Raub, der

[962] Der Raub, des -es, plur. car. 1. Eigentlich und zunächst, eine schnelle Geschwindigkeit; eine Bedeutung, welche nur noch in der im gemeinen Leben auf den Raub üblichen R.A. gangbar ist, d.i. in aller Eil, in aller Geschwindigkeit. Etwas nur auf den Raub thun, sehr eilfertig. Auf den Raub essen, eilfertig. Ich komme nur auf den Raub zu ihnen, eilfertig und auf sehr kurze Zeit. Auf den Raub bauen, im Bergbaue, sehr eilfertig, und folglich leicht und obenhin bauen, welches man auch räuberisch bauen nennet. 2. In figürlicher und engerer Bedeutung druckt es so wohl die Handlung aus, da man eine Sache in der Geschwindigkeit und folglich mit Gewalt an sich reißet, als auch die auf solche Art an sich gerissene Sache. 1) Von der Handlung und als ein Abstractum; wo es nur noch zuweilen von der gewaltsamen Bemächtigung des Eigethumes anderer gebraucht wird, ohne die Rechtmäßigkeit zu bestimmen, da es denn auch in solchen Fällen gebraucht wird, wo diese Bemächtigung für rechtmäßig gehalten wird. Ihr habt mit meinen Banden Mitleiden gehabt und den Raub eurer Güter mit Freuden erduldet, Ebr. 10, 34. In den Raub geben, Esr. 9, 7, 3 Esr. 8, 78; für welche veraltete R.A. man jetzt, doch nur im gemeinen Leben, sagt, in die Rapuse geben. Besonders gehören hierher die Fälle, wo man von Fleisch treffenden Thieren sagt, daß sie vom Raube leben, weil dieses die ihnen von der Natur bestimmte Nahrung ist, so daß mit diesem Worte bloß auf die schnelle und gewaltsame Bemächtigung gesehen wird. Ein zum Raube gerüsteter oder geschickter Löwe, in der Wapenkunst, ein Löwe mit aufgehabenem Vorderleibe und aus dem Rachen geschlagener Zunge. Und so müssen auch die Zusammensetzungen Raubfisch, Raubthier, Raubvogel u.s.f. erkläret werden. 2) Von der auf solche Art an sich gerissenen Sache, als ein Concretum, doch[962] ohne Plural. So wird es in der Deutschen Bibel noch sehr oft für Beute gebraucht, so rechtmäßig dieser Raub auch nach den Gesetzen des Krieges, besonders nach den ehemahligen, ist. Das Vieh und den Raub der Stadt theilete Israel aus unter sich, Jos. 8, 28. Viel Raubes wegführen, 2 Sam. 12, 20; und so in vielen andern Stellen mehr. Um des sich gemeiniglich mit einmischenden harten Nebenbegriffes der folgenden Bedeutung willen gebraucht man es in diesem Verstande der Beute nicht leicht mehr, außer wenn man zugleich die Unrechtmäßigkeit derselben andeuten will. Wohl aber gebraucht man es noch zuweilen figürlich von einer jeden mit Gewalt an sich gerissenen Sache. Ein Raub des Todes seyn, oder werden.


Unsterblich, doch des Todes Raub,

Sind wir halb Engel und halb Straub,

Cron.


Ein Raub der Sünde werden, sich den Lastern zum Raube geben, sich von ihnen ohne Widerstand beherrschen lassen. Er ward ein Raub der äußersten Unruhe, die äußerste Unruhe bemächtigte sich feiner. Besonders auch von solchen Thieren, deren sich andere Thiere als der ihnen von den Natur angewiesenen Nahrung bemächtigen. Auf den Raub lauern. Der Löwe brüllet nach Raub. Den Raub fressen. 3. Im engsten Verstande bezeichnet es das Verbrechen, da man sich des Eigenthums eines andern öffentlich und mit widerrechtlicher Gewalt bemächtiget, und die Sache, deren man sich auf solche Art bemächtiget. 1) Von dem Verbrechen, als ein Abstractum. Auf den Raub ausgehen. Einen Raub begehen. Sich eines Raubes schuldig machen. Von dem Raube leben. Der Kirchenraub, Straßenraub, Menschenraub, Viehraub u.s.f. Das Öffentliche und Gewaltsame, welches mit dem Raube verbunden ist, unterscheidet denselben hinlänglich von einem Diebstahle. 2) Die auf solche Art geraubte Sache, als ein Concretum; aber gleichfalls ohne Plural. Den Räubern von Raub wieder abjagen. Den Raub theilen. Eine Sache als einen Raub dahin nehmen.

Anm. Bey den Ottfried als ein Concretum Giroubi, bey dem Notker Geroube, Roub, im Nieders. Roof, im Angels. Reaf, Reol im Engl. Ravin, Rapine, im Lat. Rapina im Pohl. Rabiez, bey den Krainerischen Wenden Rop. Es gehöret mit rauben zu raffen, rapere, und bedeutet zunächst die eilfertige und gewaltthätige an sich Raffung eines Dinges, und da dieses wiederum eine Nachahmung des Schalles schnell sich bewegender Dinge ist, wohin auch das Nieders. reppen, schnell fortgehen, unser reiben, u. a. m. gehören, (S. Rapp,) so erhellet daraus, wie dieses Wort in der ersten Bedeutung auch von der Geschwindigkeit gebraucht werden könne. S. Rappuse und Rauben. Das im Hochdeutschen veraltete Rob, ein Kleid, in den alten Baierischen Gesetzen Raupa, im Angels. Reaf, im Franz. Robe, im Ital. Roba, im mittlern Lat. Raupa, und selbst im Arab. Raffon, ein weiches, seidenes Kleid, gehöret nicht hierher, sondern zu einem andern Stamme, wenigstens zu einer andern Hauptbedeutung des ersten ursprünglichen Stammwortes, welche der Begriff der Bedeckung ist. Im Nieders. ist Roof die Bogendecke über dem Hintertheile eines großen Schiffes, und im Angels. Hrof, im Engl. Roof, und im Holländ. Roef, ein Dach.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 962-963.
Lizenz:
Faksimiles:
962 | 963
Kategorien: