zwischen dem Einlauf- und Auslaufende eines Bahnhofs in durchgehendem Gefälle ergibt sich regelmäßig ein beträchtlicher Höhenunterschied. So liegt bei Dresden-Friedrichstadt die Ablaufstelle rd. 13 m über den Ein- und Ausfahrgleisen. Bei einem Bahnhof mit Ablaufbergen kann, wenn die Ablaufhöhen ganz durch Rückenbildung hergestellt werden, ein Höhenunterschied zwischen Ein- und Auslaufende vermieden werden. Bisweilen hat man dies dadurch erreicht, daß man die Gruppengleise ganz wagrecht oder sogar teilweise in Gegenneigung verlegt hat, was verwerflich ist. Aber auch hohe Gegenneigungen der Ablaufberge wirken überall da, wo längere Rangiergänge häufig vorkommen, ungünstig, weil sie den Übergang zu größerer Abdrückgeschwindigkeit verzögern und den Ablauf der Wagengruppen hemmen. So ergibt sich auch beim Bahnhof mit Ablaufbergen zweckmäßig ein Höhenunterschied zwischen Ein- und Auslaufende, d.h. ein stufenförmiger Längenschnitt (Taf. II, Abb. 15). Der hierdurch bei zweiseitigen Bahnhöfen an jedem Ende sich ergebende Höhenunterschied zwischen den Einfahrgleisen der einen und den Ausfahrgleisen der andern Seite kann nach A. Blum (s. Literatur) bisweilen vorteilhaft zur Herstellung der zwischen den verschiedenen Bahnanschlüssen erforderlichen Gleisüberwerfungen benutzt werden.
Die erforderliche Anzahl der Einfahrgleise ergibt sich durch ein einfaches, die Zugeinläufe nach dem Fahrplan und die Ablaufzeiten der Verschiebezüge darstellendes zeichnerisches Verfahren.[133] Dienen die Einfahrgleise nicht zugleich als Zerlegungsgleise, so ist das Verfahren unter Berücksichtigung der Überführungsfahrten sinngemäß zu ergänzen. Für den Gleisbedarf der übrigen Gleisgruppen hat Helm (s. Literatur) ein zuverlässiges Verfahren angegeben, das im Grund darauf beruht, daß er die Wagen von ihrem Einlauf in die Richtungsgleise ab als neugebildete Züge behandelt und diese in ihrer Vervollständigung und Ordnung und in ihrem gemäß Fahrplan erfolgenden Abgang zeitlich in einer übersichtlichen zeichnerischen Darstellung verfolgt. Durch dieses Verfahren läßt sich auch in jedem Fall entscheiden, ob an eine Richtungsgruppe eine Stationsgruppe oder 2 nebeneinander anzuschließen sind.
Man hat wiederholt auch vorgeschlagen, zur Ersparnis an Gleislängen 2 Stationsgruppen hintereinander zu schalten, so daß man durch Ordnen der Wagen eines Zuges in beiden Gruppen nacheinander in der Lage ist, nach so vielen Stationen zu ordnen, wie dem Produkt aus den Gleisanzahlen der beiden Gruppen entspricht, z.B. in dem in Taf. II, Abb. 16 angedeuteten Fall nach 4 × 5 oder 20 Stationen. Wo man solche Gruppen tatsächlich angewendet hat, so auf den Gefällebahnhöfen Edgehill und Dresden, werden sie nicht in der beabsichtigten Weise benutzt. Sie bedeuten eine unerwünschte Verlängerung des Bahnhofs und eine Verumständlichung des Verschiebebetriebs. Bei Abschubbahnhöfen werden wegen erforderlichen Zwischenbaues eines weiteren Ablaufberges die mit Hintereinanderschaltung der Gleisgruppen verbundenen Übelstände (s.o.) vermehrt. Die Anordnung dürfte daher für Neuanlagen nicht mehr in Betracht kommen. Ähnlich ist es mit der Zwischenschaltung einer sog. Korrektionsharfe zwischen Stationsgruppe und Ausfahrgruppe, wie man solche auf Gefällebahnhöfen, z.B. Nürnberg (s. Taf. II, Abb. 19), angeordnet hat, um Falschläufer beiseite setzen und demnächst an richtiger Stelle einschalten zu können. Da man den in einem Ausfahrgleis in Bildung begriffenen Zug zur Ersparnis von Personal und um ihn in der Hand zu behalten, zweckmäßig immer nur so weit herabrollen läßt, daß seine obere Spitze in die Stationsgruppe bis an diejenige Weiche hinaufreicht, aus der die nächste Wagengruppe abzurollen hat, so wirkt die zwischengeschaltete Korrektionsharfe nur störend, wird übrigens auch in Nürnberg nicht benutzt. Es empfiehlt sich, statt dessen der Stationsgruppe ein Gleis mehr als sonst erforderlich zu geben und in dieses die beim Richtungsordnen falsch gelaufenen Wagen hineinlaufen zu lassen.
