[286] Jupiter oder Zeus. (Röm. u. gr. M.), der Oberste der Götter, Beherrscher des Himmels, Sohn der Rhea und des Saturn. Ueber den Unterschied des griechischen Zeus vom römischen Jupiter vergl. die Einl. zu ⇒ Juno. Der Vater war von den Titanen vor seinen Kindern gewarnt worden, und um dem angedrohten Unglück zu entgehen, dass er durch sie seines Thrones und seiner männlichen Kräfte sollte beraubt werden, verschlang er seine Kinder gleich nach der Geburt. Rhea, mit J. schwanger, frug Gäa und Uranus um Rath, den sie auch befolgte: sie gab ihrem Gatten einen Stein zu verschlingen, vorgebend, sie sei von diesem entbunden worden. Der junge Gott ward in einer Höhle des Ida von der Nymphe Amalthea erzogen, oder von einer Ziege gleiches Namens genährt, wesshalb J. ihr Horn zum segenbringenden[286] Füllhorn machte. Nach einem Jahre schon war J. stark genug, um es mit Saturn aufzunehmen, gab dem Vater ein von der Metis erhaltenes Brechmittel, worauf dieser seine Kinder sowohl als den verschlungenen Stein wieder von sich gab (den letztern legte J. bei Pytho, am Fusse des Parnassus nieder, wo er als grosses Heiligthum bewahrt wurde). Darauf entfesselte er die Centimanen und Cyclopen aus dem Tartarus, ward von den letzteren mit dem Blitze beschenkt, und begann nun den Krieg gegen die Titanen, welche sich auf dem Othrys versammelt hatten, während die Götter vom Olymp herab kämpften; der Sieg blieb auf Seiten der Letzteren. Mit demselben Messer, mit welchem Saturnus seinen Vater verstümmelt hatte, ward ihm ein Gleiches gethan; die Titanen mussten in den Tartarus hinab, und die drei Brüder, J., Neptun und Pluto, theilten sich in die Herrschaft der Welt, so dass J. den Himmel, Neptun das Meer, Pluto die Unterwelt erhielt. Immer neue Kämpfe hatte aber der junge Gott zu bestehen, denn die Erde, unzufrieden mit der Art, wie er seinen Sieg benutzt, erweckte erst die Giganten, welche nur durch die vereinte Kraft aller Götter und durch Hülfe des Hercules gebändigt werden konnten, und dann den furchtbaren Typhoeus, vor welchem sich alle Götter so entsetzten, dass sie sich in Thiergestalten verwandelten und nach Aegypten flohen. Nur J. nahm es mit dem Ungeheuer auf, errang einigen Vortheil über dasselbe, liess sich aber dann in ein Handgemenge mit dem Riesen ein, worauf dieser ihn überwand, ihm die Sehnen an Händen und Füssen ausschnitt und ihn in die corycische Höhle verschloss, seine Sehnen aber, in eine Bärenhaut gehüllt, dem Drachen Delphyne zu bewachen gab. Mercur und Aegipan befreiten den Gott, heilten ihn, und nun bekämpfte er von einem geflügelten Wagen herab den Typhoeus, besiegte ihn und warf den Aetna auf ihn. - J. war jetzt Meister der Riesen und Unsterblichen; nun wendete er sich den menschlichen Angelegenheiten zu. Prometheus hatte das Lebensfeuer vom Himmel geraubt und Menschen geformt; dafür ward er an den Caucasus geschmiedet. Das verdorbene Menschengeschlecht vertilgte J. durch eine grosse Fluth und begründete durch[287] Deaculion ein neues. Aesculap, welcher die Todten erweckte, ward von ihm durch den Blitz erschlagen, und da Apollo die Verfertiger desselben, die Cyclopen, erschoss, wollte ihn J. in den Tartarus stürzen, veränderte jedoch die Strafe in Verbannung auf die Erde, wo Apollo dem ⇒ Admetus um Lohn diente. Den grausamen König Lycaon verwandelte er in einen Wolf, und zerschmetterte dessen fünfzig Söhne mit dem Blitz; dasselbe widerfuhr dem König Salmoneus, welcher J.s Blitz nachahmte, und den Cureten, welche den Sohn der Io, Epaphus, entführt hatten. Die Kämpfe des Hercules mit Mars und Apollo trennte er durch diese seine mächtige Waffe, zog überall auf Erden umher, strafte die bösen und belohnte die guten Menschen, verwandelte den attischen König Periphas, weil er von seinen Unterthanen gleich dem J. verehrt wurde, in einen Adler, und beglückte die gutherzigen Eheleute Philemon und Baucis mit einem gleichzeitigen Tode. - J.s erste Gattin war Metis (die Klugheit); diese weissagte ihm, ihr Kind werde ihn vom Himmel vertreiben, darum verschlang er, wie einst sein Vater ihn, so jetzt sein Weib und sein Kind, und gebar dann aus dem Haupte die ⇒ Minerva. Seine zweite Gemahlin, Themis, gebar ihm die Horen und die