Cirkassien

[434] Cirkassien oder Tscherkessien, eine russ. Provinz, welche den ganzen nördl. Theil Kaukasiens zwischen dem Hauptgebirge des Kaukasus und den Flüssen Kuban und Terek und dem schwarzen und kaspischen Meere einnimmt, einen Flächenraum von 1500 ! M. hat und von Tscherkessen, Osseten, Awchasen und mehren tatarischen Stämmen bewohnt wird. Die Tscherkessen zählen gegen 250,000 Seelen, theilen sich in elf Stämme, stehen unter eignen von Rußland abhängigen Fürsten und bewohnen die nördl. Abhänge des Kaukasus, zwischen dem schwarzen Meere und dem Kuban, die sogenannte große und kleine Kabarda. Sie sind ein schöner Menschenschlag, die Männer hoch und schlank, nervig, breitschulterig, mit braunen Haaren, schmaler, langer und grader Nase, die Weiber von ausgezeichneter Schönheit, daher sie von jeher von den Türken für ihren Harem gesucht wurden. Die Männer tragen den Kopf geschoren und lassen nur einen kleinen Haarbüschel auf dem Scheitel stehen; am Gürtel fehlt nie der Dolch und Säbel, zur vollständigen Bewaffnung gehören aber noch Flinte, Pistolen, ein Helm, eiserne Handschuhe und Armschienen und ein Panzerhemde; auch tragen die Tscherkessen rothe und zierliche Stiefeln, um die Schultern aber gewöhnlich einen rauhen Filzmantel. Sie sind treffliche Reiter, tapfer, entschlossen, stolz, höflich, gastfrei und sehr reinlich, aber auch habsüchtig, betrügerisch, hinterlistig und räuberisch. Ihre Wohnungen sind aus Weiden geflochten, von innen und außen mit Thon verklebt, mit Stroh gedeckt, und 40–50 solcher im Kreise stehender Hütten bilden ein Dorf. Hauptnahrungsquellen der Tscherkessen sind Ackerbau und Viehzucht; Waffen und Kleidungsstücke verfertigen sie sich meist selbst, reden ihre eigne Sprache und bekennen sich zur mohammedanischen Religion. Abgaben zahlen sie fast gar nicht, leben ziemlich frei und nur im Kriege müssen sie eine Anzahl Soldaten stellen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 434.
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