Mund

[215] Mund (der) wird die zum Athmen, Essen und Sprechen bestimmte Öffnung des menschlichen Haupts genannt, welche sich in die Luft- und Speiseröhre fortsetzt. Unter den mancherlei Krankheiten, deren Sitz im Munde ist, tritt die Mundfäule oder der Wasserkrebs, vorzugsweise bei Kindern, in seiner ganzen Fürchterlichkeit auf, befällt dagegen Erwachsene selten und in geringerm Grade. Es gehen ihr Gefühl von Unbehaglichkeit und Mattigkeit, üble Laune, Mangel an Appetit, Stuhlverstopfung, zuweilen auch leichte Fieberbewegungen voraus, worauf sich an der innern Fläche der Backen oder Lippen, am Zahnfleische, an der Zunge, an den Mandeln oder am Gaumen auf einer runden, hart anzufühlenden Geschwulst von der Größe einer Erbse oder Bohne ein röthlicher, mehr heißer als schmerzhafter Flecken zeigt, der bald in seiner Mitte einen weißen Punkt bekommt. Mit dem Erscheinen dieses weißen Punktes, der nichts Anderes als ein wahrer Brandschorf ist, tritt auch heftiger Schmerz ein und die Ränder des Geschwürs erhalten ein dunkelrothes Ansehen. Hierauf stößt sich entweder bei gelindem Grade der Krankheit der Schorf selbst los und die entblößte Geschwürsfläche heilt, oder aber die brandige Zerstörung greift nach allen Seiten hin um sich; ein faulig riechender, blutgestreifter Speichel fließt dabei aus dem Munde, und der Hauch nimmt einen kaum zu ertragenden Geruch an. Gelingt es jetzt nicht der Kunst des Arztes, den Fortschritten des Übels Einhalt zu thun, so breitet sich die Verwüstung immer weiter aus und zerstört nicht nur sämmtliche oben genannte Weichtheile, die sich lappenweise ablösen, sondern verschont selbst die Kieferknochen nicht, von denen große Stücke sammt den locker in ihren Fächern steckenden Zähnen aus dem Munde fallen oder wenigstens sich loslösen. Sprechen, Schlingen und Athemholen der unglücklichen Kranken wird immer beschwerlicher und ein nicht zu stopfender Durchfall untergräbt schnell die Kräfte, sodaß am fünften oder achten Tage nach Beginn der Krankheit der Tod dem Jammer ein Ende macht. Dies schreckliche Übel befällt besonders schwächliche Kinder von schlaffer Körperconstitution und aufgedunsenem Ansehen und solche, die an der Skrophelsucht oder an der engl. Krankheit leiden. Als nächste Ursachen werden vorzüglich der Aufenthalt in feuchten, dumpfigen und kalten Wohnungen, der Genuß schlechter, verdorbener [215] Nahrungsmittel, Unreinlichkeit u.s.w. angegeben. Bei Erwachsenen ist die Mundfäule nicht selten nur ein Symptom des Skorbuts (s.d.) und gibt sich dann gewöhnlich nur durch Anschwellung der innern Auskleidung der Mundhöhle mit blaurother Färbung, Bluten des Zahnfleisches, üblen Geruch aus dem Munde, Ausfließen eines zähen, stinkenden Speichels u.s.w. zu erkennen, ist aber dann auch lange nicht so gefährlich.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 215-216.
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