Die nutzbare Länge der Einfahrgleise, Ausfahrgleise und Richtungsgleise ist in der Regel größer als die Zuglänge. Die nutzbare Länge der Stationsgleise richtet sich nach den Stärken des Verkehrsanfalls und pflegt 100200 m zu betragen.
2. Umfahrgleise und Durchlaufgleise. Damit ohne Veränderung durchlaufende Güterzüge nicht durch die Weichenentwicklungen des V. durchgeleitet zu werden brauchen, wobei sie zugleich ohne Not den Bahnhof belasten würden, empfiehlt es sich, für solche Züge Hauptgütergleise (Umfahrgleise) am V. vorbei bzw. um ihn herumzuführen (vgl. die Pläne von Kalk-Nord und Hausbergen), bei Vorhandensein mehrerer Bahnen unter Umständen mehrere solche Verbindungen vorzusehen. Liegt ein V. nur an einer durchgehenden Bahn, auf deren Hauptgleisen durchgehende Güterzüge ohne Nachteil verbleiben können, so lassen sich natürlich solche Umfahrgleise entbehren.
Durchlaufgleise (s.d.) sollten auf jedem V. unter möglichster Vermeidung der Kreuzung von wichtigen Verschiebevorgängen reichlich vorgesehen werden, namentlich zum Verkehr der Lokomotiven nebst Packwagen von den angekommenen Zügen zum Lokomotivschuppen und von diesem zu den zum Abgang bestimmten Zügen, zum Verkehr der Abdrück- oder sonstigen Verschiebelokomotiven, zum Umsetzen der Umkehrwagen und Reparaturwagen, der Bedienung einer etwaigen Umladebühne und etwaiger angeschlossener Ortsgüteranlagen u.s.w. Bei zweiseitigen Bahnhöfen sollte man stets in der Mitte 2 Durchlaufgleise durchführen, an die der Lokomotivschuppen und andere Anlagen zweckmäßig angeschlossen werden und die an allen erwünschten Stellen Seitenverbindungen erhalten. Jeder Ablaufberg erhält zweckmäßig ein mit den Hauptdurchlaufgleisen in Verbindung stehendes, ihn umgehendes Durchlaufgleis.
3. Lokomotivanlage und Packwagengleise. Der Lokomotivschuppen nebst Bekohlungsanlage u.s.w. liegt auf einem zweiseitigen Bahnhof am besten in der Mitte zwischen den den beiden Hauptrichtungen dienenden Gleisanlagen mit Anschluß seiner Zufahrten an die in der Bahnhofsmitte anzulegenden Durchlaufgleise (s.o.), u. zw. in der Regel nicht in der Mitte der Bahnhofslänge, wo in den Richtungsgleisen der Breitenbedarf beiderseits am größten ist, sondern nach einem der beiden Bahnhofsenden zu, d.h. zwischen den Einfahrgleisen der einen und den Ausfahrgleisen der andern Seite. Sofern die verfügbaren Geländebreiten oder sonstige örtliche Umstände nicht ausschlaggebend sind, wird man den Lokomotivschuppen[134] gern nach demjenigen Ende zuschieben, von und nach dem hauptsächlich Lokomotiven mit Zwischenaufenthalt im Schuppen kehren. Bei einseitigen Bahnhöfen und wo bei zweiseitiger Anlage die Geländebreite für eine leistungsfähige Anlage zwischen den beiden Seiten nicht ausreicht, muß man eine seitliche Lage wählen, wird aber dann darauf Bedacht zu nehmen haben, Kreuzungen von Hauptgleisen oder von wichtigen Verschiebevorgängen durch Lokomotivfahrten mittels schienenfreier Unter- oder Überführung der Lokomotivgleise zu vermeiden. Das Beispiel von Hausbergen (s.o.) zeigt, daß man solchen Gleisen unbedenklich Neigungen bis 1 : 30 geben kann.
