Kirschbaum

[610] Kirschbaum (der) mit seinen wohlschmeckenden Früchten, den Kirschen, ist ein ebenso beliebter als nützlicher Obstbaum und hat besonders zwei verschiedene Arten, von welchen die eine saure oder herbe, die andere süße Früchte trägt. Der Sauerkirschbaum (lat. Prunus cerasus) soll von dem röm. Feldherrn Lucullus, nachdem derselbe den König Mithridates besiegt hatte, im I. 74 v. Chr. aus der Stadt Cerasus oder Cerasunte in der Provinz Pontus am schwarzen Meere mit nach Italien gebracht worden sein, und von jener Stadt auch seinen latein. Namen erhalten haben, von welchem auch der franz. Name der Kirschen, les cerises, abzuleiten ist. Um das Jahr 50 n. Chr. ist der Baum nach England gekommen und von hier aus hat er sich allmälig über ganz Europa verbreitet. Derselbe hat wieder zwei Spielarten, von denen die eine stattliche Bäume bildet, während die andere mehr strauchartig bleibt und hängende Äste hat. In Bezug auf die Früchte gibt es sehr verschiedene Arten, indem dieselben durch Cultur mehr oder weniger veredelt sind. Namentlich sind zwei Sorten zu unterscheiden, eine mit hellrothen Kirschen, die einen farblosen Saft enthalten, und eine mit schwärzlichen Kirschen und gefärbtem Saft. Der Süßkirschbaum wächst in Europa wild als Vogel- oder Waldkirschbaum (lat. Prunus avium) mit kleinen, roth oder schwarz gefärbten süßen Früchten. Durch Cultur hat man eine große Anzahl veredelter Arten gewonnen. Die seinen wohlschmeckendern Kirschsorten werden meist roh genossen, während man aus den schwarzen Vogelkirschen das Kirschwasser und den Kirschgeist oder Kirschbranntwein bereitet. Ihren eigenthümlichen, den bittern Mandeln ähnlichen Geschmack verdanken diese Flüssigkeiten den zerstoßenen Kirschkernen, welche einen geringen Antheil Blausäure enthalten. Aus den sauren Kirschen wird der Kirschsyrup bereitet, welcher ein kühlendes Getränk gibt, das man in hitzigen Krankheiten empfohlen hat. Außerdem benutzt man die Kirschen, namentlich die sauren, zur Bereitung von Kuchen und einer Menge anderer wohlschmeckender Speisen. In neuerer Zeit hat man in vielen Gegenden die Kirschbäume in großer Menge angepflanzt, indem man theils die Straßen zu beiden Seiten mit ihnen besetzt, theils größere Plantagen angelegt hat. Das Holz der Kirschbäume ist von seiner Structur und wird daher von Tischlern und Drechslern zu feinern Holzarbeiten, namentlich zu Möbeln verarbeitet. Es nimmt eine seine Politur an, durch welche es dem Mahagoniholz ähnlich wird. – Das Kirschharz, welches oft in sehr großer Menge aus den Kirschbäumen fließt, ist ein Gummi und kann ähnlich wie das arabische Gummi gebraucht werden. Als Zierpflanze baut man in Gärten den gefüllten Kirschbaum an, welcher schöne große und gefüllte weiße Blüten hat, aber selten Früchte trägt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 610.
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