Burschenschaft

[355] Burschenschaft. Unter diesem Namen stifteten 1815 zuerst in Jena mehre Studirende, die zum Theil im deutschen Befreiungskriege mitgefochten hatten, eine Studentenverbindung, welche Unterdrückung des herkömmlichen, von frühern Studentenverbindungen, zuletzt von den sogenannten Landsmannschaften beförderten rohen Studententhums, die sittliche, körperliche und geistige Ausbildung ihrer Mitglieder und vermittels fortdauernden Zusammenhaltens derselben die Belebung des vaterländischen Sinnes bezweckte. Der Beifall, welchen diese Bestrebungen bei akademischen Lehrern fanden, hatte die rasche Verbreitung dieser Verbindung zur Folge und bei dem von der jenaischen Burschenschaft veranstalteten Feste auf der Wartburg (s.d.), dem am 18. Oct. 1817 Studirende von allen deutschen Universitäten beiwohnten, ward endlich die von Friedr. Ludw. Jahn (s.d.) angeregte Idee ausgeführt und die Vereinigung der einzelnen Verbindungen aller deutschen Universitäten zu einer allgemeinen deutschen Burschenschaft beschlossen, welche ein jährlich zu erneuernder Vorstand leiten sollte. Hierauf bildeten sich zuerst in Berlin, Heidelberg und Kiel, dann allmälig auf allen deutschen Universitäten Burschenschaften, welche gleichen Gesinnungen huldigten und miteinander in Verbindung traten. Dies Alles hatte die Aufmerksamkeit der Regierungen längst erregt, als 1819 die Ermordung Kotzebue's durch den verblendeten Jüngling Sand (s.d.), welcher der Burschenschaft angehört hatte, diese zum Gegenstande besonderer Verhandlungen der deutschen Regierungen machte, worauf sie in Folge des 1819 in Karlsbad (s.d.) gehaltenen Ministercongresses für aufgehoben erklärt und als demagogischer Umtriebe verdächtig, in strenge Untersuchungen verwickelt wurde. Aus diesen ging hervor, daß nur einzelne Mitglieder zu politischen Zwecken verbündet waren. Alle diese Maßregeln hatten aber keineswegs die Unterdrückung der Verbindung selbst, sondern nur die Verheimlichung derselben zur Folge und alle Bedrohungen verhinderten nicht die zunehmende Theilnahme an derselben. Nach den von Berlin aus 1824 erneuerten und vorzüglich in Köpenick geführten Untersuchungen, wohin die demagogischer Umtriebe verdächtigen Studenten abgeführt und in Folge derselben viele mit mehrjährigen Festungsstrafen belegt wurden, erfolgte zwar die Auflösung des allgemeinen Verbandes der Burschenschaft, allein als abgesonderte Verbindung bestand sie an den meisten Universitäten noch immer, ungeachtet fortdauernder Verfolgungen. Seit dem hambacher Feste von 1832, bei welchem Abzeichen mit Schwarz, Roth, Gold, den Farben der Burschenschaft, getragen wurden, erneuten und vervielfältigten sich diese mit zunehmender Strenge, auch erfolgte in mehren deutschen Ländern die Unfähigkeitserklärung ehemaliger Mitglieder der Burschenschaft zum Staatsdienste, und in Preußen wurde der Besuch auswärtiger Universitäten von der besondern Erlaubniß des Ministeriums abhängig gemacht.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 355.
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