Kreosot

[663] Kreŏsōt (das) ist ein eigenthümlicher Stoff, welcher dem Rauch, dem Holzessig, dem Theerwasser und andern Stoffen, in welchen er enthalten ist, die Eigenschaft mittheilt, frisches Fleisch vor Fäulniß zu bewahren und es so haltbar zu machen, daß es zugleich noch als Nahrungsmittel zu brauchen ist. Schon seit langer Zeit hat man daher die Räucherung zur Erhaltung der Speisen angewendet und die Ägypter haben mit einer Art Holzessig die Leichname so wohl zu conserviren gewußt, daß sie sich als Mumien bis auf unsere Zeit erhalten haben. Erst in neuester Zeit hat Reichenbach den Stoff im reinsten Zustande dargestellt, welcher der eigentliche Schützer vor Verwesung ist und ihn mit einem griech. Namen, Kreosot benannt, welcher »Fleischerhalter« bedeutet. Derselbe ist eine tropfbare, farblos durchsichtige, ziemlich dünne, ölartige Flüssigkeit, wenig schwerer als Wasser und von stark lichtbrechender Kraft, sodaß er in eckigen Flaschen im Lichte prächtig irisirt. Er leitet die Elektricität nicht, macht auf Papier einen Ölfleck, der binnen Kurzem wieder verschwindet, hat einen durchdringenden, scharfen, sehr lange anhaltenden Geruch, einen sehr brennend ätzenden Geschmack, so daß er die Zunge sogleich verletzt. Innerlich genommen ist das Kreosot ein heftiges Gift. Es verdampft bei gewöhnlicher Temperatur langsam an der Luft, ist sehr schwer, d.h. erst bei sehr niedrigen Temperaturgraden, zum Gefrieren zu bringen und braucht, um zu sieden, einen sehr hohen Hitzegrad. Nach starker Erhitzung oder mit Hülfe eines Drahtes kann man das Kreosot verbrennen. Es brennt mit heller Flamme unter starkem Rußrauch. In Wasser ist es schwer löslich, indem 100 Theile Wasser von gewöhnlicher Temperatur nur 11/4 Theil Kreosot aufnehmen. Das Kreosotwasser, Auflösung des Kreosots in Wasser, hat einen brennenden, hintennach süßlichen Geschmack und riecht stark nach Rauch, welcher Geruch und Geschmack sich selbst dann noch nicht verliert, wenn ein Theil Kreosot in [663] 16,000 Theilen Wasser enthalten ist. Das Kreosotwasser conservirt frisches Fleisch vollkommen. Hat man dieses etwa eine Stunde in Kreosotwasser liegen lassen, so kann man es hernach in warme Luft hängen und es wird keine Fäulniß eintreten. Vielmehr trocknet das Fleisch allmälig ein und gleicht nach einiger Zeit dem geräucherten Fleische. Hiermit hängt auch die blutstillende Wirkung des Kreosotwassers zusammen, weswegen man es bei Wunden anwendet. Auch todte Pflanzentheile werden durch Kreosot vor der Verwesung geschützt. Im Kreosotwasser vermag jedoch kein organisches Wesen zu leben; Thiere sterben in ihm unter heftigen Zuckungen, Pflanzen sterben darin alsbald ab. Man hat von dem Kreosotwasser nützliche Anwendung in der Medicin gemacht; namentlich als blutstillendes Mittel und gegen Geschwüre, sogar gegen Krebs und Knochenfraß. Gegen den Schmerz in hohlen Zähnen hat man Kreosotwasser angewendet, indem man einen spitzen mit jenem benetzten Körper in den Zahn einbrachte. Auch zur Conservirung anatomischer Präparate u. dgl., sowie in der Färberei findet das Kreosot Anwendung.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 663-664.
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