[614] Vliess, entstanden aus dem lat. vellis, heißt ein Schaffell mit der Wolle oder auch die abgeschorene, aber noch zusammenhängende Wolle allein. In der griech. Sagengeschichte ist das goldene Vließ berühmt, welches die Veranlassung zu der Fahrt der Argonauten (s.d.) nach Kolchis war. – Der weltliche Ritterorden vom goldenen Vließe wurde ursprünglich zum Schutze der Kirche vom Herzoge Philipp III., dem Guten, von Burgund bei Gelegenheit der Vermählung mit seiner dritten Gemahlin Isabella von Portugal am 10. Jan. 1430 zu Brügge gestiftet. Er selbst vermehrte die anfänglich auf 24 bestimmte Anzahl der Ritter desselben bis zu 31, Kaiser Karl V. später mit 20 neuen Mitgliedern, traf auch sonst in den Statuten des Ordens allerhand Veränderungen. Nach Philipp's Stiftung sollten alle seine Nachfolger in Burgund Großmeister sein, daher diese amtliche Würde an die span. Linie des östreich. Hauses kam, als diesen nach Karl V. die burgund. Besitzungen zufielen. In Folge des span. Erbfolgekrieges kamen aber die span. nachher östr. Niederlande wieder an Östreich, von welchem nun jene Großmeisterwürde in Anspruch genommen wurde, und da keine Entscheidung in dieser Sache erfolgt ist, wird der Orden seitdem sowol zu Wien wie zu Madrid verliehen. Das Ordenszeichen wird blos vom Großmeister an der (anfänglich jedem Mitgliede zukommenden) Ordenskette, von den Rittern aber nur an einem rothseidenen Bande um den Hals getragen und besteht aus dem sogenannten Feuereisen, an dem ein Cirkel mit sechs Strahlen befindlich ist, der unten das goldene Vließ trägt. In Wien wurde 1830 das vierhundertjährige Stiftungsfest dieses Ordens begangen, welcher zu den angesehensten und ältesten unter den weltlichen Ritterorden gehört. – Vom Kaiser Napoleon wurde im Aug. 1809 im Lager zu Schönbrunn ein neuer Orden der drei goldenen Vließe gestiftet, dessen Statuten aber nie erschienen und von dem nur die Ernennung eines Ordenskanzlers und Ordensschatzmeisters bekannt geworden sind.