Hafer, der

[887] Der Hafer, des -s, plur. inus. eine Grasart, wovon einige Arten bey uns wild wachsen; Avena L. Tauber oder wilder Hafer, Avena fatua L. S. Wiesenhafer und Windhafer. In engerer Bedeutung führet diejenige Art dieses Gewächses, welche als ein Getreide gebauet wird, und ein langes rundes spitziges Korn, welches nicht in eigentlichen Ähren, sondern in einzelnen Rissen oder Rispen wächset, diesen Nahmen; Avena sativa L. Da denn so wohl die Pflanzen, als auch die Körner collective Hafer genannt werden. Gemeiner weißer Hafer, genannt werden. Gemeiner weißer Hafer, schwarzer glatter Hafer, raucher schwarzer Hafer, dreykörniger Hafer, glatter grauer Hafer, blauer Hafer, nackter Hafer u.s.f. sind lauter Abartungen. Der Türkische Hafer gleicht dem gemeinen weißen, nur daß er eine stärkere Hülse hat. S. Augusthafer, Barthafer, Eichelhafer, Fahnenhafer, Rauchhafer, Spitzhafer, Sommerhafer, Winterhafer, Weißhafer, Grauhafer, Stumpfhafer u.s.f. Es ist gut Hafer säen, sagt man im gemeinen Leben, wenn in einer Gesellschaft eine große Stille herrschet, weil zum Säen des Hafers windstilles Wetter erfordert wird. Der Hafer sticht ihn, auch nur im gemeinen Leben, die guten Tage machen ihn übermüthig; ein von allzu reichlich gefütterten Pferden hergenommenes Bild.


So reißt der Mensch auch aus, wenn ihn der Haber sticht,

Opitz.


Pferde, die den Hafer verdienen, kriegen ihn nicht, Sprichw. Anm. Bey dem Hornegk Haber, im Nieders. Haver, im Engl. Haver, im Dän. Havre, im Schwed. Hafra, im Engl. Haver, im Dän. Havre, im Schwed. Hafra, in Upland Hagra, Finnländ. Caura. Wachter leitet es sehr gezwungen von aben, abnehmen, her, weil Plinius sagt, daß die Gerste in den Hafer auszuarten pflege; Ihre nicht viel wahrscheinlicher von dem mittlern Lat. Averum, ein Pferd, (welches doch zum Worte habe gehöret,) weil der Hafer das gewöhnlichste Futter der Pferde ist. Das Lat. Avena ist ohne Zweifel mit dem Deutschen Hafer verwandt; aus dem erstern haben die Franzosen ihr Avoine und von dem letzten ihr Averon. Im Hebr. ist בר Getreide. Viele schreiben dieses Wort Haber, und nähern sich damit der Aussprache des gemeinen Lebens mehr. In der anständigern Sprechart lässet man so wohl im Hoch- als Oberdeutschen das f deutlicher hören.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 887.
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