[618] Kloster heißt die gemeiniglich durch hohe, düstere Mauern eingeschlossene Wohnung der nach irgend einer gemeinschaftlichen Regel lebenden Mönche und Nonnen. Die beschauliche und andächtige Lebensweise der Mönche (s.d.) war im Morgenlande, namentlich in Ägypten, längst heimisch gewesen, als durch das Bedürfniß der Gemeinschaft die Klöster entstanden. Es geschah dies zu Anfang des 4. Jahrh. in den Wüsten Oberägyptens, wo der heil. Antonius (s.d.) eine Anzahl Einsiedler um sich versammelte, die zur Ausübung gemeinschaftlicher Andachten ihre Hütten, Lauren genannt, nebeneinander baueten und für ihren Unterhalt und die Armen Matten von Palmen flochten. Eine noch größere und geordnetere Einsiedlercolonie zu gleich frommen und gemeinnützigen Zwecken gründete um die Mitte desselben Jahrh. Pachomius, ein Schüler des h. Antonius, auf Tabenna, einer Nilinsel in Oberthebais. Die Colonie, in der sich schon Vereine von Nonnen befanden, umfaßte mehre in geringer Entfernung voneinander erbaute Häuser, in deren jedem eine Anzahl Mönche zu drei bis vier in Zellen neben einander wohnten und unter einem Prior standen. Sämmtliche Priorate bildeten das Cönobium oder Monasterium (Münster) und wurden von einem Vorsteher, der Abbas (Vater), Hegumen (Anführer) oder Ar chimandrit hieß, regiert und zu einer bestimmten gleichförmigen Lebensordnung angehalten. Die an dem Cönobium theilnehmenden Mönche hießen von ihrem gemeinsamen Zusammenwohnen Cönobiten, im Gegensatz der vereinzelt lebenden Eremiten und der wild umherschweifenden Anachoreten. Die Anzahl der nach und nach auf Tabenna angesiedelten Mönche soll sich nach des Pachomius Tode im I. 348 auf 56,000 belaufen haben. Bald bildeten sich nach dieser Einrichtung der Cönobien auch außerhalb Ägyptens in Palästina, Syrien, Armenien und Kleinasien zahlreiche Mönchsgesellschaften. Jedes Kloster empfing jetzt noch seine Regel von seinem Gründer und die allgemeinen Bedingungen, denen man sich beim Eintritt in dasselbe stillschweigend und ohne feierliche Gelübde unterzog: unbedingter Gehorsam gegen den Vorsteher, Aufgebung alles eignen Willens und Besitzes, Ertödtung der Sinnlichkeit, Verachtung der Welt, um allein Gott und göttlichen Dingen zu dienen, hatten nur so lange Geltung, als die Neigung, sie zu erfüllen, dauerte; doch gab es in jener Zeit oft Mönche, die, hierdurch nicht befriedigt, das Kloster verließen, um in der Wüste den furchtbaren Kampf verzweifelter Selbstpeinigung zu beginnen. Erst als die Klöster auch in und bei den Städten errichtet wurden und der strengen Clausur ungeachtet, wie man das Verbot hinauszugehen und mit Weltleuten zu verkehren, und davon auch die Mönchswohnungen claustra, d.i. verschlossene Örter, Klöster nannte, nicht gegen die sittenverderbende Nähe der Städte geschützt werden konnten, erhielten sie durch Basilius den Großen (s.d.) eine Regel, die für das ganze Morgenland Geltung gewann und noch jetzt von den griech. und armenischen Mönchen befolgt wird. Vorzüge der Kleriker, deren Pflanzschule sie später wurden, genossen jetzt die Mönche noch nicht; doch waren sie in der Hand gewaltthätiger Bischöfe ein leicht aufzureizendes Heer, welches oft gebietend über die Meinungen und die Gewalt der Menschen im Kampfe gegen Heiden und Ketzer weder die kaiserliche Macht noch die Gesetze scheuete. Im Abendlande wurde das Mönchthum durch das Gefolge des Athanasius bekannt, zuerst angestaunt und verabscheut, aber bald durch die ausgezeichnetsten Kirchenlehrer verbreitet und befestigt. Die ersten Klöster, die in Italien und an der Südküste von Frankreich gestiftet wurden, nahmen sich anfangs morgenländische Regeln zum Muster, ungeachtet dieselben das natürliche Bedürfniß abendländischer Mönche weit überstiegen, als Benedict