Amortisiren

[71] Amortisīren heißt dem Verkehre entziehen, für null und nichtig erklären. Da geistliche Stiftungen die einmal erworbenen Güter nur in seltenen Fällen wieder veräußerten, so nannte man jedes an ein Stift, an ein Kloster oder an eine Kirche veräußerte unbewegliche Gut ein amortisirtes oder in die todte Hand verfallenes, weil dasselbe dadurch allem Verkehre entzogen wurde. Durch den Glauben, daß Vermächtnisse zu frommen Zwecken einen Anspruch auf die Seligkeit begründeten, nahmen die Amortisationen oder Veräußerungen an die todte Hand im Mittelalter dermaßen zu, daß dem Staate große Nachtheile daraus erwuchsen. Deshalb wurden durch die deutschen Kaiser und die meisten andern Landesfürsten die noch bestehenden Amortisationsgesetze erlassen, welche die Erwerbungen unbeweglicher Güter der Kirche entweder ganz untersagten, oder der Genehmigung der Staatsgewalt unterwarfen. Doch waren bereits schon zu viele Güter amortisirt, und so sah man sich seit dem westfäl. Frieden im J. 1648 genöthigt, Säcularisationen, d.h. Verwandlungen geistlicher Güter in weltliche, vorzunehmen. – Staatsschuldscheine werden dadurch amortisirt, daß der Staat sie auslöst und nicht wieder in Umlauf bringt. Wenn Urkunden amortisirt, d.h. für ungültig erklärt werden sollen, so sind zuvor sowol Diejenigen, welche im Besitze derselben sind, als auch Die, welche irgend einen Anspruch darauf begründen könnten, öffentlich vorzuladen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 71.
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