Für Lokomotivschuppen in Zwischenlage empfiehlt sich am meisten die Rechteckform mit Schiebebühnen in der Sonderform II c (s. Lokomotivschuppen). Für die auf dem Bahnhof tätigen Verschiebelokomotiven und für kurz kehrende Zuglokomotiven sieht man zweckmäßig an geeigneten Stellen Anlagen zum Ausschlacken des Rostes und zum Einnehmen von Kohlen und Wasser vor, um ihnen hierfür weite Fahrten zum Lokomotivschuppen zu ersparen.
Die Packwagengleise werden in der Regel zweckmäßig in der Nähe des Lokomotivschuppens angelegt. Sie werden in ihren Weichen so angeordnet und so an die Lokomotivgleise angeschlossen, daß möglichst ohne besondere Verschiebebewegungen der Packwagen von der Lokomotive abgesetzt und abgeholt werden kann.
4. Reparaturanlagen. Reparaturwagengleise zum Aussetzen der beschädigt eingehenden Wagen sind in jeder Richtungsgruppe (etwa neben den Gleisen für Umkehrwagen, s. die Abb.) erforderlich. Für Wagen, die in dem Verschiebebetrieb des Bahnhofs selbst schadhaft werden, empfiehlt es sich, Gelegenheit zum Aussetzen in der Nähe des Ausgangs, etwa als besonderes Gleis jeder Stationsgruppe vor zusehen. Von den sämtlichen Gleisen, auf denen hiernach Reparaturwagen ausgesetzt werden, ist möglichst bequeme Gleisverbindung nach den Reparaturgleisen, die bisweilen auch z.T. überdeckt werden, vorzusehen. Die Reparaturgleise sollen wiederum in bequemer Verbindung zu den Einfahrgleisen liegen, um die ausgebesserten Wagen erneut zum Ablauf bringen zu können. Auf einem zweiseitigen Bahnhof liegen daher auch die Wagenreparaturgleise zweckmäßig zwischen den Gleisanlagen beider Hauptrichtungen, unter Umständen verbunden mit der an den Lokomotivschuppen angeschlossenen Betriebswerkstätte für Lokomotiven.
5. Vorratsgleise. Für den Verkehr zeitweise entbehrliche leere Wagen können bisweilen in gewissem Umfang in einzelnen Richtungsgleisen aufgestellt werden. Auf Bahnhöfen, denen in größerem Umfang die Aufspeicherung von Wagen in Zeiten schwächeren Verkehrs zugewiesen ist, werden besondere Vorratsgleise vorgesehen, die zweckmäßig Zuglänge erhalten und, wenn möglich, unmittelbar an die Hauptablaufstellen angeschlossen sind. Tunlichst soll es auch möglich sein, die Leerwagenzüge aus den Vorratsgleisen in der für sie hauptsächlich in Betracht kommenden Hauptrichtung unmittelbar ausfahren zu lassen. Auch für die Vorratsgleise ergibt sich hiernach bei zweiseitigen Bahnhöfen zweckmäßig die Mittellage.
