Papier

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[397] Papier (das), jenes allbekannte und vorzüglich um darauf zu schreiben und zu drucken benutzte Erzeugniß des menschlichen Kunstfleißes, hat seinen Namen von der hier abgebildeten Papyrus- oder Papierstaude, einer Art Cypergras, welche in Ägypten, Syrien und auf der Insel Sicilien an Flüssen und andern Gewässern wächst und aus welcher das älteste in Europa bekannte Papier von den Ägyptern gemacht wurde.

Die Stengel dieser Pflanze werden über acht F. hoch, sind dreikantig und tragen die Blütendolden zwischen langen Blättern an der Spitze. Ihre Wurzel wurde von den Alten gegessen, aus den Halmen verfertigte man Seile und Bänder, die berühmteste Verwendung derselben war aber die zu Papier, welche im 4. Jahrh. v. Chr. von Ägypten aus in Gang kam. Man, zertheilte nämlich die Halme in die verschiedenen Logen, aus denen sie bestehen, breitete die dadurch erhaltenen Streifen dicht nebeneinander auf eine Tafel, feuchtete sie mit Nilwasser an, welches mit dem Pflanzensafte wie Leim wirkte, und legte andere kreuzweis darüber, preßte und trocknete das Ganze in der Sonne und glättete das Bessere mit einem Zahne. Später wurde die Fabrikation des Papiers in Rom sehr vervollkommnet, wo man es zu den Zeiten des Kaisers Augustus dahin durch Bleiche und Zurichtung gebracht hatte, daß die beste frühere Sorte die dritte geworden war. Das feinste wurde nach August selbst benannt und die nächste Sorte führte den Namen seiner Gemahlin Livia, andere die der Orte, wo sie in Ägypten gemacht wurden. Die auf diese Art erhaltenen Blätter waren schmal und nur etwa sechs Finger breit, und wurden Ende an Ende zu 20 zusammengeleimt und in eine Rolle geformt. Das ägypt. Papier blieb in Italien bis ins 11. Jahrh. in Gebrauch, obgleich sich aus dem innern Asien schon zu Anfang des 8. Jahrh. die Verfertigung von Papier aus Baumwolle zu den Arabern und weiter verbreitete, von ihnen im 11. Jahrh. auch nach Spanien verpflanzt wurde. Durch Benutzung der Einrichtung der dort bekannten Wassermühlen bei der Herstellung desselben entstanden die ersten sogenannten Papiermühlen, die nun allmälig auch in Frankreich, Deutschland und Italien eingeführt wurden und indem man durch Zusatz von leinenen Lumpen die Haltbarkeit seiner Masse zu erhöhen suchte, kam die seit dem 13. Jahrh. vorherrschende [397] Verfertigung des Papiers aus leinenen und hanfenen Lumpen oder Hadern auf, welche noch der Stoff zu den bessern Papiersorten sind, indem wollene, baumwollene und seidene nur als Zusatz zur Masse für geringe Sorten oder zur Herstellung der gröbsten tauglich sind. Außerdem hat man bis auf die neueste Zeit noch viele Pflanzen- und selbst thierische Stoffe theils versuchsweise, theils im Großen zur Verfertigung von Papier benutzt und der Superintendent Schäffer in Regensburg machte schon 1765 Versuche bekannt, 52 Papiersorten ganz ohne Lumpen oder doch nur mit einem geringen Zusatze davon zu verfertigen und sein Buch ist angeblich sogar auf jene Papiersorten gedruckt. Indessen eignen sich die meisten dieser andern Stoffe, wie Baumbast, Hobelspäne und faules Holz, Moose und Flechten, Stroh, Rohrstengel und Heu, Pappelwolle, Kohlstrünke, Runkelrübenrückstände, Lederabgänge u.s.w. blos zu Packpapier.

