[232] Die Inquisition. (Geschichte) Die Päpste bestellten in mittlern Zeiten gewisse Mönche aus dem Dominicaner- und Franciscaner-Orden zu so genannten Ketzerrichtern, d. h. zu Aufsehern über die Irrlehrer; diese nannte man Inquisitoren. Späterhin errichtete der König in Spanien, Ferdinand der katholische, ums Jahr 1484 ein allgemeines Ketzergericht für seine Lande, um die geheimen Juden und Mahomedaner zu züchtigen. Man blieb aber bald nachher bei diesen allein nicht stehen, sondern zog auch Christen der Ketzerei wegen vor dieses fürchterliche Tribunal, welches seine Urthelssprüche mit allem möglichen äußerlichen Glanz vollstrecken und die Schlachtopfer in dem so genannten Auto da Fe feierlich verbrennen ließ. [232] Die bei dem Gerichte üblichen Formen waren ganz willkührlich: Ankläger und Zeugen blieben dem Angeschuldigten verborgen; und hatte auch einer das Glück, frei gesprochen zu werden, so haftete doch immer eine gewisse Schande auf ihm, und er war unfähig zur Uebernehmung einiger Aemter. Zu den Eigenheiten der Inquisition gehörte auch dieses, daß man Verstorbene vor ihr anklagen und ihre Erben zwingen konnte, sich den empfindlichsten Strafen zu unterwerfen, um die Sünden ihres Vorfahren zu verbüßen. – Ungeachtet der abscheulichen Verfassung des ganzen Instituts, welches recht absichtlich darauf bedacht war, alle gesellschaftliche Bande zu zerstören und Schrecken und Mißtrauen zu verbreiten, wurden doch in Portugal, Venedig und Rom dergleichen Tribunäle errichtet, und sogar Ostindien mit einem versehen, welches zu Goa seinen Sitz nahm. Je nachdem die jedesmahligen Regenten in Glaubenssachen gesinnt und der Aufklärung gunstig oder feind waren, je nachdem war auch der Einfluß der Inquisition in diesen Ländern stärker oder schwächer. Carl der dritte räumte ihr gegen das Ende seiner Regierung einige neue Vortheile ein, nachdem er sie vorher durch die Vertreibung der Jesuiten aus Spanien grdemüthigt hatte; und die Königin Maria von Portugal ließ zur Stärkung der Gläubigen noch im Jahre 1778 ein feierliches Auto da Fe halten. Am Spanischen Hofe scheint die Inquisition jetzt in der Person des Friedensfürsten einen heftigen Gegner zu haben, und auch sogar von der Königin selbst nicht sonderlich begünstigt zu werden. Auch ist wirklich in diesem Jahre (1797) daselbst zum ersten Mahle ein Urtheilsspruch des heiligen Gerichts (wider Don Ramon de Salas, Professor der Rechte zu Salamanca, welcher wegen angeschuldigter Ketzereien von der Inquisition zu einjähriger Gefängnißstrafe und nach mahligen vierjährigen Verhafte in einem Kloster verurtheilt worden) von den beiden weltlichen Räthen, die als Beisitzer bei der Untersuchung gegenwärtig sein müssen, angefochten und, nachdem sich diese an den Friedensfürsten gewendet, nach nochmahliger Durchsicht der Verhandlungen durch einen königlichen Befehl für ungültig erklärt worden.