Algebra

[51] Algĕbra ist im engern Sinne gleichbedeutend mit Buchstabenrechnung, d.h. mit der Rechnungsart, bei welcher man statt der bestimmten Ziffern allgemeine Zeichen oder Buchstaben anwendet; im weitern Sinne aber begreift sie den Theil der Arithmetik, welcher unbekannte Größen durch Gleichungen finden lehrt. Das eigentliche Wesen derselben besteht darin, daß man die unbekannte oder zu suchende Größe als eine gleichsam schon bekannte annimmt und sie mit den bekannten Größen oder mit den gegebenen Bedingungen der Aufgabe so verbindet, bis man durch eine kürzere oder längere Reihe von Schlüssen und Entwickelungen dahin kommt, die unbekannte Größe ganz allein durch die bekannte darzustellen. Für die bekannten Größen bedient man sich der Anfangsbuchstaben des lat. Alphabets, für die unbekannten der letzten Buchstaben; übrigens kann man für eine Zahl beliebig einen Buchstaben wählen; doch muß er in einer und derselben Rechnung immer die einmal angenommene Bedeutung behalten. Größen, die wirklich vorhanden sind, z. B, Vermögen, werden durch das Zeichen + (plus), nicht vorhandene, wie Schulden, durch – (minus) angegeben. Durch das erstere wird auch die Addition, durch das andere die Subtraction, sowie durch einen Punkt die Multiplication und durch einen horizontalen Strich zwischen beiden Größen die Division angedeutet; = ist das Zeichen völliger Gleichheit zweier Größen. Die Hauptschwierigkeit bei algebraischer Lösung einer Aufgabe ist der Ansatz, d.h. das Bilden der Gleichung aus den angegebenen Thatsachen. Da die Algebra über das ganze Gebiet der mathematischen Wissenschaften sich erstreckt, da man in den neuern Zeiten selbst die Geometrie sehr vortheilhaft durch Algebra zu behandeln pflegt, und da sie endlich ein ebenso anziehendes als zweckmäßiges Mittel zur Schärfung des Verstandes ist, so sollte sie mehr als bisher unter die Gegenstände des allgemeinen Unterrichts aufgenommen werden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 51.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: