[413] Improvisatoren. Die Kunst der dichterischen Improvisation, diese Blume des Südens, die sich nur unter dem blühenden Himmel der Tiber und des Arno zu so hoher Ausbildung entfalten[413] konnte, welkt in unsern Zeiten immer mehr dahin. Die ersten Improvisatoren waren Zeitgenossen Petrarca's, unter ihnen Bernardo Accolti, der Einzige genannt, am berühmtesten. Nachdem die Sprache durch die Meisterwerke Dante's und Boccaccio's ihre. Weihe erhalten hatte, wurde sie auch von den Improvisatoren angenommen, als deren erster, der Zeit und dem Geiste nach der Römer Silvio Antoniano zu nennen ist. Nach ihm erhielt Perfetti die Ehre des Triumphs und den Lorbeer des Kapitols, der bis dahin nur die Stirn Petrarca's und den Sarg Tasso's geziert hatte. Neben den erwähnten nennt Italien mit Stolz die Namen einer Camilla, Bandettini (s. d.), Fantastici und Mazzes. Gleichsam als die letzten Priester eines heiligen Feuers, das im Laufe der Zeiten zu einem schwächern Funken verglommen ist, setzen in unsrer Zeit Zunico, Gianni, Sgrizzi und die wunderbare Rosa Taddei (s. d.) ihr Vaterland in Erstaunen. Unter allen Versuchen, diese schöne Kunst auch in Deutschland einheimisch zu machen, sind selbst die bedeutendern nur Erscheinungen gewesen, die in unserm Leben keinen gastlichen Einklang gefunden haben unser Nationalcharakter ist zu ernsthaft und gründlich, um diejenige geniale Leichtigkeit, welche sich die Poesie, um improvisirt zu werden, aneignen muß, in unser öffentliches Leben hinüberzutragen. O. L. B. Wolff, jetzt Professor in Jena, hat bei seinen improvisatorischen Leistungen, bei denen ihn außer seltener Gewandtheit eine reiche Bildung und die vielseitigsten Kenntnisse unterstützten, eine hohe Achtung verdient und wird von Langenschwarz, der seit einigen Jahren Deutschland mit ähnlichen Vorstellungen durchreist, bei Weitem nicht erreicht.
R.