[368] Hektisch pflegt man einen Menschen zu nennen, der in Folge einer im Innern seines Körpers stattfindenden oder tief eingreifenden Vereiterung oder auch nur Reizung an einem langsam verlaufenden, schleichenden, mit auffallender Abmagerung und Kräfteabnahme verbundenen Fieber leidet, das nur selten und dann sehr allmälig in Gesundheit übergeht, weit öfter dagegen durch Erschöpfung, Zerstörung eines edlen Organs oder Wasserergießung mit dem Tode endet. Kranke der eben angegebenen Art verrathen sich schon auf den ersten Anblick durch ihr Äußeres. namentlich durch ein ungewöhnlich schlaffes, abgemagertes, blasses Ansehen, eine eigenthümliche begrenzte Röthe der Wangen und tiefliegende, glänzende und feuchte Augen. Am gewöhnlichsten bald nach Tische oder auch in den Abendstunden stellt sich ein gelindes Frösteln ein mit nachfolgender trockener Hitze, Andrang des Bluts nach dem Gesicht, Rötherwerden der Wangen und Brennen in den Handtellern und Fußsohlen, bis um Mitternacht oder gegen Morgen ein abmattender, oft übelriechender Schweiß der fieberhaften Bewegung ein Ende macht. Gleichzeitig nimmt der Urin eine eigenthümliche Beschaffenheit an. Er hat eine hochrothe Farbe, zeigt auf seiner Oberfläche ein schillerndes Häutchen und riecht nach Veilchen. Der Schlaf erquickt nicht. Dabei bleiben jedoch Appetit und Verdauung lange Zeit gut, die Geisteskräfte ungetrübt. Merkwürdig sind in diesem Zustande die oft zuversichtlichen Hoffnungen, welche der Kranke über den glücklichen Ausgang seiner Krankheit hegt, während ihn der Tod vielleicht schon nach wenigen Stunden ereilt. Dieser erfolgt, nachdem sich kürzere oder längere Zeit zuvor zu den bereits genannten Erscheinungen noch erschöpfende Durchfälle gesellt haben, mitunter unerwartet schnell und sanft. Wie schon oben bemerkt, geben Vereiterungen oder Verschwärungen innerer Organe, so namentlich Lungen- und Halsschwindsucht, am häufigsten Veranlassung zur Entwickelung eines hektischen oder Zehrfiebers, aber auch schleichende, langwierige Entzündungen und Reizungen der verschiedenartigsten Organe, so z.B. weit verbreitete, mit fortwährendem Jucken verbundene Hautausschläge, übertriebene Geschlechtsaufregungen, die Harnruhr, Ausschweifungen mannichfacher Art u.s.w. können ein Zehrfieber herbeiführen, dessen glücklicher oder unglücklicher Ausgang hauptsächlich davon abhängt, ob die Ursache desselben der Kunst zugänglich ist oder nicht.