Adhäsion, Anhängung

[62] Adhäsion, Anhängung. Alle Körper, welche in der Natur vorkommen, ziehen einander an (s. Anziehung). Dieß zeigt sich namentlich auch in der Erscheinung, daß, wenn man zwei Körper mit einander in Berührung bringt, der eine mehr oder weniger an dem andern haften bleibt, so daß eine gewisse Kraft dazu gehört, diese Körper wieder von einander zu trennen. Diese Erscheinung heißt Adhäsion, und man sagt, die Körper adhäriren an einander. Etwas Anderes ist die Cohäsion (s. d. A.), welche sich auf die Kraft bezieht, welche dazu gehört, die Theile eines und desselben Körpers von einander zu trennen. Feste Körper haften desto stärker an einander, je inniger ihre einzelnen Theile einander berühren, je glätter und ebener also die Flächen sind, mit denen sie sich berühren. Diese Berührung wird noch inniger, wenn eine Feuchtigkeit da ist, welche auch noch diejenigen Theile der Fläche, welche sonst nicht in Verbindung gekommen wären, vermittelt. Wenn man ein Glas auf einen feuchten Teller setzt, bleibt dieser am Glase hängen, wenn man es zu den Lippen führen will. Die Adhäsion ist auch der Grund der oft sehr schönen Farbenerscheinungen, welche altes Fensterglas zeigt. Der Staub, welcher an dem Glas adhärirt, bildet unter dem Einflusse der Feuchtigkeit und der Sonnenstrahlen diesen irisirenden Ueberzug. Um das Glas, namentlich Spiegel vor solchem Ueberzuge zu bewahren, kann man dieselben von Zeit zu Zeit mit reiner, in Kalkwasser getauchter und getrockneter Leinwand abreiben. Wolle man sie mit feuchter Leinwand reinigen, so würde dieß, namentlich wenn die Sonnenstrahlen bald darauf das Glas treffen, das Ansehen jenes farbigen Ueberzuges befördern, der um so unangenehmer ist, da er durch kein Mittel wieder hinwegzubringen ist. – Ohne die Kraft der Adhäsion[62] wäre es auch nicht möglich, daß sich der Staub an die Decken und Wände der Zimmer u. s. w. ansetzte. Von der Stärke dieser Kraft kann man sich überzeugen, wenn man einen Tropfen Quecksilber auf eine Glastafel bringt. Das Quecksilber ist ein sehr schwerer Körper, und doch wird der Tropfen an der Tafel hangen bleiben, wenn man diese umwendet. – Wenn man einen Tropfen Wasser zwischen zwei unter einem spitzen Winkel gegen einander geneigte Glastafeln bringt, so wird derselbe, auch wenn man die Tafeln so stellt, daß der Theil, wo sie sich berühren, oberwärts zu stehen kommt, doch nach diesem Theile sich hinziehen, da man doch erwarten sollte, daß er den Gesetzen der Schwere gemäß herablaufen müßte. Wenn man ein Gefäß, welches eine Flüssigkeit enthält, ausgießen will, so wird diese immer, den Gesetzen der Adhäsion nach, am Gefäße herablaufen, sobald man nicht durch schnelles Gießen die Kraft der Adhäsion überwindet, oder der Rand des Gefäßes umgebogen, und so die Flüssigkeit nicht leicht die Außenseite erreichen kann. Man wird sich vor diesem Herablaufen am Gefäße schützen, wenn man vorher die Stelle des Randes, über die man gießen will, etwas befeuchtet (mit dem Stöpsel, indem man ihn herauszieht), denn dann häuft sich die Flüssigkeit nicht, wie bei einem trockenen Gefäße geschieht, bei Neigung des Gefäßes am Rande desselben hoch und breit an, ehe sie überfließt. Kommt etwas darauf an, ja keinen Tropfen beim Ausgießen daneben laufen zu lassen, so halte man an die Mündung des Gefäßes, da wo man gießen will, ein Stäbchen (am besten von Glas), und das Ende dieses Stäbchens bringe man in das Gefäß, welches die Flüssigkeit aufnehmen soll, dann wird beim Gießen die Flüssigkeit an dem Stäbchen adhäriren, an ihm herablaufen, und kein Tropfen daneben gehen.

O. M.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 1. Leipzig 1834, S. 62-63.
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