[185] Duncker, Alexander. Alexander Friedrich Wilhelm Duncker wurde am 18. Februar 1813 zu Berlin geboren (gest. ebenda am 23. 8. 1897) und erhielt seine Schulbildung auf dem Friedrich-Wilhelms-Gymnasium. 1829 trat er in die Buchhandlung seines Vaters, Duncker & Humblot, als Lehrling ein. Dann ging er zu Perthes, Besser & Mauke nach Hamburg.
1835 war er als Einjährig-Freiwilliger bei dem Garde-Landwehr-Ulanen-Regiment eingetreten. Zur Landwehr übergetreten, widmete er sich den Uebungen mit Eifer und avancierte zum Sekondeleutnant, zum Premierleutnant und zum Rittmeister, später zum Major und Oberstleutnant. 1848-49 finden wir den eifrigen Landwehroffizier aktiv; 1866 stand er in Leipzig als Etappenkommandant, 1870 und 1871 bei dem Berliner Bezirkskommando.
1837 machte sein Vater ihn durch Uebertragung des Sortimentsgeschäftes der Firma Duncker & Humblot selbständig, welchem Alexander Duncker, unter diesem Namen firmierte er, einen Buch- und Kunstverlag zufügte.
Bereits 1848 gab Duncker den von ihm als Separat-Konto geführten Geschäftsteil an Carl Twietmeyer ab, der ihn nach Leipzig verlegte. 1858 wurde Verlag und Sortiment getrennt, 1861 die A. Dunckersche Sortimentsbuchhandlung an Wilhelm Lobeck verkauft; dieser hat sie an Paul Scheller abgetreten, der sie unter der neuen Firma Paul Schellers Buchhandlung weiterführte.[185]
1841 zum Königlichen Hofbuchhändler ernannt, wandte er sich mehr und mehr dem Verlag zu, gab jedoch den größten Teil des Verlages schönwissenschaftlicher Werke 1870 an ⇒ Gebrüder Paetel (die ihn vorerst unter der Firma A. Dunckers Buchverlag betrieben) ab und beschränkte sich zunächst auf die Herausgabe großer litterarischer und künstlerischer Werke.
Dunckers Liebe zur Poesie, die so schön in dem herrlichen Kinderbuch »Der Mutter Schatzkästlein« zum Ausdruck kommt, sowie ferner in seiner Novelle »Angiola Filomarino« und seiner in zwei Auflagen anonym erschienenen Gedichtsammlung »Abseits vom Wege« blieb nicht ohne Einfluß auf seine Verlagsunternehmungen. Als Geibel, damals ein noch unbekannter Jüngling, nach Berlin kam, und Gedichte zu veröffentlichen, und an mehreren Stellen Abweisung erfuhr, fand er bei Duncker bereites Entgegenkommen und den gewünschten Verlag. Es folgten zahlreiche Dichtungen berühmt gewordener Autoren, wie Putlitz, Storm, Jensen, Heyse, Carmen Sylva, ferner neuerdings Katharina von Dörings fesselnde Skizzen und Träumereien von Capri, Ada Negris Poesien in Hedwig Jahns Uebersetzung, Felix von Stenglins ergänzende Bearbeitung des Goetheschen dramatischen Fragments »die Aufgeregten« und das für die Geschichte der lyrischen Dichtung bedeutsame Werk von Fritz Gundlach, Italienische Lyrik seit der Mitte des dreizehnten Jahrhunderts bis auf die Gegenwart, in deutschen Uebertragungen mit biographischen Notizen.
