Mufti

[207] Mufti oder Scheik-ul-islam wird in der Türkei das Oberhaupt der Religion und Gesetze genannt, das zwar vom Großherrn oder Sultan ausschließlich gewählt und auch wieder entsetzt werden kann, allein dennoch von ihm Ehrenbezeigungen erhält, wie sie ihm selbst nicht erwiesen werden. Im Range folgt er unmittelbar nach dem Sultan, wird als erster Ausleger des Koran bei gerichtlichen und sonst wichtigen Angelegenheiten zu Rathe gezogen und gibt in schwierigen Fällen seine stets sehr kurz und ohne Gründe abgefaßten schriftlichen Aussprüche, welche Fetsah oder Fetwa, d.h. Begutachtung heißen, mit dem Zusatze: »Gott weiß, was besser ist« und der Unterschrift: »Der arme Knecht Gottes« Seine Einkünfte waren sonst täglich auf 2000 Asper oder etwa 21 Thaler bestimmt und es gehörte zu seinen Vorrechten, daß, selbst wenn er zum Tode verurtheilt wurde, sein Vermögen nicht eingezogen werden durfte.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 207.
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