[40] Fingerhut ist der Name einer Gewächsgattung mit meistentheils großen, schönen, lange Trauben bildenden Blumen.
Der rothe Fingerhut, welcher auf waldigen Bergen mehrer Gegenden Deutschlands einheimisch ist und seiner Schönheit halber häufig in den Gärten gezogen wird, ist eine zweijährige Pflanze mit einfachem, aufrechtem, 2–3 Fuß hohem Stengel und eirund-lanzettförmigen, am Rande gekerbten, weichbehaarten Blättern. Die langen glockenförmigen [40] Blumen, welche gewöhnlich blaß purpurroth, seltener weiß gefärbt und innen mit dunklern Augenflecken bezeichnet sind, stehen in langen, reichblütigen Trauben nach einer Seite gewendet. Die Früchte sind vom Kelche umgebene, zweifächerige, vielsamige Kapseln. Diese Pflanze hat die kräftigsten, betäubend scharfen Eigenschaften und ist deshalb ein vorzügliches Heilmittel, das, in zu großer Menge eingenommen, Vergiftungszufälle und sogar den Tod herbeiführen kann. Anfangs verursacht es heftiges Brennen aller damit in Berührung gekommenen innern Theile, Durchfall und Erbrechen grasgrüner Massen, endlich Unruhe, Flimmern vor den Augen, Zittern der Glieder, Kopfweh, Schwindel, Dunkelheit oder gar Blindheit bei erweiterter, zuweilen auch verengerter Pupille; in den schlimmsten Fällen Zuckungen, Lähmungen, kalte Schweiße, bis der Tod durch Schlag eintritt. Als Gegenmittel bei derartigen Vergiftungen, die jedoch nur selten eintreten können, da die Berührung frischer Pflanzen durchaus nicht schädlich ist und die Blätter mit andern Nahrungskräutern nicht zu verwechseln sind, dienen besonders einfache Brechmittel, fette Milch, in heißem Wasser zerlassene Butter und später Essig, Citronensaft und andere Pflanzensäuren.