von Nursia in der romantischen Wildniß von Montecasino 529 sein Kloster gründete, und durch seine milde, aber festgeordnete Regel mit ewigen Gelübden bald die meisten Klöster des Abendlandes zu einer genau gegliederten Gesellschaft vereinte und zu heilsamer Thätigkeit anhielt. In jenen Zeiten der Unwissenheit und des Aberglaubens hatten die Klöster ihren großen Nutzen. Dem ausgearteten Christenthum erhielten sie die Tugenden der Mildthätigkeit und Freigebigkeit; andere sind Freistätten der Wissenschaft geworden und haben durch gelehrte Beschäftigung ihrer Bewohner die Denkmale des Alterthums einer spätern Zeit aufbewahrt; andere haben Wüsteneien urbar gemacht und in fruchtbaren Boden umgewandelt; noch andere haben durch die Missionare, die sie aus ihrer Mitte entsandten, vielen europäischen Völkern Sitte und Belehrung gebracht. Doch zeigten sich innerhalb der Klöster auch schon frühzeitig die Spuren der Verderbniß. Ihr fortwährend zunehmender Reichthum verführte zu Müßiggang und Schwelgerei, und die erzwungene Geschlechtsverleugung erzeugte die unnatürlichen Sünden, die den Namen Klostersünden erhielten. Die allgemeine Roheit des Zeitalters machte das Verderben noch größer. Oft wurden die Klöster wegen ihrer einträglichen Pfründen, namentlich in Frankreich, als ein Lehn und Erbe weltlichen Großen vom Landesherrn [618] ertheilt, die dann als Laien und Commendaturäbte nur die Einkünfte bezogen. Die heiligen Mauern ertönten nicht selten von dem Geschrei der Weiber, Kinder, Soldaten und Hunde, und die Bischöfe, welche die ursprünglichen Aufseher und Visitatoren der Klöster waren, thaten nichts, was die verfallene Zucht und das verwilderte Leben der Mönche und Nonnen gebessert hätte. Nur die von Karl dem Großen zur bessern Bildung des Klerus zu Tours, Lyon, Köln, Trier, Fulda, Osnabrück, Paderborn, Würzburg und an andern Orten errichteten Klosterschulen behielten auch im 9. und. 10. Jahrh. eine würdigere Haltung. Ein neuer und besserer Geist des Klosterlebens ging zuerst wieder von dem 910 errichteten Kloster Clugny in Burgund aus, wo durch den Abt Berno, aus dem Geschlechte der Grafen von Burgund stammend, die fast vergessene Regel Benedict's, mit einigen Zusätzen geschärft, wieder auflebte. Unmittelbar dem Papste unterworfen und von geistlicher und weltlicher Gerichtsbarkeit befreit, wurde Clugny unter den streng hierarchisch gesinnten Nachfolgern des Berno, Odo und Odilo, das Haupt der berühmten Benedictinercongregation, die im 12. Jahrh. an 2000 Klöster, meist in Frankreich, umfaßte. An der Spitze der monarchisch-aristokratischen Regierung der Congregation stand der Abt von Clugny, von den Mönchen daselbst erwählt, aus denen er mit wenigen Ausnahmen allen andern Klöstern Prioren bestellte, und einem Generalcapitel derselben, das sich jährlich in Clugny versammelte, war die Oberaufsicht und Gesetzgebung anvertraut. Auch in andern Ländern vereinte das Bestreben, durch die erneuete und geschärfte Regel Benedict's dem Mönchthume seine Bedeutung zu sichern, begünstigt durch den allgemeinen Trieb nach Corporationen, die Klöster zu ähnlichen Congregationen, oder wurde die Ursache zu neuen Orden von Religiosen, die ohne die bischöfliche Aufsicht (eximirte Klöster) meist unmittelbar im Dienste der Päpste standen, von deren Bestätigung die Rechtsbeständigkeit eines Klosterordens abhängig war. Hierdurch, sowie durch die Strenge der Regeln, wuchsen die Klöster und Orden schnell zu Macht und Ansehen empor. In den Zeiten der Kreuzzüge beerbten die Klöster oft die Pilger, die nicht wiederkehrten, und weil in dem raub- und fehdelustigen Mittelalter das Klostergut dadurch, daß es der frommen Entsagung und den Armen zur Pflege und Unterstützung diente, meist noch geschützt und gesichert