Bette

[44] Bette. Wer kennt nicht diesen allgemeinen Freund des ganzen Menschengeschlechtes, die Zuflucht des Müden und Erschöpften, die wohlthätigste Einrichtung, den unentbehrlichen Schlaf auf die bequemste Art zu genießen, von den Sorgen und Beschwerden des mühevollen Tages auszuruhen? Ueber den Ursprung der Betten läßt sich nichts Bestimmtes sagen, und da die Erfindung doch im Grunde zu den einfachsten gehört, zu denen uns das Naturbedürfniß selbst führt, kann man wohl annehmen, daß sie ziemlich so alt wie die Welt sein muß und nur durch die steigende Kultur Form und Gestalt änderte. Aus dem ersten Buch Mose 47,31. 48,2. 39,33. sehen wir, daß man schon zu Jakob's Zeiten Betten gekannt, und die Römer und Griechen besaßen solche in großer Vollständigkeit. Unsere deutschen Vorfahren lagen zwar sehr lange auf dem Fußboden ihres Hauses, machten sich dann aber hölzerne Bettstellen, die sie mit Baumblättern und Thierfellen ausfüllten. Nach und nach mag sich nun die Einrichtung und Zubereitungsart der Betten bei ihnen vervollkommnet haben, bis sie zu dem jetzigen Glanzpunkt gediehen sind. Je nördlicher das Klima, desto unschätzbarer das Bette; und in Deutschland gehört es schon zu dem höchsten Grad von Armuth, kein solches zu besitzen. Im Süden findet[44] dieser Mangel häufiger Statt, und in Italien und Spanien existiren ganze Klassen, welche der Wohlthat des Bettes entbehren, und ihr Lager alle Abende an einer Straßenecke, oder vor einer Kirchthür aufschlagen. Wilde Völkerstämme, zu denen kein Strahl der Kultur gedrungen, besonders solche, die ein Nomadenleben führen, wissen ebenfalls nichts von unsern Betten, und schlafen auf Thierhäuten, Moos oder Baumblättern. Zu einem vollständigen Bette gehört erstlich ein hölzernes Gestell, Bettstelle; ferner eine erste Unterlage von Stroh, oder ein Strohsack; hierauf eine Matratze von Pferdehaaren und so viel Federbetten (mit Federn gestopfte Kissen, Polster und Decken) als ein Jeglicher bedarf, oder zu bedürfen sich angewöhnt hat. Zuletzt leinenes Bettzeug, bestehend aus einem großen Tuch zum Ueberbreiten (Betttuch); ferner einem leinenen Ueberzug über das Kopfkissen, und einem größern ditto, die eigentliche Bettdecke, womit der Schlafende sich zudeckt. Es ist viel gegen den Gebrauch der Federbetten gesprochen und geschrieben worden, besonders für Kinder; auch ist erwiesen, daß sie manche Uebel, wie Zahnschmerzen und andere gichtische Schmerzen, befördern. Dessen ungeachtet wird es keinem Eiferer gelingen, diese bequeme Sitte abzuschaffen. – Je wohlhabender der Haushalt, desto schöner, seiner und leichter die Betten. Der Besitz schöner, mit seinen weißen Linnen überzogener Gastbetten ist der Stolz einer deutschen Hausfrau, und so kärglich auch manchmal die Ausstattung der heirathsfähigen Töchter ausfällt, wird doch selbst die ärmste Mutter Sorge tragen, ihrem Kinde ein vollständiges Bette mit zu geben. So heischt es wenigstens die Sitte in Deutschland und in vielen andern europäischen Ländern. (S. Federn).

L. M.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 2. Leipzig 1834, S. 44-45.
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