Helenenthal

[237] Helenenthal, eine durch Natur und der Menschen Sorgfalt mit Vorliebe verschönte Gegend in der Nähe des beliebten Badeorts Baden bei Wien. Von den reichbewaldeten Höhen, die das weitgedehnte Thal in verschiedenen Abtheilungen umschließen, blicken drei alte, verfallene Festen, der Rauhenstein, die Rauhen- und Scharfeneck hinunter auf den lustig zwischen Gebüschen, Felsblöcken und Wiesengrund hinrauschenden Schwächat-Bach, und wenn die in diesem kleinen Paradiese voll herrlicher Anlagen erbaute St. Helenen-Kapelle ihm den Namen gab, so verdankt doch das schönste Kleinod der reizenden Flur, die romantische Weilburg, ihre Entstehung der Liebe eines hohen Fürstenpaares, das noch vor wenig Jahren seine süßesten Stunden daselbst verlebte. Am Eingange des Helenenthals nämlich, unsern dem Dörfchen Rauhenstein, befindet sich der Sommerpalast des Erzherzogs Karl, die treue Kopie eines ähnlichen, den seine über Alles von ihm geliebte, frühvollendete Gemahlin, die edle Henriette von Nassau-Weilburg, in ihrem freundlichen Vaterlande bewohnte. Ueber diesem, durch geschmackvolle Architektur und einen anmuthigen Garten ausgezeichneten, Gebäude, hängt wie ein Adlerhorst an der Stirn der Felsen, die das frische Landschaftsgemälde einrahmen, der Ruinenkranz des zertrümmerten Schlosses Rauheneck, das einst der Schlüssel zum Helenenthale gewesen zu sein scheint. Die Schönheit desselben, mit seinen Seitenthälern, seinen die Bergkuppen verbindenden Brücken, der malerischen Klause und dem kleinen Wasserfalle, durch geebnete[237] Pfade und köstliche Ruheplätzchen, die theils die Erzherzoge Anton und Karl, theils der Graf Franz von Palsy herstellen ließen, lockt bei gutem Wetter die zu Baden versammelten Kurgäste gar fleißig zu ihrer Büsche Schatten und ihrer Matten Grün. Erfrischungen bieten den Wandernden die im Thale zerstreuten Hütten, namenlich die der hier angesiedelten Kramer, und damit es auch größern Gesellschaften an Nichts fehle, ist in der Nähe der Helenenkapelle ein Gasthof erbaut.

F.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 5. [o.O.] 1835, S. 237-238.
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