6. Umladebühne nebst zugehörigen Gleisen. Ist auf einem V. eine Umladebühne (s.d.) vorhanden, so bildet sie für seinen Verschiebebetrieb sowohl im Eingang wie im Ausgang eine Verkehrsrichtung. Bei einem einseitigen Bahnhof ergibt sich als besonders günstig die auf dem Bahnhof Nürnberg gewählte Anordnung (s. Taf. II, Abb. 19), d.h. in seitlicher Lage mit unmittelbarem Anschluß an die Hauptablaufstelle, so daß die für die Umladebühne bestimmten Wagen unmittelbar zu ihr ablaufen, die an ihr erledigten Wagen unmittelbar in eines der Einfahrgleise (Zerlegungsgleise) aufgezogen werden können. In einem zweiseitigen Bahnhof liegt auch die Umladebühne zweckmäßig zwischen den beiderseitigen Gleisgruppen. Ein unmittelbarer Ablauf der Wagen von den beiden Hauptablaufbergen zu ihr ist in der Regel nicht möglich. Doch ist dafür zu sorgen, daß von den für die Umladewagen bestimmten Richtungsgleisen diese möglichst mit einfacher oder einmal rückkehrender Bewegung an die Umladebühne gesetzt werden können, und daß von den Gleisen der Umladeanlage die erledigten Wagen möglichst unmittelbar nach den Einfahrgleisen (Zerlegungsgleisen) der beiden Seiten befördert werden können (vgl. die Umladeanlage auf dem Bahnhof Kalk-Nord, Taf. III, Abb. 1). Wegen der Gleisanlagen der Umladebühnen s. Umladebühne.
7. Sonstige angeschlossene Ladeanlagen liegen in der Regel außerhalb des V. Für die Gleisverbindungen sind schienengleiche Kreuzungen mit Hauptgleisen oder wichtigen Rangierwegen möglichst zu vermeiden.
8. Sonstige Gebäude der V. Außer den bereits erwähnten baulichen Anlagen, dem Lokomotivschuppen nebst Betriebswerkstätte, Drehscheiben, Bekohlungsanlage, Wasserstation nebst Verteilungsanlagen u.s.w. sowie der Wagenreparaturanlage und häufig auch einer Desinfektionsanstalt sind für den Betrieb erforderlich ein Hauptdienstgebäude für den Stationsdienst, bei zweiseitigen Anlagen am besten in der Mitte der Bahnhofslänge, bei einseitigen[135] in der Nähe der Einfahrgleise gelegen, sowie kleinere Dienstgebäude, in denen die Betriebsleitung der einzelnen Dienstbezirke ihren Sitz hat, und Stellwerksgebäude, oft zugleich dem letzterwähnten Zweck dienend, ferner Gebäude, die als Unterkunft für das auf dem Bahnhof tätige Personal an Rangierern, Weichenstellern, Arbeitern u.s.w. dienen oder in denen die Lampen in stand gesetzt werden, Räume zur Lagerung und Ausgabe von Betriebsmaterialien und Räume für die Bahnmeisterei, auch das Elektrizitätswerk zur Erzeugung der für die Bahnhofsbeleuchtung und eventuell den Betrieb der Stellwerke erforderlichen elektrischen Energie. Für den Verkehr sind außer der oft vorhandenen Umladebühne nebst zugehöriger Güterabfertigung Brückwagen und Lademaße erforderlich. Etwa angeschlossene Ortsgüteranlagen und ihre Gebäude gehören nicht zum eigentlichen Bestand des V. Für Wohlfahrtszwecke sind Aborte in reichlicher Zahl in allen Teilen des Bahnhofs vorzusehen, ferner nach Bedarf Aufenthalts- und Übernachtungsgebäude. Für die zweckmäßige Aufstellung aller dieser Gebäude ist schon beim Entwurf des Gleisplans überall der nötige Platz vorzusehen und dafür zu sorgen, daß Gebäude, die betrieblich in Beziehung zueinander stehen, nahe beieinander ihren Platz finden, sowie daß das in derselben Gegend des Bahnhofs für verschiedene Zwecke auftretende Raumbedürfnis nicht durch zahlreiche kleine Buden, sondern durch gemeinschaftliche Gebäude mit reichlicher Raumreserve befriedigt wird. Für das Stationsdienstgebäude, Aufenthalts- und Übernachtungsgebäude wird, sofern sie zwischen den Gleisen liegen, zweckmäßig schienenfreier Zugang vorgesehen.
