[623] Raleigh (Sir Walter), der Gründer der ersten engl. Colonie in Nordamerika, geb. 1552 in der engl. Grafschaft Devon, besaß eine ausgezeichnete wissenschaftliche Bildung, ein vortheilhaftes Äußere und großen Unternehmungsgeist, welchen seine Lust sich zu bereichern noch anspornte.
Er hatte schon in Frankreich mit für die Hugenotten und mit den Niederländern gegen die Spanier gefochten, ehe er die Aufmerksamkeit der Königin Elisabeth auf sich zog und, von angesehenen Gönnern empfohlen, ihr Vertrauen erwarb. Bei Bekämpfung des 1580 in Irland ausgebrochenen Aufstandes that er sich sehr hervor, wurde nachher Statthalter von Cork und entwarf zuerst in England Pläne zu Anlegung von Colonien in Nordamerika. Er hatte schon mehre Seereisen gemacht, ehe er 1584 nach Nordamerika segelte und dort im folgenden Jahre die erste engl. Niederlassung anlegte, welche er der jungfräulichen Königin zu Ehren Virginien nannte, in deren Gunst R. fortwährend stieg. Auch bei Besiegung der berühmten span. Armada (s.d.) wirkte er mit, unternahm später mehre, nicht gerade glückliche Seezüge gegen die span, Besitzungen in Südamerika, deren übertrieben gerühmte Reichthümer große Beute versprachen, und befehligte unter seinem Nebenbuhler, dem Grafen Essex, eine Abtheilung der 1597 gegen das span. Westindien abgesandten Flotte. Wegen eines ohne Befehl gewagten, obgleich siegreich ausgegangenen Angriffs auf die Spanier wurde R. damals von einem Kriegsgericht zum Tode verurtheilt, erhielt jedoch durch Verwendung seiner Freunde Verzeihung. Unedel war sein Benehmen beim Sturze des Grafen Essex (s.d.), dessen Hinrichtung er beförderte; allein nach dem Tode der Königin Elisabeth ward R. selbst einer Verschwörung gegen ihren Nachfolger Jakob I. angeklagt und in Folge der Untersuchung 12 Jahre im Tower zu London gefangen gehalten, wo er wissenschaftlich sehr thätig war. Nach seiner Freilassung wußte er den König für die von jeher verfolgte Idee eines Seezugs nach Guiana zur Auffindung von Goldminen zu gewinnen und ging 1617 mit elf Schiffen dahin ab. Seine Unternehmung scheiterte jedoch an dem Widerstande der Spanier und durch Vereinigung mehrer widriger Umstände, zu denen auch R.'s Erkrankung gehörte. Bei der Rückkehr nach Europa wollte dieser sich nach Frankreich begeben, wurde aber von seinen Leuten genöthigt, sie nach Plymouth zu begleiten. Hier ließ ihn der König auf Betrieb seiner Feinde verhaften und da man ihm wegen der mit königl. Genehmigung unternommenen Expedition nichts anhaben konnte, ward die alte Anklage gegen ihn erneuert und er am 29. Oct. 1618 als Hochverräther hingerichtet.