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[193] I. Berufsstatistik. Gegenstände der Berufszählung sind zunächst der Beruf selbst und zwar der eigentliche Hauptberuf, wie der Nebenberuf (z. B. Landwirtschaft und Bäckerei, Krämer und Gastwirt), ferner die Stellung im Beruf: selbständige als Geschäftsinhaber oder unselbständige als Angestellte oder Arbeiter, oder nicht erwerbende Angehörige des Erwerbstätigen (Ehefrau, Kinder etc.) und von ihm unterhaltene Personen. Weiter ist zu berücksichtigen Geschlecht, Alter (um danach die Zeit des Ein- und Austritts in die und aus der Berufstätigkeit und des Übertritts von einer Arbeitsstellung zur andern, z. B. von der unselbständigen zur selbständigen) und Familienstand (um die Bedeutung des Berufs für die Eheschließung und den Witwenstand beurteilen zu können). Wichtig ist ein zweckmäßiges Berufsschema, welches alle Berufszweige in der Weise berücksichtigt, daß es jedem seine Stellung in zusammenfassenden Gruppen und Abteilungen, wie in möglichst auseinander gehaltenen Berufsarten anweist. Für die aufgeführten Gruppen, Abteilungen und Arten ist nicht allein die Zugehörigkeit der Person im Haupt- und Nebenberuf darzutun, vielmehr müssen für jedes Geschlecht besonders einmal die Erwerbstätigen, je nach ihrer Arbeitsstellung, und sodann wiederum für jede Gattung derselben ihre Angehörigen, d. h. ihre nicht erwerbenden Familienglieder und Haushaltungsgenossen, und zwar stets berufsweise, nachgewiesen werden. Als eigene Gruppe werden dabei die häuslichen Dienstboten ausgeschieden, da sie, wenn auch für ihre eigene Person erwerbend, doch, weil bloß hauswirtschaftlich tätig, nicht in den volkswirtschaftlichen Erzeugungsprozeß eingreifen, während landwirtschaftliche und gewerbliche Dienstboten den übrigen Erwerbsgehilfen zuzuzählen sind. Endlich sind auch die sog. berufslosen Personen zu berücksichtigen, wie Rentner, Altenteiler, Almosenempfänger, nicht in ihrer Familie lebende Schüler, Studenten und sonst in ihrer Berufsausbildung begriffene Personen, Insassen von Invaliden-, Versorgungs-, Wohltätigkeits-, Straf-, Besserungs- und andern Anstalten, sowie solche Personen, für welche sich ein Beruf nicht ermitteln läßt.
Eine derartige, die Beteiligung der ernährenden und ernährten Bevölkerung, gründlich belegende Behandlung der Berufstatsachen ist bisher erst in wenigen Ländern erfolgt. Vorangegangen ist Deutschland, von den übrigen berufsstatistischen Ermittlungen haben nur diejenigen Österreichs und Ungarns im J. 1890 Anspruch auf größere Beachtung, während das, was sonst in neuerer Zeit, zumal in Frankreich, den Ver. Staaten und Großbritannien zusammengetragen ist, eine gründliche Ausbildung vermissen läßt.
In Deutschland wurden bisher zwei Berufszählungen vorgenommen, die eine am 5. Juni 1882, die andere am 14. Juni 1895; eine dritte ist für das J. 1907 in Aussicht genommen. Die deutsche Berufsstatistik gliedert die Bevölkerung, um das Maß ihrer Erwerbstätigkeit festzustellen, in vier Gruppen. Auf diese verteilte sich die Bevölkerung 1895 und 1882 folgendermaßen (Tabelle I).
Beruht die Zunahme der Erwerbstätigen und die Abnahme der Angehörigen teilweise auf schärferer Ermittlung der erstern, so hat doch auch der neuerdings beobachtete frühere Eintritt in das Erwerbsleben dazu beigetragen. Die Vermehrung der berufslosen Selbständigen ist wesentlich auf die gestiegene Zahl der Rentner und Altenteiler zurückzuführen, auf die auch die soziale Versicherungsgesetzgebung von Einfluß gewesen ist.
Für die Betrachtung der Stärke der einzelnen Erwerbszweige unterscheidet die deutsche Berufsstatistik 207 Berufsarten. An den sechs großen Berufsabteilungen, in welche sich jene vereinigen lassen, ist die Bevölkerung wie folgt beteiligt (Tabelle II).
