[109] Boreas, (Gr. M.), ein Titane, Sohn des Asträus und der Aurora, einer der vier Hauptwinde (seine Brüder waren Zephyrus und Notus) gehörte zu den Wohlthätern der heissen Länder, denn sein Hauch brachte Kühlung und erquickenden Regen. Seine Wohnung war eine Höhle des rhipäischen Gebirges in der Nähe der Hyperboreer. Er ward von den Athenern hoch verehrt und ihm ein kleiner Tempel erbaut, weil er die Flotte des Xerxes beschädigt hatte. Er liebte des attischen Königs Erechtheus Tochter Orithyia, und da er sie nicht gewinnen konnte, entführte er sie gewaltsam, eine Begebenheit, welche von den griechischen Künstlern häufig dargestellt wurde. Die Boreäden Zetes und Calaïs waren seine Söhne von dieser Orithyia, welche ihm auch noch eine Tochter Cleopatra gebar, die sich mit Phineus, König zu Salmydessus in Thracien, Sohn des phönicischen Königs Agenor, vermählte. Auch Chloris ward von ihm entführt; die Nymphe Pitys aber, welche ihn nicht erhörte, sondern den Pan begünstigte, aus Eifersucht gegen einen Felsen geschleudert, so dass sie davon starb. Viele der berühmtesten Rosse des Alterthums dankten ihm die Entstehung; so von der Harpyie Aëllopus: Xanthus und Podarce, und von den Rossen des [109] Erichthonius zwölf windschnelle Füllen. Auf dem Thurme der Winde zu Athen war er als bärtiger Mann dargestellt; seine Bekleidung erinnert an die Kälte, die er bringt, sein Meerhorn an den hohlen Ton, den das Wehen dieses Windes hervorruft.