Mören oder Parcen; von der dritten, seiner Schwester Juno, wurde ihm Hebe, Ilithyia, Mars und Vulcan geboren; unter den Unsterblichen gebar Dione von ihm die Venus; Mnemosyne die Musen; Ceres, seine Schwester, die Proserpina; die Oceanide Eurynome die Grazien; Latona den Apoll und die Diana. Die sterblichen Schönen beehrte er oft, und meistens zu ihrem Verderben, mit seiner Gunst. Niobe, Tochter des Phoroneus, gebar den Argus; J.s und der Maja Sohn war Mercurius; deren Schwester Taygete gebar den Lacedämon; eine andere Schwester, Electra, den Dardanus; Semele den Bacchus. Oft verwandelte sich Jupiter: Europa entführte er als Stier, und sie gebar von ihm Minos, Sarpedon und Rhadamanthus; Io besuchte er als Wolke, und ihr Sohn war Epaphus; Danaë sah ihn als goldenen Regen in ihren Schooss fallen, und sie gebar den Perseus; Leda umfing der Gott als Schwan, ihre Kinder von Jupiter waren Pollux und Helena. - J.s berühmtester Tempel stand zu Olympia, wo auch das Wunderwerk plastischer Kunst, die colossale Bildsäule von Phidias, welche, aus Gold und Elfenbein, den Gott auf einem Throne sitzend, 40 Fuss hoch, darstellte, befindlich war. Diess Kunstwerk soll unter Justinian oder Theodosius nach Constantinopel gebracht worden, und dort unter Leo I. im J. 476 im Palaste den Lausus verbrannt sein. - In der ganzen griechischen und römischen Welt war J.s Dienst verbreitet, daher die unzähligen Beinamen, welche er hatte, theils von Orten, wie: Jupiter Capitolinus, Tarentinus, Idäus, Olympius etc., theils von Farbe und Bekleidung, wie: Aethiops von der schwarzen Farbe, Aegiochus von der Aegis, die er trug, endlich auch von Eigenschaften, welche man ihm beilegte, so: Hospitalis, der Gastfreundliche; Pluvius, der Regenbringer; Tonans, der Donnerer; Prädator, der Beutegeber etc. In Aegypten verehrte man ihn unter dem Namen ⇒ Ammon. - J. gibt sich als mächtigsten der Götter gerne durch hohe Worte zu erkennen. - Allein trotz all' der Macht waltet dennoch das dunkle Fatum über ihm, und der Gewaltigste unter den Beherrschern der Welt vermag nicht, in das ewig unaufhaltsame Rad des Geschickes zu greifen; die finsteren Parcen spinnen den Faden des Lebens nach unveränderlich festen Beschlüssen, und selbst die Götter sind ihnen verfallen. - Die Attribute, an denen man den J. erkennt, sind: der Scepter, der Donnerkeil, die Blitze, oder beides vereint, und der Adler, der neben ihm steht, oder auf der Spitze seines Herrscherstabes[288] ruht. Der Charakter, den ihm die Richtungen späterer Zeit beilegen, wo man nicht mehr in den Göttern die Menschen malte, sondern sie nach geläuterten Begriffen idealisirte, war Grösse und Güte, durch reifes Alter, durch Erfahrung gelenkt; Herrschaft über die Leidenschaften; wahres Gefühl der Billigkeit; väterliche Gesinnung gegen die Menschen, denn seine segnende Hand beschützt den Geringsten. So bildeten die griechischen Künstler seine Züge herrlich und gross, die Stirne erhaben und völlig frei, stark hervortretend, das Auge ganz offen, ungetrübt; der Kopf, die Haltung zeigen die höchste Majestät; der starke, nicht gekräuselte, sondern wellenförmig herabfliessende Bart, der mächtige Haarwuchs, der ausserordentlich breite Hals, Nacken, Schultern, sprechen höchste männliche Kraft aus; so gebildet sass der Gott der Götter im olympischen Tempel. Unsere Abbildungen zeigen: Fig. 180, Statue des thronenden J. aus dem Vatican, mit dem blitztragenden Adler zu seinen Füssen; Fig. 181: J. von den huldigenden Göttern umgeben; Basrelief eines Altars; Fig. 182, J. Pluvius; Fig. 183 Jupiter als Ueberwinder der Giganten, nach einem Cameo.
Brockhaus-1809: Der Olympische Jupiter · Jupiter [2] · Jupiter
Brockhaus-1837: Jupiter [2] · Jupiter [1]
Brockhaus-1911: Jupiter [2] · Jupiter
DamenConvLex-1834: Zeus, römisch Jupiter · Jupiter
Meyers-1905: Jupĭter [1] · Jupĭter [2] · Jupiter lapis · Jupiter pluvius
Pierer-1857: Olympischer Jupiter · Pompejanischer Jupiter · Jupiter · Jupiter Ammon
Vollmer-1874: Jupiter [2]
Buchempfehlung
Während seine Prosa längst eigenständig ist, findet C.F. Meyers lyrisches Werk erst mit dieser späten Ausgabe zu seinem eigentümlichen Stil, der den deutschen Symbolismus einleitet.
200 Seiten, 9.80 Euro