[189] Milton (Miltʼn), John, der Dichter des verlorenen Paradieses, geb. 1608 zu London, studierte zu Cambridge Theologie, mochte aber die Symbole der Hochkirche [189] nicht unterschreiben u. blieb deßhalb ohne Amt, unterbrach eine Reise auf dem Festland nach dem Ausbruch der engl. Revolution u. eilte nach England, um zu beweisen, daß ein ganz vortrefflicher Dichter in politischen Angelegenheiten sehr blind u. einseitig werden könne. M. wurde zum entschiedenen Independenten und zum aufrichtigsten Lobredner Kromwells; er vertheidigte König Karls I. Hinrichtung, die Blutthaten in Irland und schrieb »pro populo Anglicano« noch als Kromwell, dessen Geheimsekretär M. geworden, bereits gest. war und bis er selber völlig erblindete. Die Wiederherstellung des Königthums brachte dem Dichter Absetzung und einiges Gefängniß; blind. arm. vielfältig verspottet und gehaßt dictierte er »The paradise lost«, dessen 12 Gesänge 1667 erschienen, aber erst viel später Anerkennung, Erklärer und Uebersetzer in viele Sprachen (in die deutsche an Bodmer 1732, Zachariä 1762 u.a., zuletzt an Böttiger und Kottenkamp) fanden. Es ist die Frucht einer langdauernden melancholisch erhabenen Gemüthsstimmung und spricht das Gefühl der Unbefriedigung des Erdenlebens laut und kräftig aus; oft kehrt der zornige Dichter den Pfeil seines Spottes gegen die Wirklichkeit, oft ergeht er sich in theologischer Polemik und Allegorien, aber überall liegt eine großartige Weltanschauung im Hintergrunde, herrscht neben tiefer wahrer Empfindung eine äußerst reiche Phantasie; Sprache zuweilen gelehrt und allzugedrängt, aber neu u. kräftig. M. dichtete noch »das wiedergewonnene Paradies«, welchem das allgemeine Urtheil vielleicht allzuwenig Werth beilegt. Sicher ist, daß schon in M.s Jugendgedichten sich wunderschöne Schilderungen finden u. daß er es war, welcher den ernstphilosophischen Charakter der engl. Nationalpoesie feststellte und zugleich der Sprache der Dichtkunst vollendete Correctheit verlieh. M. begann auch eine Geschichte Großbritanniens, die zur Ausbildung der engl. Prosa beigetragen hat, und st. 1674. Neueste Lebensbeschreibungen von A. Geoffroy (Par. 1848), C. R. Edmonds (Lond. 1851) und E. P. Hood (Lond. 1851). Gesammtausgaben der Werke M.s durch Fletcher (Lond. 1834, 6 B.) und Milford (Lond. 1851, 8 B.).