[146] [146] Die Missionen. Man versteht unter dieser Benennung die Anstalten, welche von Zeit zu Zeit gemacht worden sind, um den Ungläubigen in fremden Welttheilen die christliche Religion bekannt zu machen. Da jede Religionspartei von jeher gewohnt war, ihren Glauben weiter auszubreiten und sich so viele Anhänger als möglich zu machen, so kann man sich nicht wundern, daß die Anhänger des christlichen Glaubens die nehmlichen Gesinnungen hegten und ihrer Lehre überall Eingang zu verschaffen suchten: nur wäre zu wünschen, daß sie dabei mit wahrer christlicher Duldung und Schonung zu Werke gegangen sein und den Glauben nicht mit Unterdrückung und Gewalt ausgebreitet haben möchten; aber leider liefert die Geschichte der Missionen öfterer ein trauriges Gemählde von Tyrannei und Priesterfanatismus, als eine herzerhebende Darstellung der durch die Religion beglückten Heiden. Die Missionairs, welche die katholische Kirche aus dem Schooße der Capuziner, Dominicaner und Jesuiten aussendete, um die Ungläubigen in den außereuropäischen Reichen zu bekehren, stifteten sehr wenig Gutes, und wirkten gewöhnlich nur so lange, als sie sich selbst an jedem Orte aufhielten: kaum hatten sie sich aber anderwärts hingewendet, oder waren auch zur Flucht mit Gewalt genöthigt worden; so überließen sie sich ihrer altväterlichen Religion, und vertilgten den neuen Glauben, den man ihnen mit Gewalt aufgezwungen hatte, bis auf die geringste Spur. Die Missionsanstalten, welche von lutherischen oder mit diesen verwandten Religionsgemeinden gemacht worden sind, haben einen bessern Fortgang gehabt, und wegen der Duldsamkeit der Lehrer in Amerika und Ostindien viel Eingang gesunden; dahin ist vorzüglich die Dänische Missionsanstalt auf Tranquebar zu rechnen, welche schon seit 90 Jahren besteht. Die Europäer verdanken den meisten Missionairs eine genauere Kenntniß der von ihnen bereisten Länder, namentlich den Missionairs, welche nach China, Japan und Ostindien gegangen sind. Länder und Völkerkunde haben dadurch unbezweifelt gewonnen: und wenn man auch annimmt, daß die heidnischen Völkerstämme nicht durchgängig den Religionswahrheiten geneigt sind, welche ihnen die Missionairs vortragen; so [147] erhalten sie doch zugleich von ihnen Kenntnisse von andern Künsten und Fertigkeiten, welche sie in der Folge zu einem höhern Grad der Cultur führen können, wie z. B. von der Schreibekunst.
Brockhaus-1809: Missionen