VII. Hilfsmittel beim Verschieben.
1. Bremsmittel. Um die Laufgeschwindigkeit der durch Gefälle, Lokomotivkraft u.s.w. in Bewegung gesetzten Wagen oder Wagengruppen zu regeln und sie schließlich aufzuhalten, werden die an den Wagen vorhandenen Bremsen in der Regel nur dann benutzt, wenn es sich um ganze ablaufende Züge oder so große Wagengruppen handelt, daß Bremsbesetzung vorgeschrieben ist, oder wenn die Art des Wagens und der Ladung Bremsbesetzung erfordert. Nur wo, wie in England, die Wagen regelmäßig mit Hebelbremsen (s. Bremsen) ausgerüstet sind, die von neben den Wagen stehenden oder sich bewegenden Menschen bedient werden, sind diese Bremsen auch das geeignetste Mittel im Verschiebebetrieb. Die Bremsknüppel (s.d.) werden, trotz ihrer Unvollkommenheit, auf deutschen V. als Aushilfsmittel an Stellen, wo andere Bremsmittel nicht wohl angewendet werden können, nie ganz entbehrt werden können.
Das wichtigste Bremsmittel zum Auffangen der Wagen in den Richtungsgleisen und Stationsgleisen sind die Bremsschuhe oder Hemmschuhe (s. Bremsschuhe). Um den Ablauf der Wagen und Wagengruppen so zu regeln, daß sie keine zu große Geschwindigkeit annehmen, werden seit einer Reihe von Jahren in steigendem Maße Gleisbremsen (s.d.) verwendet. Bei Ablaufbergen bringt man sie meist an deren Fuß an, um den den Wagen vom Ablaufberg verliehenen Antrieb je nach dem Wagenwiderstand und der Weglänge sowie den Krümmungen des Weges, den Witterungsverhältnissen, so weit herabzumindern, daß der Wagen oder die Wagengruppe mit Sicherheit, aber ohne erhebliche Endgeschwindigkeit, an ihr Ziel gelangt. Auf Gefällebahnhöfen verwendet man hintereinanderliegende Gleisbremsen, um die ablaufenden Wagen oder Wagengruppen auf dem überall vorhandenen Gefälle in der Gewalt zu behalten.
2. Als Mittel zum Auffangen von Wagen, bei denen die ordnungsmäßige Bremsung versagt hat, werden außer den Prellböcken (s.d.), die nur an Gleisenden verwendbar sind, Gleisvorleger oder Bremsschlitten (s.d.) verwendet, die auch eine Teilung eines Gleises ermöglichen, in das von beiden Enden her hineinverschoben werden soll. Fernere Mittel zu diesem Zweck sind das Köpckesche Sandgleis (s.d.) und die auf dem Bahnhof Edgehill bei Liverpool verwendeten Hemmketten. Solche Ketten, aus sehr schweren Gliedern bestehend, liegen in einer unter dem Gleis vorhandenen gemauerten Grube und werden, wenn ein Wagen zu Unrecht über diese Stelle hinwegrollt, von einer durch die erste Achse des Wagens mittels Hakens mitgenommenen leichten Kette aus der Grube heraus- und über die Schwellen mit wachsendem Widerstand fortgeschleppt.
3. Mittel zum Anzeigen der Verschiebewege. Wo der von den ablaufenden Wagen zurückzulegende Weg kurz ist, so häufig beim Stationsordnen, ist das einfachste und zweckmäßigste Mittel, um den Weichenstellern oder Stellwerkswärtern die Verschiebewege anzuzeigen, der Zuruf. Bei längeren Verschiebewegen hat man statt dessen wohl laut tönende Fernsprecher verwendet. Besonders häufig wird das Anschreiben der Nummer des Bestimmungsgleises an einen der beiden vorderen Buffer, bisweilen auch das Anhängen von Korbscheiben mit der Gleisnummer an die Bufferstange angewendet, indem bei Dunkelheit Scheinwerfer dem Stellwerkswärter die Nummer so frühzeitig erkennbar[136] machen, daß er rechtzeitig die Weichen für den Verschiebeweg einstellen kann. Sichtbare Fernsignalisierung an Masten hat den Nachteil, daß sie bei unsichtigem Wetter versagt. Vielfach hat man von Gleismeldern in Form von runden Nummernscheiben mit Zeigern oder von Klappenwerken, Tafelwerken mit Lichtnummern u.s.w. (s. Gleismelder) Gebrauch gemacht. Neuerdings hat man vielfach mit gutem Erfolg nach dem Vorgang auf Bahnhof Gleiwitz von jeglicher Signalgebung abgesehen und das gesamte beim Verschieben eines Zuges beteiligte Personal mit in größerer Zahl vervielfältigten Rangierzetteln versehen, die je für einen Zug hintereinander die Verschiebewege (Gleisnummern) aller Wagen oder Wagengruppen angeben. Dieses Verfahren hat den Vorzug, daß die Bremsschuhleger, die auch diese Zettel erhalten, im voraus wissen, welchen Weg die nächsten ablaufenden Wagen nehmen und so früher und mit weniger Gefahr ihren Platz einnehmen können.
