Taucherkunst

Taucherkunst
Taucherkunst

[374] Taucherkunst (die) besteht in der Fertigkeit, sich längere Zeit unter der Oberfläche des Wassers zu halten, namentlich auf dem Grunde des Meers, um hier Perlen, Korallen, Austern u. dergl., auch versunkene Gegenstände aufzusuchen und emporzufördern.

Da das specifische Gewicht des menschlichen Körpers nur wenig von dem des Wassers verschieden ist, so ist derselbe gleich geschickt zum Schwimmen (s.d.) auf der Oberfläche des Wassers, wie zum Untertauchen unter dieselbe. Sowol mm sich auf dem Boden einer Wassermasse zu erhalten, wie um hier nach verschiedenen Richtungen sich zu bewegen und endlich wieder schnell emporzugelangen, muß der Taucher ähnliche Bewegungen machen wie beim Schwimmen. Da indeß der Mensch unterhalb der Oberfläche des Wassers nicht Athem holen kann, so ist es ohne künstliche Vorrichtungen nicht möglich, daß sich ein Mensch länger unter dem Wasser halten kann, als er den Athem zurückzuhalten vermag. Erschwert wird das Tauchen noch durch das Eindringen des Wassers in alle Öffnungen des Körpers, welches um so heftiger ist, je tiefer man untertaucht, je größer also die von oben drückende Wassermasse ist. Der Vorrichtungen zur Erleichterung des Aufenthalts unter dem Wasser hat man eine Menge erfunden, welche alle darauf abzielen, dem Taucher Luft zum Athmen zu gewähren. Die nutzbarste ist immer noch die Taucherglocke. Wenn man ein leeres Glas umgestürzt (also mit der Mündung nach unten) in ein größeres mit Wasser gefülltes gläsernes Gefäß eintaucht, so bemerkt man alsbald, daß das Wasser in das Glas nicht einzudringen vermag, weil ihm die im Glase enthaltene Luft nicht Platz macht. Indeß dringt doch das Wasser um so weiter in das eingesenkte Glas ein, je tiefer dieses eingetaucht wird. Mit der Tiefe nimmt nämlich der Druck des Wassers gegen die im Innern des Glases abgesperrte Luft zu und da die Luft elastisch ist, so wird sie durch das Wasser mehr und mehr zusammengepreßt, d.h. verdichtet. Auf diesem Princip beruht die Taucherglocke. Sie ist ein hohles Gefäß, welches mit der Mündung nach unten in das Wasser getaucht wird. der Taucher hält sich in der Höhlung auf und athmet die Luft in der Glocke, welche sich mit zunehmender Tiefe zwar verdichtet, dadurch aber nicht untauglich zum Athmen wird, sondern nur einige Beschwerden verursacht, z.B. Ohrensausen, an welche sich der Taucher gewöhnen muß. Nur erst, wenn durch das Athmen der in der Luft der Glocke enthaltene Sauerstoff verzehrt ist, wird es dem Menschen unmöglich, in ihr länger auszudauern, und er muß dann mit der Glocke wieder emporgezogen werden. Die beistehende Abbildung zeigt die gegenwärtig in England gebräuchliche Taucherglocke im Durchschnitt. ABCD ist der Körper der Glocke, welcher an vier Seilen aa hängt, die an den Haken des Schiffseiles E befestigt sind. Die beiden Gewichte bb dienen dazu, die Glocke stets in einer solchen [374] Lage zu erhalten, daß ihr unterer Rand der Oberfläche des Wassers parallel ist, also die Luft nicht durch das Wasser aus der Glocke vertrieben werden kann. Das Gewicht F dient dazu, um die Glocke schwerer oder leichter zu machen, jenachdem es der Taucher in der Glocke emporzieht oder herabsenkt bis auf den Meeresgrund. Die beiden Gefäße G und H sind mit Luft gefüllt und dienen als Reservoirs, um mit Hülfe der in der Zeichnung sichtbaren Hähne frische Luft unter die Glocke zu bringen und dagegen die schlechtgewordene Luft zu entfernen. In der Glocke sind oberhalb starke Glaslinsen angebracht, damit der Taucher die umliegenden Gegenstände erkennen kann. Eine sehr nützliche Vorrichtung ist endlich noch die über der eigentlichen Taucherglocke stehende kleinere Glocke KK, welche durch zwei Hähne mit der untern Glocke in Verbindung steht. Beim Untertauchen ist die obere Glocke mit Wasser gefüllt, und der ganze Apparat sinkt vermöge seiner durch das Gewicht F regulirten Schwere nach unten; will nun aber der Taucher sich wieder heben, so öffnet er denjenigen Hahn, welcher die Luft aus der untern Glocke nach oben führt, diese verdrängt das Wasser aus KK, während der Behälter neue Luft in die Taucherglocke liefert, der ganze Apparat wird dadurch leichter, als eine an Umfang gleiche Masse Wasser und steigt empor. – Eine andere, aber minder anwendbare Vorrichtung ist der sogenannte Triton, welcher hier abgebildet ist. Zwei Blasebälge befinden sich in einer wasserdichten Büchse, die auf dem Rücken des Tauchers befestigt ist, und bewegen sich durch ein leichtes Schütteln des Kopfes und durch eine Röhre strömt dann die über dem Wasser geschöpfte Luft in den Mund des Tauchers, während die verdorbene (ausgeathmete) Luft durch eine andere Röhre weggeführt wird. – Auch Taucherboote hat man erfunden, mit denen man sich nach jeder beliebigen Richtung unter dem Wasser soll fortbewegen können, die man wol auch im Seekriege benutzen kann, um Kriegsschiffe mit einer Art Höllenmaschine, die unbemerkt auf dem Boden des Schiffs befestigt wird, in die Luft zu sprengen. Indeß scheinen diese Taucherboote sich noch nicht als brauchbar bestättigt zu haben, auch hat man sie noch nicht in der angegebenen barbarischen Art angewendet. – Von der Taucherglocke hat man schon vielfach auf die erfolgreichste Art Anwendung gemacht, z.B. bei Wasserbauten, zur Aufsuchung der Ladung gestrandeter Schiffe, zu wissenschaftlichen Beobachtungen u.s.w.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 374-375.
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