Die Berufsgliederung wird noch etwas näher durch die Verteilung der Erwerbstätigen und der Berufszugehörigen überhaupt auf kleinere Berufsgruppen veranschaulicht, wie sie Tabelle III darstellt. In dieser ist die Bevölkerung des Deutschen Reichs nach den drei ersten Berufsabteilungen (s. Tabelle I) in absoluten und relativen Zahlen dargestellt, und zwar sind die Erwerbstätigen im Hauptberuf aus den Personen überhaupt ausgeschieden; zur Vergleichung dienen die relativen Zahlen aus dem J. 1882.
Die Arbeitsstellung der Erwerbstätigen in den drei Abteilungen der Land- und Forstwirtschaft, der Industrie und des Handels und Verkehrs, für welche sie wesentlich in Betracht kommt, geht aus Tabelle IV (Anzahl überhaupt und auf 100 Erwerbstätige) hervor.
Aus Tabelle V ersieht man, welche Berufszweige mehr städtisches, welche mehr ländliches Gepräge haben. Daß die Landwirtschaft hauptsächlich auf dem platten Lande zu Hause ist, liegt auf der Hand. Dagegen überwiegen alle übrigen Gruppen und zumal die persönlichen Dienstleistungen wie der öffentliche Dienst und die freien Berufsarten in den Städten.
Der bei der verschiedenartigen Anlage der Zählungen immerhin etwas gezwungene Versuch einer internationalen Darstellung der Berufsgliederung wird in der folgenden Tabelle VI veranschaulicht, in welcher zu den Erwerbstätigen auch die häuslichen Dienstboten gerechnet, die Rentner, Pensionäre, Anstaltsinsassen dagegen abgesetzt worden sind. Die länderweise ziemlich verschiedene Ausdehnung des erwerbstätigen Teils der Bevölkerung hängt von vornherein ab teils von dem ganzen Altersaufbau und der dadurch gegebenen Vertretung von Kindern und Greisen, teils von dem Anteil des weiblichen Geschlechts, da dieses gemeinhin schwächer als das männliche dem Erwerbsleben anzugehören pflegt. Dann aber fällt das Klima ins Gewicht, welches den Menschen früher im Süden oder später im höhern Norden zur erwerbenden Arbeit heranreifen läßt. Endlich spielt die Sitte und Auffassung der einzelnen Völker über Frauenarbeit herein, der gemäß z. B. in Österreich und Italien solche weit verbreitet, dagegen in den Ver. Staaten, wo die Beschäftigung grober und niederer Arbeiten seitens des weiblichen Geschlechts gegen das Volksbewußtsein verstößt, sehr beschränkt ist.
Zerlegt man die in der Tabelle VI aufgeführten Erwerbstätigen nach Berufsabteilungen, so erhält man die Tabelle VII. Zu beachten ist, daß die sichtlichen Verschiedenheiten unter »häusliche Dienstboten« weniger in den tatsächlichen Verhältnissen als in dem abweichenden Verfahren bei der Zählung und Aufbereitung der Zählungsergebnisse begründet sein dürften.
Bezüglich des Nebenberufs wurde 1895 im Deutschen Reiche ermittelt, daß 3.273.446 Personen oder 14,3 Proz., darunter 2.946.497 (17,8 Proz.) männliche, 326.949 (5,1 Proz.) weibliche der hauptberuflich Erwerbstätigen in einem Nebenberuf tätig war.
II. Gewerbestatistik, von der Berufsstatistik (s. d.) unterscheidet sich die Gewerbestatistik wesentlich dadurch, daß sie sich nicht wie diese an die Personen, sondern an die Unternehmungen, die Betriebe, hält. Auch umfaßt sie gemeinhin nicht den ganzen Kreis erwerbender Tätigkeit, sondern (und so besonders im Deutschen Reiche) unter Ausscheidung namentlich der Land- und Forstwirtschaft und der freien Berufsarten bloß die stoffveredelnden oder industriellen Gewerbe, wie sie der Handel, das Verkehrswesen, der Bergbau, die Gärtnerei und Fischerei ins Auge zu fassen pflegt. Und zwar ist bei vollkommener Anlage der Zählung sowohl die Fabrik wie der handwerksmäßige Betrieb zu berücksichtigen.