4. Verschiebesignale an Masten (s.d.), bisweilen mit hörbaren Signalen verbunden, zeigen Beginn und Ende, auch plötzliche Unterbrechungen des Ablaufs oder des Abdrückens eines Verschiebezugs an, geben gewöhnlich auch zutreffendenfalls den Befehl zu schnellerem Abdrücken. Auch die Gleismelder pflegt man mit Verschiebeverbot- und -erlaubniszeichen auszustatten. Bei kleineren Verschiebebewegungen werden die Hand- und Mundpfeifensignale des Verschiebepersonals (s. Verschiebesignale) angewendet.
5. Die Entkupplungsgabel dient dazu, die Kupplungen eines in Bewegung befindlichen Zugs von der Seite her, also ohne unter den Buffern durchkriechen zu müssen, auszuheben.
6. Besondere Weichen zu Verschiebezwecken. Die auf Bahnhof Edgehill verwendeten zurückschlagenden Weichen, die in Grundstellung auf die Weichenstraße eingestellt sind und nur während der Bedienung auf das abzweigende Gleis zeigen, dürften als betriebsgefährlich auf den mitteleuropäischen Bahnen keine Aussicht auf Verbreitung haben. Federnde Weichen an der Gruppenausfahrt dürften wenig haltbar sein. Dagegen haben sich auf Gefällebahnhöfen gut bewährt die festen Auslaufweichen, die zuerst auf Bahnhof Oberkotzau und dann auf anderen bayerischen Bahnhöfen angewendet sind. Die Zungen dieser Weichen sind unbeweglich, aber nicht bis zum Anschluß an die Backenschienen durchgeführt, so daß aus beiden zusammenlaufenden Gleisen kommende Wagen für ihre Radflansche Durchlaß finden. In der Gegenrichtung können diese Weichen nur befahren werden, wenn ein hierfür bereitgehaltenes Keilstück eingesetzt und befestigt wird.
VIII. Verschiebekosten und Zeitaufwand für das Verschieben.
Die Betriebskosten eines V. setzen sich in der Hauptsache zusammen aus Personalkosten, Kosten für Verschiebelokomotiven, Kosten für Unterhaltung der festen Anlagen des Bahnhofs sowie der Wagen und der Hilfsmittel (Hemmschuhe, Gleisbremsen u.s.w.), Kosten für Bahnhofsbeleuchtung, etwaigen Kraftbetrieb der Stellwerke und Betriebsmaterialienverbrauch im Bahnhofsbetrieb. Hierzu treten die Kosten etwaiger Schleppfahrten, sofern die Einfahrgleise nicht zugleich Zerlegungsgleise sind, sowie Umweg- und Hebungskosten, soweit der Bahnhof nicht auf dem natürlichen Weg der Züge liegt, bzw. die für den Bahnhofsbetrieb erforderlichen Höhenunterschiede auf den Fahrten der Züge zu und von dem Bahnhof gewonnen werden. Will man wirtschaftlich vollständig rechnen, so muß man auch die Kosten für Verzinsung und Tilgung der festen Anlagen und der Verschiebelokomotiven und Hilfsmittel in die Rechnung einbeziehen. Auf einen erheblichen Teil der Gesamtkosten ist der Verkehrsumfang ohne Einfluß, so daß bei derselben Anlage die Kosten für Behandlung des einzelnen Wagens um so geringer ausfallen, je größer die Anzahl der behandelten Wagen ist, und daß z.B. eine zweiseitige Anlage nur bei entsprechend großem Verkehr vorteilhaft arbeitet und bei geringem Verkehr es zweckmäßig ist, die Stationsgruppen fortzulassen und das Stationsordnen in den rückwärtigen Spitzen der Richtungsgruppen vorzunehmen. Auf den Kostenvergleich verschiedener Bahnhofsformen sind ferner von bedeutendem Einfluß der Umfang des Eckverkehrs, der Umfang des Stationsordnens und die mehr oder weniger gleichmäßige Verteilung der Zugein- und -ausläufe auf die 24 Stunden.