Die zur Papierbereitung auf gewöhnlichem Wege erfoderlichen Arbeiten beginnen mit dem Auslesen der Lampen, welche zuerst in hanfene oder leinene und andere, die erstern dann in gebleichte und ungebleichte und nach der Feinheit des Gewebes und dem Grade der erlittenen Abnutzung, in die zu den zu verfertigenden Papieren tauglichen Sorten gesondert werden. Zugleich werden alle Näthe aufgetrennt und der Zwirn entfernt, sodann aber die Lumpen in einer Waschmaschine gewaschen, mittels des Lumpenschneiders, einer Vorrichtung nach Art der Häckselladen, grob zerschnitten oder auf einem Klotze zerhackt und im sogenannten Geschirre, einer Hammer- oder Stampfmühle, in hölzernen oder steinernen und mit Eisenplatten ausgefütterten Trögen, durch welche zur Abführung des Schmutzes fortwährend fließendes Wasser geleitet ist, binnen 10–12 Stunden zu einem Brei zerstampft, welcher Halbzeuch heißt. Dieser wird in einem viereckigen Rahmen, dem sogenannten Zeuchkranz, in einem besonders dazu bestimmten Raume auf Haufen fest zusammengeschlagen und mehre Wochen ruhen gelassen, während welcher Zeit durch eine von Erhitzung begleitete, freiwillig eintretende Gährung der färbende Stoff der Leinwand zerstört wird. Ist dies erreicht, so erfolgt mittels des Geschirres, am gewöhnlichsten aber auf dem Holländer die fernere Zerkleinerung, so weit sie noch erfoderlich ist und der Halbzeuch wird dadurch in Ganzzeuch verwandelt. Neuerdings wendet man diese, nach ihrem Vaterlande Holland benannte Maschine, auch gleich von Haus aus mit großer Ersparniß an Zeit und Raum anstatt des Geschirres an. Ein solcher Holländer besteht in einer schweren eichenen Walze, die der Länge nach mit vorragenden Metallschienen belegt ist und in einem verschlossenen Troge durch ein Kammrad schnell über einer gekerbten Metallplatte umgetrieben werden kann, wodurch zwischen bei den die in den Trog geführten Lumpen oder der Halbzeuch nach Erfoderniß zerkleinert und mittels durchfließenden Wassers ebenfalls der Schmuz entfernt wird. Sonst überließ man die zerschnittenen Lampen vor ihrer weitern Zerkleinerung stets einer Gährung, um eine mürbere Masse zu erhalten, was aber jetzt nur noch bei sehr groben und festen Lumpen und mit denen geschieht, welche Papier zum Bücher- und Kupferdruck geben sollen. Auch wird jetzt anstatt der Zerstörung des Farbestoffs durch Gährung des Halbzeuchs, dieses durch Behandlung mit Chlorgas oder Auflösung von Chlorkalk schnell gebleicht, wo aber, wenn die Haltbarkeit des Papiers nicht leiden soll, das Chlor sorgfältig wieder ausgewaschen werden muß.