war, so wurde dies gleichfalls ein Umstand zu ihrer Bereicherung. Aber der hierdurch entstandene Widerspruch eines Gelübdes der Armuth neben den erworbenen Reichthümern führte aufs neue den Verfall der Klöster herbei, indem mit dessen Genusse die Strenge der Sitten, die Ehrfurcht des Volkes und der dadurch begründete Einfluß nachließ. Daher war auch ihr Schicksal zur Zeit der Reformation, wo sie theils aufgelöst, theils gewaltsam aufgehoben wurden, nicht ganz unverdient. Aber das dadurch freigewordene Klostergut wurde nur zum geringen Theil seiner Bestimmung entsprechend zu milden und wissenschaftlichen Stiftungen angewandt; der bei weitem größere Theil desselben fiel dem Staate anheim, oder kam durch Zurückhaltung von Zinsen und Gefällen dem Volke zu Gute. Wie groß indeß auch der äußere Verlust war, den die Klöster durch die Reformation erlitten hatten, so war er doch selbst für die innere Verbesserung derselben nicht ohne Folgen gewesen, sodaß sie in den katholischen Ländern noch bis ins 18. Jahrh. ruhig fortbestanden. Aber der schnell um sich greifende Einfluß eines neuen Zeitgeistes raubte ihnen immer mehr in den Augen des Volkes ihr Ansehen, sowie die gesunkene päpstliche Macht selbst bei den selbständig gewordenen Staaten ihnen auch keine Stütze mehr sein konnte. Was die Klöster hin und wieder noch Gutes leisteten, durch Atmen- und Krankenpflege, durch Unterricht und Erziehung, durch Besserung sittlich verwahrloster Menschen, oder was sie in frühern Zeiten für Kunst und Wissenschaft, für Völkerbildung und Länderanbau einflußreich und verdienstlich gemacht hatte, das fand entweder bei dem leidenschaftlich verfolgten Interesse der Staatenverbesserung und allgemein menschlicher Bildung keine Beachtung, oder es wurde aufgewogen durch die Nachtheile, die sie durch die Beförderung der Ehelosigkeit der Bevölkerung, durch ihre Bereicherungen dem Nationalwohlstande, durch den Müßiggang und die geheimen Sünden ihrer Bewohner dem Gewerbfleiße, der Aufklärung, der wahren Religiosität und Sittlichkeit brachten. Von diesem Standpunkte aus war es daher ein zeitgemäßer Schritt, als Joseph II. 1781 zuerst die Klöster einiger Orden ganz aufhob und ihre Einkünfte dem Kirchen- und Schulfonds zuwandte, und andere, die er bestehen ließ, auf eine bestimmte Zahl von Religiosen einschränkte und außer alle Verbindung mit auswärtigen Obern setzte. Noch ungünstiger waren für das Bestehen der Klöster die Revolution in Frankreich und die daran geknüpften Ereignisse. Durch einen Beschluß der Nationalversammlung von 1790 wurden alle Orden und Klöster innerhalb Frankreichs aufgehoben, und in der Folge wurde dieser Beschluß auch über alle katholische Länder ausgedehnt, die durch Napoleon unter französische Herrschaft geriethen. Als nach dem Sturze Napoleon's das katholische Kirchenthum sich wieder fester zu begründen suchte, begannen auch die Klöster ihre frühere Stellung in demselben wieder einzunehmen. Am frühesten geschah dies in Italien und in Spanien und Portugal, wo sie jedoch neuerdings im Sturme der Revolution wieder untergegangen sind. Auch in andern Ländern, wie in Frankreich und Baiern, ist in einigen Concordaten, wie man Staatsverträge mit dem Papste nennt, das Fortbestehen der noch erhaltenen und die theilweise Wiederherstellung der aufgehobenen Klöster verheißen worden; doch hat bei letzterer der fromme Wille der Regierungen namentlich in der Herausgabe des Klosterguts große Hindernisse gefunden; ebenso wenig dürften die wiedererstandenen Orden der Franziskaner und Kapuziner in Baiern, wie sehr sie sich auch durch ihre Bestimmung für das Erziehungs- und Unterrichtswesen empfehlen, dem Bedürfniß der neuern Zeit entsprechen.
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