Grundlegend auf diesem Gebiet ist die Arbeit von Oder (Betriebskosten der Verschiebebahnhöfe, s. Literatur), in der die wichtigsten Bahnhofsformen verglichen werden. Nach seiner Rechnung, wobei allerdings einige Kosten wie Verzinsung und Tilgung der Anlagen, Unterhaltung der festen Anlagen noch nicht berücksichtigt sind, stellten sich die Verschiebekosten 1907 für einen Wagen in den in Betracht gezogenen Fällen zwischen 32 und 81∙6 Pf.
Die Frage des Zeitbedarfs für das Verschieben, die zugleich wegen der besseren oder schlechteren Ausnutzung des Anlagekapitals der Wagen eine Kostenfrage ist, ist noch ziemlich ungeklärt. Der geringste Aufenthalt der nach Richtungen[137] und Stationen zu ordnenden Wagen auf einem V. wird im allgemeinen zu etwa 2 Stunden angegeben. Der durchschnittliche Aufenthalt dürfte überall erheblich größer sein, weil zu Zeiten starken Zugeinlaufs die Züge warten müssen, bis sie zum Ablauf gelangen können, und ähnliche Verzögerungen durch den Fahrplan der auslaufenden Züge bedingt werden. Eckverkehr wirkt naturgemäß bei einem zweiseitigen Bahnhof verzögernd. Bei starkem Stationsordnen ist der Gefällebahnhof demjenigen mit Ablaufbergen hinsichtlich des Zeitbedarfs erheblich überlegen.
IX. Verteilung und Zweckbestimmung der V. eines Bahnnetzes.
Der Wagenumlauf erfordert durch das vielfach unterwegs stattfindende Umordnen einen erheblichen Aufwand an Zeit und Kosten. Wird doch z.B. auf den preußisch-hessischen Staatsbahnen ein Drittel der gesamten Lokomotivkosten für das Verschieben ausgegeben. Hierzu ist bei einer Wirtschaftsrechnung zu berücksichtigen die Abnutzung der Wagen sowie der Gleise und Weichen beim Verschieben und die sonstigen Kosten hierfür, namentlich Personalkosten, ferner aber die schlechte Ausnutzung des in den Wagen steckenden Anlagekapitals. Man bestrebt sich deshalb seit langem, die Verwendung von Fernzügen statt Durchgangszügen möglichst zu fördern. Tatsächlich sind aber viele sog. Fernzüge nicht rein solche, bedingen daher durch ihre unterwegs erforderlichen Veränderungen lange Zwischenaufenthalte. Die Wagen müssen bei weiteren Wegen oft unterwegs wiederholt den Zug wechseln. Diesen Übelständen will abhelfen der Vorschlag von Cauer (Ztg. d. VDEV. 1906, S. 833 u. 849), die deutschen V. nach einem einheitlichen, auf Grund einer umfassenden Verkehrsstatistik aufzustellenden Plan so umzugestalten, daß die Güterbeförderungen auf größere Entfernungen in der Regel in Fernzügen erfolgen, die von Sammelbahnhöfen ausgehen, nach denen die Güter eines gewissen Gebiets zusammenströmen und nach Verteilungsbahnhöfen hingehen, von wo sie mit Nahzügen ihren Bestimmungsstationen zugeführt werden. Auf den Sammelbahnhöfen würden die Wagen nur nach Richtungen geordnet und zu ganzen Zügen aufgesammelt werden, die unter Benutzung zahlreicher vorgesehener Bedarfsfahrten nach ihren verschiedenen Zielen abgelassen würden. Dieser Vorschlag lehnt sich an Verfahren an, wie sie in engeren Bezirken, so in Oberschlesien, mit gutem Erfolg bereits gehandhabt worden sind.