Der letzten Zerkleinerung im Holländer folgt mitunter noch eine feinere Zerarbeitung in den sogenannten Schaumtrögen, außerdem aber wird das erhaltene Ganzzeuch unmittelbar in einen Kasten abgelassen, wo es bis zur weitern Verarbeitung bleibt, oder behufs derselben in die Bütte, ein sehr geräumiges Faß, gebracht. Hier wird der Brei je nach Erfoderniß verdickt oder verdünnt, durch einen darunter angebrachten Ofen, den Pistolet, oder durch Dampf erwärmt und mittels einer Vorrichtung in fortwährender Bewegung, dadurch aber in gleichmäßiger Mischung erhalten. Aus dieser schöpft nun der Büttgesell oder Schöpfer mit der Form, welche gewöhnlich aus einem hölzernen Rahmen besteht, der mit mehr oder weniger dichtem Geflecht von Messingdraht ausgefüllt ist, welches durch mehre der Länge nach hindurchgehende, stärkere Drahtfäden Festigkeit bekommt, so viel als zu einem Bogen nöthig ist. Er läßt dabei das Wasser ablaufen, breitet durch Schütteln den Brei gleichmäßig aus, schiebt dann die Form einem andern Arbeiter, dem Kautscher, zu und setzt seine Arbeit fort. Der Letztere leert die Form durch Umstürzen derselben auf eine Filzplatte, gibt sie zurück, deckt den erhaltenen Bogen mit einer zweiten Filzplatte zu und häuft so Papier und Filz übereinander, bis der Stoß, Pauscht genannt, eine gewisse Höhe erreicht hat. Zwei Arbeiter vermögen auf diese Art in 12 Arbeitsstunden zwischen 5–6000 Bogen zu formen, welchen durch Pressen des ganzen Pauscht das Wasser entzogen wird. Die Bogen werden nun von den Filzen getrennt, nach wiederholtem Pressen getrocknet und bei dem Schreibpapier erfolgt dann durch Eintauchen in eine mit Alaun vermischte Leimauflösung das Leimen und abermalige Trocknen. Das fertige Papier wird für den Verkauf entweder in Bücher (von 24 Bogen Schreib- und 25 Bogen Druckpapier) zusammengelegt und nochmals gepreßt, dann aber in Rießen (zu 20 Buch) und Ballen (zu 10 Rieß), oder auch in offenen Bogen zu Ballen verpackt. In die Form der Bogen ist gewöhnlich der Name der Fabrik, eine Figur oder ein Wappen ein wenig erhaben eingeflochten, sodaß über den Umrissen der Zeichnung die Masse etwas dünner als im übrigen Bogen, daher durchsichtiger als dieser bleibt und die sogenannten Wasserzeichen entstehen. Das Drahtgeflecht der Formen läßt aber ebenfalls Spuren auf dem damit geschöpften Papier zurück, das besonders, wenn man es gegen das Licht hält, eine Menge seiner, in bestimmten Zwischenräumen von gröbern (von den starken Drahtfäden herrührenden) unterbrochene Parallellinien zeigt und geripptes Papier, dagegen das mit nicht aus Draht geflochtenen und glatten Formen geschöpfte Velinpapier heißt weil es völlig glatt erscheint und dem seinen Schreib- oder Jungfernpergament ähnlich (franz. velin) sieht.

Die Verfertigung des Papiers in einzelnen Bogen wird jetzt immer mehr durch zu Anfang des laufenden Jahrhunderts in Frankreich erfundene, seitdem besonders in England vervollkommnete Fabrikation desselben mittels Maschinen verdrängt, welche Papier von beliebiger Breite und in sehr langen Stücken liefern, sowie mit einer Schnelligkeit arbeiten, welche binnen wenigen Stunden die Lumpen in Papier umwandelt. Dieses wird von seiner Länge zuweilen »endloses« oder»Papier ohne Ende«, sonst gewöhnlich

