Schule, die

[1677] Die Schule, plur. die -n. 1 Eigentlich der Ort, wo andere, besonders junge Leute, in nützlichen Kenntnissen und angenehmen Künsten unterrichtet werden. 1) Im weitesten Verstande, wo dieses[1677] Wort oft von allen Orten dieser Art gebraucht wird. Eine hohe Schule, wo die höhern Wissenschaften gelehret werden, und welche man auch eine Universität, eine Akademie zu nennen pflegt; zum Unterschiede von den niedern Schulen, wo nur die freyen Künste und die ersten Anfangsgründe der Wissenschaften gelehret werden. Ehedem nannte man auch eine hohe Schule nur schlechthin die Schule, welcher Gebrauch nicht mehr üblich ist, aber noch in einigen Zusammensetzungen vorkommt, z.B. Schul-Theologie, die scholastische Theologie, Schulwitz, im Gegensatze des Mutterwitzes u.s.f. Auch Örter oder Anstalten, wo mehrern in den schönen und angenehmen Künsten, ingleichen in den so genannten ritterlichen Übungen Unterricht ertheilet wird, heißen Schulen, im ersten Falle auch zuweilen Akademien. Die Mahlerschule, Zeichenschule, Singeschule, Reitschule, Fechtschule, Tanzschule u.s.f. 2) In engerer Bedeutung verstehet man unter Schule schlechthin die niedere Schule, einen Ort oder eine Anstalt, wo die ersten Anfangsgründe der Wissenschaften nebst den freyen Künsten gelehret werden, wohin die Leseschulen, Deutschen Schulen, Lateinischen Schulen, Stadtschulen, Dorfschulen, Schreibeschulen, Rechenschulen, Knabenschulen, Mädchenschulen, öffentliche Schulen, Hausschulen u.s.f. und in noch weiterm Verstande auch die Näheschulen gehören. In die Schule gehen. Von der Schule auf die Universität gehen. Nicht viel mit von der Schule bringen, in der Schule nicht viel gelernet haben. Ein Kind zur Schule halten. Aus der Schule schwatzen, figürlich, etwas ausschwatzen, welches verschwiegen bleiben sollte. Jemanden in die Schule führen, figürlich, seine Fertigkeit in einer Sache, seine Geduld u.s.f. üben oder auch auf die Probe stellen. 3) Figürlich. (a) Eine Schule der Geduld, des Gehorsams u.s.f. eine Sache, bey welcher man seine Geduld oder seinen Gehorsam übet. Wenn unsere Geschäfte keine Schule des Gehorsams gegen den Geber unsers Lebens seyn sollen, was ist alsdann die Tugend? Gell. (b) In Judenschule bedeutet es den Ort der gottesdienstlichen Versammlung der neuern Juden, weil derselbe ehedem auch der Ort des öffentlichen Unterrichtes war. (c) In Baumschule und Pflanzschule bedeutet es den Ort, wo junge Bäume oder Pflanzen zur künftigen Versetzung in Menge gezogen werden.

2. Figürlich. 1) Die Versammlung des Lehrers und der Lernenden, wo es doch nur von solchen Versammlungen dieser Art üblich ist, in welchen die ersten Anfangsgründe der menschlichen Kenntnisse oder Fertigkeiten gelehret werden; ohne Plural. Schule halten. Die Schule anfangen. Die Schule ist aus. 2) In den Reitschulen werden die künstlichen und regelmäßigen Gänge eines Pferdes Schulen genannt. Ein Pferd alle Schulen machen lassen, es durch alle Schulen führen. 3) In den bildenden Künsten, besonders der Mahlerey, werden nicht nur die sämmtlichen Schüler eines großen Meisters dessen Schule genannt, die Schule des Raphael, Caraccio, Rubens; sondern auch die Folge der sämmtlichen Mahler eines Landes oder einer Provinz, in deren Werken man einerley Geschmack antrifft, in welchem Verstande man denn gemeiniglich fünf Mahlerschulen in Europa anzunehmen pflegt, die Römische oder Florentinische, die Venezianische, die Lombardische, die Niederländische oder Deutsche, und die Französische Schule. Die übrigen Nationen haben keine Schulen, welche ihren Nahmen führeten.

Anm. Schon bey dem Kero Scuala, im Nieders. Schoole, im Engl. School, im Schwed. Skola, im Böhm. Sskola, im mittlern Lat. Escola, im Franz. Ecole; alle aus dem Latein. Schola, Griech. σχολƞ. Das letzte leitet man gemeiniglich von einem Stammworte her, welches Ruhe bedeutet, weil zum Lernen so wohl Ruhe des Leibes, als auch richtige Fassung des Gemüthes nöthig[1678] ist; allein es kann auch ein Verwandter von unserm Gilde, Versammlung, seyn, und mit demselben zu Gall, gällen, schallen u.s.f. gehören, und zunächst das mit einer Versammlung mehrerer verbundene Geräusch bezeichnen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1677-1679.
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