[483] Begeisterung ist jener erhöhte Seelenzustand, worin der Mensch, gleichsam aus sich selbst heraustretend, sich in's reine Gebiet der Idee erhebt und von da herab wie ein Lichtstrahl den Gegenstand durchdringt und erhellt, der entweder schon gebildet, oder erst im Entstehen vor das Auge seiner Phantasie tritt. Sonach ist die Begeisterung zweifach: schaffend oder genießend. Die schaffende Begeisterung macht den Künstler aus; die genießende hier passender das Entzücken. (S. Enthusiasmus). Künstlerische Begeisterung ist die, gewissermaßen instinktartige lichtvolle Auffassung einer Idee, und harmonische Verschmelzung aller Kräfte in Erfindung und Beherrschung der Form. Diese Beherrschung, [483] auch Besonnenheit, ist der echten Begeisterung unerläßlich, denn nur sie bringt in das Kunstwerk Ordnung und Klarheit, (s. Genie). Der wahre Künstler läßt sich von seiner Begeisterung nur bis zu jenen Höhen tragen, von wo er noch die beschränkte Sehkraft des Menschen, für den er ja schafft, ermessen kann; was darüber hin ausschweift, ist Wahnsinn.
Bl.