[449] Joly, Marie Elisabeth, berühmte Schauspielerin des Théatre français, geb. den 3. April 1761 zu Versailles und vermählt 1778 mit dem Herrn du Lombois. Von ihrem neunten Jahre an erschien sie in den Ballets der Comédie française und spielte dort die Kinderrollen mit bewundernswürdiger Anmuth. Préville und dessen Frau pflegten ihre glücklichen und früh gereiften Anlagen mit der freundlichsten Sorge; auch Le Kain liebte sie und ermunterte durch Lehre und Unterricht das knospende Talent. Sie versuchte sich während zwei Jahren auf dem Theater von Versailles; den 1. Mai 1781 trat sie im Théatre français in dem Fache der Soubretten auf, in dem sie sich durch ihr seines, natürliches Spiel, durch eine anziehende Grazie, vollkommene Kenntniß der Scene und des menschlichen Herzens, und eine liebenswürdige, hinreißende Munterkeit rühmlichst auszeichnete: mit[449] all' diesen seltenen Talenten verband sie eine angenehme und geistreiche Gesichtsbildung, leichte Bewegungen und ein reines, natürliches Organ. Unübertrefflich war sie im sein Komischen; sie gab die Dienerinnen in Moliere's Stücken und die Kammerzofen der Lustspiele des 18. Jahrhunderts, mit gleicher Virtuosität. Sie zeichnete sich vor Allem in den femmes savantes in der Rolle der la Martine, als Dorine im Tartuffe, Nicole und Toinette aus; doch glänzte sie nicht weniger in der Femme-juge und als Orphise in der Coquette corrigée. Trotz einer sehr schwachen Gesundheit versuchte sie es, die Rollen der heitern Thalia mit denen der ernsten Melpomene zu vertauschen; sie gab mit rauschendem Beifalle die Constance in Inès de Castro und überraschte besonders durch ihr tief durchdachtes Spiel als Athalie in dem Trauerspiele dieses Namens von Racine. Als ein neues Theater, welches fortan de la République genannt wurde, im Palais royal errichtet war, weigerte sie sich, ihre frühern Mitspieler zu verlassen, die in der Vorstadt St. Germain spielten; sie theilte die Gefangenschaft derselben während der Schreckenszeit und verließ sie auch nach ihrer Befreiung nicht, wo sie ihre Vorstellungen in der rue de Louvois fortsetzten. Maria's schwache und zarte Gesundheit wurde jetzt plötzlich sehr schwankend. Im Anfange des Jahres 1797 befiel sie eine gefährliche Brustkrankheit, an deren Folgen ein frühzeitiger Tod sie den 5. Mai 1798 ihrem Gemahle und ihren Kindern, denen sie mit treuer Liebe anhing, entriß. Die Kunst erlitt durch sie einen fühlbaren Verlust. In einer Flugschrift, die Herr du Lombois unter dem Titel: »den Manen der Maria Elisabeth Joly, berühmter Künstlerin des Théatre français« herausgab, finden sich einige kurze abgebrochene Dichtungen in einem leichten und natürlichen Stile von ihr. Jene Blätter geben auch interessante Einzelnheiten über die Ruhestätte dieser liebenswürdigen Schauspielerin in der Mitte der malerischesten Umgebung auf einem Landgute ihres Gemahls, unsern Falaise.
E. v. E.
DamenConvLex-1834: Choin, Marie Emilie Joly de