[340] Harpyien, d.h. die Raffenden, hießen bei den alten Griechen gewisse räuberische Wesen, Sturmgöttinnen, über deren Anzahl, Abstammung, Namen und Gestalt von den alten Dichtern sehr voneinander abweichende Nachrichten gegeben wurden.
Homer läßt sie mit den Erinnyen (s. Furien) am Okeanos wohnen und sagt von Solchen, welche spurlos von der Erde verschwunden: die Harpyien hätten sie hinweggerafft. Hesiod schildert sie als menschlich gestaltete Jungfrauen. Spätere Dichter konnten sie nicht scheußlich genug schildern, worin ihnen die Bildner jedoch nicht nachfolgten. Es hieß, sie seien Ungeheuer mit Jungfrauengesichtern, schönen Haaren, Geierflügeln und -Leibern, Bärenohren, Händen mit Krallen; auch erzählte man, wie die Argonauten den Phineus von ihnen befreit hätten. Sie galten später für bildliche Darstellungen der Wasserhosen und Wirbelwinde. (S. Argonauten.) – Harpyie nennt man auch einen der größten und stärksten Raubvögel, welcher in Südamerika lebt, dessen Naturgeschichte aber noch wenig bekannt ist. Er gehört zur Gattung der Adler und wird auch der grausame Habicht genannt. Sein Schnabel ist so stark, daß er mit demselben sogar einen Menschenkopf zu spalten im Stande sein soll. Ebenso gewaltig sind seine Klauen und Beine. Er hat am Hinterkopf einen Federbusch, den er im Zorn, sowie die Backenfedern, aufrichtet. Kopf und Hals sind aschgrau, der Rücken und die Seiten der Brust schwarzbraun, Brust und Bauch grauweiß, die obern Beine, soweit sie befiedert, weiß und braun gestreift. Der Schwanz ist schwarzbraun und blau gestreift, an der Spitze hellgrau. Die Länge der größten Harpyien soll über 3 F. betragen. Sie machen besonders auf Faulthiere Jagd.