[129] Alchymie, die vorgebliche Kunst, mittelst eines geheimen Stoffes, unedle Metalle in edle zu verwandeln. Merkwürdiger Weise liegt in diesem Stoffe auch noch eine ganz verschiedene Wirkung, nämlich die, jede Krankheit zu heilen, das Leben beliebig[129] zu verlängern. Dasjenige, was dieses Alles thun sollte, wurde lapis philosophorum: Stein der Weisen genannt, und war also zugleich der Grundstoff oder das Verwandlungsmittel der Metalle und eine Universalmedizin. Die Alchymisten oder Adepten hatten selbst keinen rechten Begriff von dem, was sie suchten, daher wohl diese fast unsinnige Zusammenstellung. An die Verwandlung der Metalle übrigens glaubten sie steif und fest, und dachten in der Weisheit der Aegypter, der alten Magier nichts weiter zu sehen, als das Geheimniß, welchem sie nachstrebten. Wir haben von den Arabern die Chemie erhalten, ob diese sie von den Aegyptern, oder von den Römern überkommen, ist zweifelhaft; daß aber unter Caligula in Rom mehr Goldmacher waren als vor 8090 Jahren in Deutschland, ist gewiß, und das will viel heißen; denn in der Mitte des vorigen Jahrhunderts hatte die Sucht, die Geheimnisse des Hermes Trismegistos zu erforschen, beinahe ganz Europa angesteckt. Früher fand man unter den Alchymisten sehr berühmte Namen, wie Raimundus Lullius, der für Eduard I. in London 50,000 Quecksilber in Gold verwandelt haben soll, wie Paracelsus, welcher einen eisernen Becker, der noch zu Florenz gezeigt wird, zur Hälfte in Gold verwandelte etc. Kein vernünftiger Mensch glaubt heut' zu Tage an diese Lügen; wahr ist jedoch, daß die gelehrte Welt daß Chemie, Medicin, Technologie, dieser alten Wissenschaft viel verdanken, als: die Erfindung des Phosphors, des Weißkupfers, des Mineralkermes, des falschen Ultramarins, des Porzellans, des Purpurglases, des Calomels und vieler anderer Präparate.
V.