Selim I

[220] Selim I. ein Türkischer Kaiser, berühmt durch Tapferkeit, aber eben so bekannt auch durch Grausamkeiten, wodurch er das Schrecken seiner Unterthanen ward. Wider seinen eignen Vater Bajazeth II. ergriff er die Waffen, und ließ, ob dieser gleich ihm nachher die Krone abtrat, ihn dennoch durch Gift auf die Seite schaffen. Er trat nun 1512 die Regierung an, die er aber bald durch das Blut seiner Brüder und mehrerer seiner nächsten Verwandten, ja selbst auch vieler seiner treuen und tapfern Bassen befleckte. Amurat, der Sohn seines ältesten von ihm gemordeten Bruders, suchte Schutz in Persien; Selim zog sogleich wider Sophi Ismael zu Felde, und gewann bei Zalderane 1514 eine Schlacht, die ihm aber gegen 50,000 Mann kostete. Bald bekriegte er auch den Campson Gauri, Sultan von Egypten, schlug ihn 1516 bei Aleppo in Syrien, und nahm Aleppo, Damascus etc. Gegen die Mamlucken, welche den Tomumbey zu ihrem Sultan gewählt hatten, war er nicht minder glücklich; er schlug sie (1517), ließ den unglücklichen Sultan kreuzigen, und bemächtigte sich nun ganz Egyptens, das er zu einer Provinz, und dadurch der Herrschaft der Mamlucken in Egypten (welche über 260 Jahre gedauert hatte) ein Ende machte. Doch auch [220] seine Stunde schlug; denn als er, von einer Pestbeule auf dem Rückgrade befallen, sich nach Adrianopel, wo er die Luft für zuträglicher hielt, tragen ließ, starb er (1520) unterwegs zu Cluri in Thracien, gerade an dem Orte, wo er seinen Vater hatte vergiften lassen, im 46sten Jahre seines Lebens und dem 8ten seiner Regierung. – Er war übrigens ein Fürst von Muth, Tapferkeit, Mäßigkeit und Freigebigkeit: er liebte die Wissenschaften, besonders die Geschichte, und ließ auch die Thaten des Alexander und des Julius Cäsar in die Türkische Sprache übersetzen; ja er war selbst auch Poet, und dennoch – grausam und blutdürstig. Seine Maxime war: »Es ist kein schöneres Leben, als wenn man die Nächsten am Throne umbringt, und so die Regierung von aller Furcht befreit!!«

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 5. Amsterdam 1809, S. 220-221.
Lizenz:
Faksimiles:
220 | 221
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika