Venus, die

[980] Die Vēnus, plur. car. in der Götterlehre der Römer, die Göttinn der Liebe zu dem andern Geschlechte, und figürlich diese Liebe selbst, in welchem Verstande dieses Wort auch noch bey den Deutschen Dichtern vorkommt. Es ist schon von andern bemerkt worden, daß die Stammsylbe dieses Wortes Ven, mit dem bey dem Willeram und andern alten Schriftstellern befindlichen Win, wino, ein Geliebter, Win, ein Freund u.s.f. verwandt ist, welches wiederum zu unserm fein gehören kann. Siehe dasselbe. Im Gothischen ist Wino, Wen, und im Angels. Win, die Gattinn, Ehefrau. In der Astronomie ist Venus der Nahme des schönsten Planeten am Himmel, welcher mit zu den untern Planeten gehöret, nächst dem Merkur der Sonne am nächsten ist, und, nachdem er vor der Sonne hergehet oder ihr folget, der Morgen- oder Abendstern genannt wird. Von der Venus in der ersten Bedeutung hat man auch im Deutschen verschiedene Zusammensetzungen. Der Venus-Berg, in der Chiromanthie, eine gewisse Erhöhung in der flachen Hand, der Liebesberg; die Venus-Bäule, in der Arzneykunst, eine durch unreinen Beyschlaf verursachte Bäule, die[980] Bubone, Feigwarze; Venus-Blümchen, im gemeinen Leben, Finnen im Gesichte, so fern sie von unreinem oder gemißbrauchtem Beyschlafe herrühren; das Venus-Haar, ein Kraut, Polytrichum commune Linn. S. Goldhaar und Frauenhaar; die Venus-Krankheit oder Venus-Seuche, bey einigen Ärzten, die venerische Krankheit, S. Franzosen; der Venus-Nabel, ein Kraut, Colyledon communis Linn. S. Nabelkraut; der Venus-Schacht, die Venus-Muschel oder die Venus-Schnecke, eine einschalige ungewundene Schnecke in Gestalt einer glatten weißen Röhre, die Porzellan-Schnecke, der Porzellanit; der Venus-Schuh, eine Pflanze, vermuthlich wegen des bauchigen aufgeblasenen Honigbehältnisses, Cypripedium Linn. Marien-Schuh, Pantöffelchen, und noch andere mehr.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 980-981.
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