Staub, der

[307] Der Staub, des -es, plur. car. ein Collectivum, mehrere so sehr zerkleinte Theile eines trocknen Körpers zu bezeichnen, daß sie zwischen den Fingern unfühlbar sind, und sich leicht von der Luft und dem Winde erheben lassen. 1. Im weitesten Verstande. Moses machte das gegossene Kalb zu Staub, 5 Mos. 9, 21. wofür doch jetzt so wie in andern ähnlichen Fällen Pulver üblicher ist. Wenn Staub in diesem weitern Verstande allein stehet, so verstehet man darunter gemeiniglich die zarten unfühlbaren Theile, welche sich von allen Körpern abreiben, sich in der Luft erheben, und sich wieder auf andere Dinge legen. Voller Staub seyn. Den Staub abkehren, ausklopfen. Näher bestimmet man einen solchen zerkleinten Körper durch die Zusammensetzung: Kohlenstaub, Mehlstaub, Spreustaub, Mühlenstaub, Blumenstaub, Feilstaub, der diesen Nahmen doch nur uneigentlich führet u.s.f. 2. In engerer Bedeutung ist der Staub zu unfühlbaren Theilen zerkleinte Erde, oder Sand, welche sich leicht in der Luft erheben. Ein großer, dicker Staub. Es erhebet sich ein Staub. Der Wind erhebet den Staub. Staub machen, erregen, diese zarten Theile in die Luft treiben. Ich erwartete nicht, daß sie den Staub, den sie mit den Füßen aufstoßen, für Wolken ausgeben würden. Weiße. Jemanden Staub in die Augen streuen, figürlich, ihm etwas Falsches vorbilden, um ihn zu hintergehen. Ich weiß, daß er sich albern stellt, um ihr Staub in die Augen zu werfen, Weiße. Besonders gebraucht man es in verschiedenen figürlichen Redensarten, den Staub der tiefsten Niedrigkeit, der Demuth zu bezeichnen. Im Staube liegen, in der tiefsten Niedrigkeit. Jemanden aus dem Staube erheben, hervor ziehen.


Denn sinkt der schwache Henker, den Frevelthat und Glück

Vom (besser aus dem) Staub' erhoben hatte, in seinen Staub zurück,

Dusch.


[307] In den Staub treten, auf das verächtlichste behandeln, in die tiefste Niedrigkeit versetzen. Ich trat dein zitterndes Alter in den Staub der Dürftigkeit und Verachtung nieder, von Brawe. Sich im Staube krümmen, in der tiefsten Demuth, Niedrigkeit.


Und siehst, wie sich der Stolz

Der Tyranney im blutgen Staube krümmt,

Weiße.


In der höhern Schreibart gebraucht man es auch häufig figürlich für Erde, besonders wenn deren Verächtlichkeit oder Vergänglichkeit zugleich mit bezeichnet werden soll.


Unsterblich, doch des Todes Raub,

Sind wir halb Engel und halb Staub,

Cron.


3. Man hat von diesem Worte auch das Diminut. Stäubchen und im Oberdeutschen und der edlern Schreibart der Hochdeutschen Stäublein, welches aber nicht collective, sondern individualiter gebraucht wird, einen einzigen solchen unfühlbaren Theil zu bezeichnen. Es ist mir ein Stäublein in das Auge gekommen. Das Sonnenstäublein. Welches Wort denn auch für ein unmerklich Weniges gebraucht wird. Nicht ein Stäublein, nicht das geringste. Ein Stäublein Salz, sehr wenig. Aus dem Frisch erhellet, daß Staub, Nieders. Stoff, ehedem auf eben diese Art gebraucht worden.

Anm. Bey dem Ulphilas Stub, Stubjus, bey dem Notker Stoub, bey eben demselben aber auch daz Stuppo, Ottfried Stubbi, Willer. Stuppe, (welches vermuthlich ein Intensivum von Staub ist,) im mittlern Lat. Estopa, im Nieders. Stoff, im Dän. Stöf, im Schwed. Stoft, Stybbe. Martinius, Junius und Frisch leiten es von dem Griech. σιβειν, mit den Füßen stampfen, her, weil dadurch der Staub erhoben wird, Wachter noch unwahrscheinlicher von σποδος, Asche. Das Griech. σιβειν, kann mit seinen Verwandten stäupen, stampfen, stapfen u.s.f. allerdings als das Stammwort angesehen werden, doch in dem allgemeinsten Begriffe, da es ein Ausdruck eines stumpfen und dumpfigen Stoßes ist, vermittelst dessen Körper zermalmet und zu Staub verwandelt werden; wenn anders nicht die Erhebung in die Luft der Stammbegriff ist. Siehe Stauben, Stäuben und Stieben. Ohne Zischlaut ist im Ißländ. Dupt, und Schwed. Doft, der Staub, S. Duft, und mit einem andern Endlaute im Nieders. Dust, Angels. und Engl. Dust.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 307-308.
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