In der Hauptsache werden sich die Gewerbezählungen auf die im Betriebe selbst und die in ihnen verwendeten Menschen- und Maschinenkräfte zu beschränken haben, damit aber hinlängliche Unterlagen zur Beurteilung der Gewerbeverhältnisse gewinnen, wenn sie ihnen die gehörige Ausdehnung geben. Dazu ist erforderlich: die als Haupt- und als Nebenbetriebe geführten Geschäfte und für beide sowohl die für eigene Rechnung des Unternehmers als für fremde außerhalb der Betriebsstätten in den Wohnungen der Arbeitnehmer betriebenen (Hausgewerbe); die Personen nach ihrer Arbeitsstellung und gewerblichen Vorbildung wie nach gewissen persönlichen Momenten (Geschlecht, Alter, Familienstand); die Art und Stärke der Umtriebs- wie auch wenigstens der bezeichnendsten Arbeitsmaschinen. Aus der Anzahl der beschäftigten Personen wie aus der Verwendung von Kraftmaschinen vermag man zu einer, wenn auch etwas willkürlichen, so doch im allgemeinen ausreichenden Unterscheidung der Unternehmungen nach ihrem Betriebsumfange als Klein-, Mittel- und Großbetriebe zu gelangen. Endlich wird die Zählung noch die rechtliche Besitzform am Betriebe als die einzelner physischer Personen oder welcher Art von gesellschaftlicher Unternehmung in ihr Bereich zu ziehen haben. Deutschland hat in den letzten Jahrzehnten die Gewerbezählungen am vollkommensten ausgebildet. Bereits 1846 fand eine auf den Großbetrieb beschränkte Gewerbezählung statt, die 1861 auch auf das Handwerk und 1875 noch weiter ausgedehnt wurde. Dieser schlossen sich die beiden mit allgemeinen Berufszählungen verbundenen Erhebungen von 1882 und 1895 in ihren wesentlichen Einrichtungen an, von denen namentlich die letztere als eine die Veranstaltungen aller andern Staaten überragende statist. Leistung zu bezeichnen ist. Wie ihre Vorgängerin begriff sie in der Hauptsache alle gewerbliche Tätigkeit mit Ausnahme der Land- und Forstwirtschaft und der freien Berufe. Eine neue Gewerbezählung ist für das J. 1907 in Aussicht genommen.
Gezählt wurden 1895 im ganzen 3.658.088 (1882: 3.609.881) Betriebe, von denen 3.144.977 (3.005.457) Hauptbetriebe und 513.111 (604.344) Nebenbetriebe waren.
Von den Hauptbetrieben waren Kleinbetriebe, d. h. Alleinbetriebe ohne Motoren, sonstige Betriebe ohne und Betriebe mit 2-5 Gehilfen 2.394.723 (2.882.768), Mittelbetriebe (mit 6-50 Personen) 191.301 (112.715), Großbetriebe (mit mehr als 50 Personen) 18.953 (9974).
Die Zahl der Gewerbetreibenden betrug 1895: 10.269.269 (1882: 7.340.789), von denen in Kleinbetrieben 4.770.669 (4.335.822), in Mittelbetrieben 2.454.333 (1.391.720) und in Großbetrieben 3.044.267 (1.613.247) Personen beschäftigt waren.
Der Arbeitsstellung nach setzten sich die Gewerbetreibenden, abgesehen von den 1.714.351 Inhabern der Alleinbetriebe, aus doppelt soviel Hilfspersonen als Selbständigen (Unternehmern, Geschäftsleitern) zusammen und zwar aus 1.234.470 (1882: 1.031.804) Unternehmern, 448.944 (205.061) Angestellten, d. h. Verwaltungs- und technischem Aufsichtspersonal und 6.871.504 (4.226.052) Arbeitern, darunter 639.777 mitarbeitenden Familiengliedern. Unter dem Verwaltungspersonal waren 52.694 (=16 Proz.) vorzugsweise dem Handelsgewerbe angehörende Lehrlinge, unter den Arbeitern deren 701.033. Die oft beklagte Lehrlingszüchtung ist vornehmlich beim Kleingewerbe anzutreffen.
