Antiochēnische Schule

[583] Antiochēnische Schule, eine theologische Schule, die im Gegensatz gegen die idealistische und spekulative, oft ins Phantastische abschweifende Richtung der Alexandrinischen Schule (s. d.) sich die nüchterne Erforschung des einfachen Schriftsinnes, mit Verwerfung der allegorischen Auslegung, zur Aufgabe setzte, und aus deren Reihen daher die gründlichsten und gelehrtesten Exegeten hervorgegangen sind. Als Stifter der Schule werden Dorotheos und Lukianos (gest. 311), zwei Presbyter zu Antiochia in Syrien, genannt, und zu ihren bedeutendsten Vertretern gehören Cyrillus von Jerusalem, Diodor von Tarsos und dessen Schüler Theodor von Mopsuestia sowie der Bischof Johannes Chrysostomos von Konstantinopel. Die letzten namhaften Vertreter der Schule waren Ibas von Edessa und der Kirchenhistoriker Theodoretos, Bischof von Cyrus. Der Gegensatz der antiochenischen Schule zu der alexandrinischen war anfangs ein bloß wissenschaftlicher, wurde aber unter den origenistischen und nestorianischen Streitigkeiten zu einem ausgeprägten kirchlich-dogmatischen, indem die alexandrinische Schule in Bezug auf das Verhältnis der beiden Naturen in Christus zu einer monophysitischen Auffassung hinneigte, während die a. S. an der Trennung der Naturen festhielt. Vgl. Kihn, Die Bedeutung der antiochenischen Schule auf exegetischem Gebiet (Weißenburg 1867).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 583.
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