»Duncker hielt dafür, sagt Reinhold Johow in seiner Gedenkrede, die er im Berliner wissenschaftlichen Kunstverein 1897 hielt daß poetische Bücher durch geschmackvolles Aeußere zu ehren seien. Aus Buchhändlerkreisen ist mir mitgeteilt, daß es seinerzeit Aufsehen gemacht habe, als aus seinem Verlage Prachtausgaben von Dichtungen in Folio, glänzend eingebunden, mit bestem Druck und Papier, zur Versendung gelangten, so insbesondere Poesien von Geibel und Gustav zu Putlitz. Aber auch zierliche, in ihrer Art reiche Miniaturausgaben sind aus seinem Geschäft in großer Zahl hervorgegangen. Die Ausstattung wurde bald durch künstlerische Illustrationen gesteigert. Putlitzens Arabesken z.B. wurden von Wilhelm Camphausen, sein »Was sich der Wald erzählt« von Riefstahl und Hindorf illustriert. Aber auch Werke fehlen nicht, in denen die Kunstblätter die Hauptsache sind und ihnen ein Text nur als Erläuterung zur Seite steht. Dahin gehören vor Allem: das von Duncker in 320 Lieferungen herausgegebene Riesenwerk »Die ländlichen[186] Wohnsitze, Schlösser u.s.w.«, deren farbige Abbildungen von ihm selbst mit geschichtlichen und beschreibenden Bemerkungen begleitet sind; Menzels berühmte zwölf Bildnisse »Aus König Friedrichs Zeit« in Kretzschmarschen Holzschnitten, wieder von Duncker selbst biographisch erläutert; »Ein Kaiserheim«, in welchem die Räume des Palais Kaiser Wilhelms I. durch 45 Lichtbilder und Text von Transfeld vergegenwärtigt werden; Kaulbachs Wandgemälde in unserem neuen Museum in Kupferstichen von Eichens und Anderen, mit anonymen Erläuterungen; und Mannfelds großes Radierungswerk: »Durchs deutsche Land« in zwei Bänden mit Text von Fendler und Anderen.
Von den zahlreichen Kunstblättern endlich, die ohne begleitenden Text zum Beschauer reden, sind am bemerkenswertesten die Facsimiledrucke des Aquarells von Ed. Hildebrand »Humboldt in seinem Arbeitszimmer«; der Aquarelle Wilbergs aus Potsdam und Umgebung; ferner die Kupferstiche nach Pilotys »Cäsars letzte Augenblicke« von Becker; nach Julius Schraders »Die Schützlinge« von Habelmann; nach Paul Meyerheims »Aschenbrödel von Andorff; nach Liezen-Mayers »Erste Liebe« von Lindner und »Erste Freundschaft« von Goldberg; die köstlichen großen Holzschnitte nach Eduard Ille »Rotkäppchen«; »Froschkönig« und »Dornröschen« und die Imperial-Folio-Photographieen nach Alex. Wagners zwei Kartonzeichnungen zu Goethes Götz.
Nicht unerwähnt aber bleibe, daß der Verlag sich nicht ganz auf Belletristik und Kunstwerke beschränkte. Gleich zu Anfang verlegte Duncker Dorows Denkschriften und Briefe zur Charakteristik der Welt und der Litteratur (5 Bde. 1838 ff.), das von einer Aerzte-Vereinigung herausgegebene »Medizinisch-chirurgisch-therapeutische Wörterbuch« (3 Bde. 1839 ff.) und anderes Wissenschaftliche; später auch Geschichtliches und Politisches, darunter das anonyme Werk »Ganganelli (Papst Clemens XIV.), seine Briefe und seine Zeit«, und die von der Königl. Akademie der Wissenschaften herausgegebenen Sammelwerke »Politische Korrespondenz Friedrichs des Großen«, und »Preußische Staatsschriften aus der Zeit Friedrichs des Großen«, beide zu einer stattlichen Zahl von Bänden herangewachsen und noch nicht abgeschlossen.«
Alexander Duncker nahm sich des korporativen Zusammenschlusses des Buchhandels mit Wärme an. Er war 1870-72 Vorsteher der Korporation der Berliner Buchhändler und ihm verdankt dieselbe die Verleihung der Korporationsrechte durch die Allerhöchste[187] Kabinetsorder vom 17. Mai 1873; auch im Hauptausschuß war er in den Jahren 1866-1869 und 1874-1881 thätig. Die von A. Duncker hinterlassene königl. Hof-Buch- und Kunsthandlung befindet sich seit 1. 12. 1897 im Besitze von Arthur Glaue, Hofbuchhändler Sr. Maj. des Kaisers und Königs.
Als neuestes bedeutendes Verlagswerk der Firma sei erwähnt die »Deutsche Monatsschrift für das gesamte Leben der Gegenwart, herausgegeben von Julius Lohmeyer«.
Quellen: Johow, Gedenkrede 1897; Jahresbericht der Korporation der Berliner Buchhändler für 1896-97.
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