Literatur: Albrecht, Über die Anordnung größerer Verschubbahnhöfe. Zentralbl. d. Bauverw. 1892, S. 136. Ammann, Die Leistungsfähigkeit von Ablaufanlagen auf Verschiebebahnhöfen in ihrer Abhängigkeit von den Gefällsverhältnissen. Verkehrstechn. W. 1911 u. Sonderdruck, Berlin. Über die Ausgestaltung der Verschiebebahnhöfe. Verkehrstechn. W. 1919 u. Sonderdruck, Berlin. A. Blum, Vergleich verschiedener Rangierbahnhöfe. Zentralbl. d. Bauverw. 1896, S. 451 ff.; Über Verschiebebahnhöfe. Organ 1901 und Sonderdruck, Wiesbaden. O. Blum, Die Anlage von Ablaufbergen auf Verschiebebahnhöfen. Verkehrstechn. W. 1909. O. Blum und Giese, Verschiebebahnhöfe in Nordamerika. Ztschr. dt. Ing. 1907, S. 41. Cauer, Zur Beschleunigung des Güterverkehrs und des Wagenumlaufs. Ztg. d. VDEV. 1906, S. 833 u. 849, sowie Glasers Ann. 1907, Bd. LX, S. 90; Ablaufneigungen der Verschiebebahnhöfe. Ztg. d. VDEV. 1912, S. 275, 291 und Entgegnungen von Ammann und Cauer, ebenda, S. 661 u. 798. Fortgesetzt im Verein f. Eisenbahnk., Berlin, durch Vortrag von Ammann und Diskussion. Verkehrstechn. W. 1912/13, S. 773 u. 809. Droege, Freight Terminals and Trains. New York 1912. Frölich, Rangieranlagen und ihre Bedeutung für den Eisenbahnbetrieb. Berlin, Kreidel, ohne Jahresang. Helm, Betriebspläne für Verschiebebahnhöfe. Verkehrstechn. W. und Sonderausgabe, Berlin 1913/14. Jaeger, Verschiebebahnhöfe. Eis. T.d.G., II, 3, 2. Aufl., 1909. Kübler, Verschiebebahnhöfe. Luegers Lexikon der ges. Technik, 2. Aufl., Bd. VIII. Oder, Verschiebebahnhöfe in den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Organ 1902; Betriebskosten der Verschiebebahnhöfe. Arch. f. Ebw. 1904/05 u. Sonderausgabe, Berlin 1904; Verschiebebahnhöfe. Hb. d. Ing. W. IV, 1, 1907; Verschubdienst. Stockert, Handbuch des Eisenbahnmaschinenwesens, Berlin 1908, Bd. II. Ferner über amerikanische V. Railr. Gaz. 1905, S. 479 u. Regeln für amerikanische V., Rev. gén. d. chem. Nov. 1908, S. 355. Zahlreiche Einzelveröffentlichungen in Zeitschriften, namentlich im Organ, im Zentralbl. d. Bauverw. und der Ztschr. f. Bw., im Zivilingenieur, der Ztschr. dt. Ing., der Ztg. d. VDEV., der Rev. gén. d. chem. und in amerikanischen Zeitschriften. Ausführliche Literaturangaben von Oder im Hb. d. Ing. W., s.o.
Cauer.
1 | Auch wenn dort 2 oder 3 Ablaufberge (s.d.) nebeneinander angeordnet sind oder bei durchgehendem Gefälle aus den Einlaufgleisen nebeneinander Verbindungen zu den Richtungsgleisen bestehen, darf doch immer zurzeit nur ein Zug ablaufen, weil sonst in den Richtungsgleisen Wagen zusammenstoßen würden. |
Buchempfehlung
Nach dem Vorbild von Abraham von Franckenberg und Daniel Czepko schreibt Angelus Silesius seine berühmten Epigramme, die er unter dem Titel »Cherubinischer Wandersmann« zusammenfasst und 1657 veröffentlicht. Das Unsagbare, den mystischen Weg zu Gott, in Worte zu fassen, ist das Anliegen seiner antithetisch pointierten Alexandriner Dichtung. »Ich bin so groß als Gott, er ist als ich so klein. Er kann nicht über mich, ich unter ihm nicht sein.«
242 Seiten, 11.80 Euro
Buchempfehlung
Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.
430 Seiten, 19.80 Euro