Kniphausen

[621] Kniphausen, eine souveraine Herrlichkeit oder Herrschaft, bildet einen Staat des deutschen Bundes, liegt, ringsum vom Großherzogthume Oldenburg eingeschlossen, westl. von der Jahde, und ist der kleinste Staat Europas; denn sein Flächeninhalt beträgt nur zwei Quadratstunden. Er wird beherrscht von der Familie Bentinck, welche zugleich Güter in Nordniederland und die Herrschaft Varel in Oldenburg (21/4 ! M. mit 6000 Einw.) besitzt. Die Herrschaft Kniphausen gehörte früher zu Jever, wurde aber von der letzten Besitzerin dem Grafen Johann von Oldenburg vermacht, der seine Rechte an den Freiherrn Wilhelm von Kniphausen überließ. Im J. 1757 kam sie endlich an die aus der Pfalz stammende freiherrliche Familie Bentinck, welche, in den Niederlanden begütert, mit König Wilhelm III. von Oranien nach [621] England kam und die britische Pairswürde erhielt. Zur Zeit Napoleon's ward Kniphausen erst dem neugeschaffenen Königreiche Holland und sodann dem Departement Ostfriesland einverleibt, nach der Schlacht bei Leipzig von den Russen besetzt und bis 1826 von Oldenburg verwaltet. In diesem Jahre setzte der Bundestag die Familie Bentinck in alle ihre frühern Rechte wieder ein, jedoch so, daß der Großherzog von Oldenburg die Rechte ausübt, welche vormals mit der Reichshoheit verbunden waren, und der Bundestag die Reichsgesetzgebung hat. Die Streitfrage über die Nachfolge, welche vor einigen Jahren zu unruhigen Auftritten Veranlassung gab, ist zwischen den beiden Prätendenten, welche Ansprüche auf die Erbschaft des Grafen Wilhelm machen, noch nicht entschieden. Kniphausen hat etwa 3000 Einw., die sich mit Viehzucht und Schifffahrt beschäftigen; und der souveraine Staat besitzt das Recht, seine eigene Flagge zu führen. Das Residenzschloß heißt auch Kniphausen; der größte Ort im Staate ist das Dorf Sengwarden mit 1400 Einw., die einen beträchtlichen Pferdehandel treiben.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 621-622.
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