Maschinenpapier genannt und vorstehend ist eine zur Herstellung desselben dienende Maschine abgebildet, welche die ihr aus dem großen Bottig A an der einen Seite zufließende Papiermasse (Ganzzeuch) an der entgegengesetzten als endloses, bis auf das Zerschneiden in Bogen fertiges Papier auf die Walze S aufrollt. Der Brei gelangt durch eine Röhre zunächst in das große, viereckige Gefäß B, aus welchem er unter der Drahtwalze C mit völlig geebneter Fläche hindurch geht und dahinter über eine Leiste, wie Wasser über einen Damm oder ein Wehr, auf die 5–6 F. lange Ebene E hinabfließt. Diese besteht aus einem sogenannten endlosen, vergleichsweise einem Sack ohne Boden ähnlichen, feinen Drahtgewebe, das über ein paar Walzen gespannt, von diesen langsam umgetrieben wird, zugleich aber auch eine sich fortwährend wiederholende Seitenbewegung macht, welche die gleichmäßige Ausbreitung der Papiermasse, von der sie wie mit einem Tuche bedeckt ist, wie das Schütteln bei der vollgeschöpften Form befördert. Sie geht hierauf unter der Drahtwalze G durch, deren Druck der weichen Masse Dichtigkeit verleiht, während durch die Räder FF die gewünschte Breite dem Papiere gegeben wird. Unter der mit Filz umwundenen Walze I von Neuem gepreßt, geht das an Festigkeit zunehmende Papier nun auf eine endlose Filzebene über, welche sich wie die Drahtebene, jedoch nur vorwärts bewegt und das Papier zwischen die Preßwalzen L bringt. Von diesen geht es über eine zweite Filzfläche, dadurch fortwährend an Feuchtigkeit verlierend, dann zwischen den Walzen M nochmals gepreßt, über den Cylinder N auf die sehr umfängliche und polirte, sowie mittels hineingeleiteter Dämpfe erhitzte Metallwalze O über, wo der Rest der vorhandenen Feuchtigkeit als Dampf aus dem Papier entweicht. Nachdem es nun noch über die gleichfalls heißen Metallwalzen P und Q gegangen und dabei geglättet worden ist, gibt ihm die Walze R die Richtung nach der letzten S, welche das Papier um sich herum aufrollt. Einer besondern Maschine endlich ist es noch vorbehalten, das Papier wieder abzuwinden und dabei zugleich in Bogen von der gewünschten Größe zu zerschneiden.

Was die Arten des Papiers anlangt, so gibt es außer dem schon erwähnten und durch die Formen verschieden gerippten und Velinpapier, in Bezug auf den Gebrauch: Schreibpapier von vielerlei Güte, darunter das Notenpapier besonders stark und das Conceptpapier das geringste ist; Druckpapier in mancherlei Sorten, welches wie das Kupferdruck- und Landkartenpapier ungeleimt ist; Packpapier ist meist von großem Format, stark, halbgeleimt und grau, braun, gelblich u.s.w. von Farbe, weil es aus bunten Lumpen gemacht ist, wird aber auch, wie z.B. das blaue und violette Zuckerpapier, in der Masse gefärbt; Fließ- oder Löschpapier, ungeleimt und grau, wird großen Theils aus wollenen Lumpen verfertigt. Nach der Größe der Bogen oder dem Formate wird hauptsächlich Royalpapier, das größte, Median (s.d.) und Register- oder Cavalierpapier unterschieden, welche aber noch viele Zwischengrößen haben. Gefärbtes Papier erhält seine Farbe entweder in der Masse oder wird nach dem Trocknen und dann gewöhnlich nur auf einer Seite, einfach oder mit mehren Farben gefärbt, gedruckt, gemalt und geglättet oder nicht und man hat es in der Zurichtung der bunten Papiere jetzt sehr weit gebracht. Maroquin- und Saffianpapiere sind einfarbige und stark geleimte mit nach Lederart eingepreßten Narben; Gold- und Silberpapier ist auf einer Seite mit echten oder unechten Metallplättchen überzogen, das geringere auch nur mit Gold und Silber überrieben. Sonst gibt es noch eine Menge Papiersorten für besondere Zwecke, wie das Elfenbein- oder Pergamentpapier, welches durch einen Überzug von Kreide, Bleiweiß, Kalk, seinen Leim sich pergamentähnlich ausnimmt, Calquirpapier zum Durchzeichnen, Polir-, Sand- oder Glaspapier mit einem Überzug von rauhen seinen Stoffen zum Reinigen verrosteter Metallsachen u.s.w. Früher wurde ganz Europa mit den bessern Papiersorten lange von Frankreich und Genua beinahe allein versorgt, bis es den Holländern gelang, jene zu überflügeln. Auch behauptet das holländ. Papier noch immer den Vorrang, das engl. Velin zum Zeichnen ausgenommen, welches für unübertroffen gilt; die Papiere aus deutschen Fabriken stehen im Allgemeinen denen der auswärtigen nach. Der fortwährend steigende Verbrauch besonders des Druckpapiers hat übrigens die Papierfabrikation zu einem sehr wichtigen und auch gewinnbringenden Gewerbszweige gemacht.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 397-400.
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