Die Gewerbebetriebe setzten sich nach den Gewerbegruppen folgendermaßen zusammen:
In bezug auf die Beteiligung der beiden Geschlechter ergab die Zählung 1895: 7.929.944 männliche Gewerbetreibende, darunter 2.250.653 Unternehmer, 431.394 Angestellte, 5.247.897 Arbeiter, und 2.339.325 weibliche Gewerbetreibende, darunter 698.168 Unternehmer, 17.550 Angestellte, 1.623.607 Arbeiterinnen.
Motoren wurden 1895 in 164.483 (151.695 Haupt-und 12.788 Neben-) Betrieben mit insgesamt 3.427.325 Pferdestärken verwendet.
Die Hausindustrie, d. h. das für fremde Rechnung in den Wohnungen der Hausindustriellen schaffende Kleingewerbe war vertreten durch 300.901 (1882: 352.079) Haupt- und 41.656 (34.337) Nebenbetriebe mit 256.131 (269.843) männlichen, 201.853 (209.691) weiblichen, im ganzen 457.984 (479.534) beschäftigten Personen.
Ein Vergleich der Gewerbestatistik Deutschlands mit andern Ländern ist noch viel weniger durchführbar, als der schon nicht ganz einwandfreie der Berufsstatistik, weil es bisher auch für die Gewerbestatistik an einem internationalen Übereinkommen über die Art und Weise der Erhebung fehlt und die Erhebungen somit in jedem Lande nach andern Gesichtspunkten stattfinden. England, der erste Industriestaat, begnügt sich damit, lediglich durch seine Fabrikinspektoren Aufzeichnungen der ihnen unterstellten Fabriken und Werkstätten vornehmen zu lassen. Danach gab es Betriebe in England: 133.293 mit 3.571.563, in Schottland 18.984 mit 610.482, in Irland 8671 mit 216.938, im Vereinigten Königreich zusammen 167.948 Betriebe mit 4.398.983 beschäftigten Personen.
Österreich veröffentlichte bisher nur Nachrichten über seine Industrie auf Grund von Handelskammerberichten. Die erste wirkliche Betriebszählung fand im J. 1902 statt, sie hatte folgendes Ergebnis. In 988.277 Haupt- und 52.816 Nebenbetrieben waren 3.517.767, in 356.995 Heimarbeitsstätten 463.536 Personen tätig.
Frankreich hat 1896 eine Berufszählung veranstaltet, bei welcher jedoch durch entsprechende Befragung der Hilfspersonen nach ihren Arbeitgebern zugleich eine Feststellung der Gewerbebetriebe erfolgte.
Die Schweiz beschränkt sich ebenfalls auf die dem Fabrikgesetze unterliegenden größern Unternehmungen, von denen 1895 vorhanden waren 4981 Betriebe mit 200.199 (darunter 80.995 weibliche) Arbeitern. 3337 waren Motorenbetriebe mit 152.718 PS.
Die belgische Betriebszählung unterscheidet 236.000 Betriebe der eigentlichen Industrie (Unternehmerbetrieb) mit 996.000, 93.650 Betriebe der Heimarbeit mit 132.800 und 350 Betriebe in öffentlichen Werkstätten mit 1200 Personen.
Dänemark hat bisher nur 1896 eine allgemeine Gewerbezählung vorgenommen. Sie ergab 77.856 Betriebe mit 270.622 Personen, darunter 7139 Motorenbetriebe mit 52.212 PS.
Schweden stellt jährliche Ermittlungen über Zahl und Personal der Handwerks- und Fabrikbetriebe an. Danach gab es 1897: 8974 Fabrikanlagen mit 220.202 Arbeitern und 39.274 Handwerker mit 39.267 Handwerksarbeitern; Norwegen zählt alle 5 Jahre nur diejenigen Betriebe, die unter den Begriff Fabrik fallen.
In den Vereinigten Staaten von Amerika finden Industriezählungen bereits seit 1810, eigentliche gewerbestatistische Erhebungen jetzt alle 10 Jahre in Verbindung mit der Volkszählung (Zensus) statt. Die letzte Gewerbezählung im J. 1900 ergab 512.276 Betriebe mit einer Jahresproduktion von mindestens 500 Doll. In ihnen waren tätig 708.738 Selbständige, 397.092 Angestellte mit 404,1 Mill. Doll. und 5.314.539 durchschnittlich tätige Arbeiter mit 2327,3 Mill. Doll. Jahresverdienst. Unter den letztern befanden sich 1.029.296 Frauen und 168.583 Kinder.
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